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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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Richtung des Drachen, also erstach er den vorsichtshalber von hinten. Die Leiche hielt er als eine Art wabbliges Schild fest, hinter dem er zu der Tür tanzte, die zu den Aufbauten des mittleren Rumpfes führte.
    Der Eingang dort war dunkel. Also warf er kraftvoll ein Messer hinein, das er an seinem Schild fand und freute sich über den darauf folgenden Schrei. Als er halb rückwärts in den Gang zur Tür schritt, durchschlugen gleich mehrere vom Deck geschossene Pfeile seine zum Schutz gehaltene Leiche. Sie trafen ihn. Sie prallten ab, hinterließen nur oberflächliche Kratzer. Ganz so leicht ist es nicht, liebe Freunde, dachte er, ließ seinen Schutzschild im Eingangsbereich sitzen, entspannte eisenverhärtete Muskulatur und stürmte ins Innere. Mit fürchterlichem Gekreisch sprang ihm ein wild bemalter Krieger entgegen. Pi kreischte zurück wie ein Kastrat. Dann warf er ihm schwungvoll ein Messer zu, dem er gleich hinterhereilte. Als der Gegner das geworfene Messer wegschlug, stand Pi auf seiner schwachen Seite, hielt mit einer Pranke die Waffenhand fest und riss ihm mit der anderen die Kehle heraus. Pi hob den zuckenden Leib vorsichtig über sich, ließ das in Schwällen austretende Blut über sich fließen. Er liebte diesen Part, liebte es, psychologische Vorteile zu suchen. Optik war schließlich die halbe Miete, wenn man Angst verbreiten wollte. Seinen Farbwechsel größtenteils vollzogen war er bereit, dem Kapitän und dem Steuermann entgegenzutreten.
    Sein eigener Steuermann Telemann trat indessen zur Seite, um einem Pfeil Platz zu machen, der sich neben ihm in den dicken Drachenkopf bohrte. Der störte ihn jedoch weniger als jener, den der erste Maat Fidi seit Neuestem im Oberschenkel trug. Immerhin blieb sie bleich, aber tapfer im Sattel sitzen, dachte er, was allerdings auch daran liegen mochte, dass der Pfeil sie an den Sattel nagelte.
    Pako flog unter dem Rumpf durch, streckte seinen Kopf über die Reling und riss einen der Schützen in den Tod. In seinem Enthusiasmus, das zu tun, hatte er jedoch übersehen, dass ihn diese Aktion seinen Geschwindigkeitsvorsprung vor den Käfern kostete, die Fidi gerade mit schreckgeweiteten Augen auf sie zukommen sah wie eine inverse Galaxie aus schwarzen Sternen. In plötzlicher, adrenalininduzierter Geistesgegenwart erinnerte sie sich an ihre eigene Bewaffnung, an ihren Freierfreund. Sie hielt das ellipsoide Gerät nach hinten und drückte den Auslöser. Es rauschte. Das Resultat war beeindruckend: Fast alle angreifenden Insekten fielen desorientiert zuckend vom Himmel. Perplex kontrollierte Fidi, ob das wirklich dasselbe Betäubungsgerät war, das gegen Männer nie so effektiv gewesen war, wie sie sich gewünscht hätte. Als Pako unter dem Segler weiterflog, entfernte Telemann die wenigen Käfer, die es trotz ihrer Zuckungen auf die Drachenhaut geschafft hatten und schenkte Fidi ein anerkennendes Lächeln. Das Lächeln, ein Nicken, ein Blick auf das verletzte Bein kommunzierten ihr nonverbal, dass auch das hinzukriegen war. Als sie unter dem Rumpf emporstiegen, sah er seinen Optimismus bestärkt, denn die Besatzung war schon zu Beginn nicht übermäßig groß gewesen und die Gegenwehr schien größtenteils gebrochen.
    Unten im Bauch des Schiffes stand Pi vor der Tür zum Kapitänsquartier. Er nutzte die Pause zum Atmen, küsste seinen toten Bruder und trat die Tür ein. Beim Hereinschlendern klopfte er karikiert höflich an einen Rest der Tür, den er vom Boden aufgelesen hatte.
    "Zum Gruße!", rief er mit einer spöttischen Verbeugung dem Käpt'n zu, einem übel aussehenden Zeitgenossen mit einem widerlich langen Ziegenbart, der gerade eine schwere Eisenholzkiste absperrte und den Schlüssel verschluckte.
    "Das Zeug kriegt ihr nur über meine Leiche!", brüllte er.
    "Deine Leiche habe ich schon fest eingeplant, keine Sorge." Pi schwang einladend sein Kampfmesser. Der Käpt'n zog ein für die beengten Räumlichkeiten absurd großes Zweihandschwert – gut geeignet, Köpfe abzuschlagen oder Bäume zu fällen, weniger gut geeignet, um damit in einer kaum kopfhohen Kajüte einen hyperaktiven Kobold wie Pi zu treffen. Er versuchte es trotzdem. Nach einem einzigen metallischen "klang!" standen die beiden auf der vorigen Position des jeweils Anderen. Pis Ohren zuckten. Sein kleiner Bruder warnte ihn. Er sprang nach vorne. Die Zimmerlaterne fiel auf den Boden, wo sie als Ölfeuer weiterbrannte. Der nächste Hieb des Käpt'ns ließ die Fußbodenplanken bersten, doch Pi war

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