Clemens Gleich
kunstvoll verwobener Birkenrinde, die aussieht wie erstarrte Wellen in weiß-schwarz-braun. Die ortsübliche Kleidung würde anderswo mit Jahrmarktsjecken assoziiert: Man trägt spitze Stiefel, deren Spitzen sich nach oben kringeln, rot-blau-gelbe Kleidung und Mützen mit einer Menge rot-blau-gelber Stickerei darauf. Oh, und Kannerda ist eine kleiner, unbedeutender Fleck, der deshalb keinen Platz in der Allianz der Stämme hat." Telemann verkniff sich ein "deshalb, und weil man sie hassen muss", weil er wusste, dass es sein sehr persönlicher Hass war. Jemand wie Pi damit vorzuimpfen, wäre sehr unklug. Seine Erklärung hatte er im Kannerda-Luftraum gemacht, in dem keines der von ihm beschriebenen Dinge zu sehen war. Unter ihnen lag nur grün-braun gescheckte Gegend wie Blattbrei auf einem Teller, dessen Rand der Horizont war. Dem Augenschein nach gab es hier absolut nichts. Der Lotse starrte konzentriert in dieses Nichts, Zeichen für die Flugrichtung gebend. Sie kreuzten immer wieder über einem Stück Gegend, das aussah wie alle anderen Stücke des Gegendbreis. Telemann gab das Signal zur Landung. Als sie auf dem feuchten Boden standen, musste Pi zustimmen, dass es mit den touristischen Sehenswürdigkeiten tatsächlich nicht weit her war. Es gab Pflanzen. Es gab Steine. Es gab Blutsauger. Sonst gab es nichts, obgleich der Navigator angestrengt nach etwas Ausschau hielt, bis eine laute Stimme hinter ihm beinah sein Herz stoppte:
"Hallo, ihr guten Leute!" Ein grellfarbiges Männchen direkt aus seinen Beschreibungen stand hinter Telemann, inklusive einer sehnervverätzend hässlichen Hutkapuze. Ein Kannerdier. Die Reisegruppe war sprachlos. Selbst Pako, der nichtmal sprechen konnte, sah sprachlos aus. Telemann fand als Erster ein paar Worte, die er dem Männchen an die Mütze werfen konnte:
"Wir, äh, wollen nach Kannerda."
"Nach Kannerda?!", kreischte der Zwerg. "Nichts leichter als das!" Stille.
"Und?", fragte Telemann irgendwann.
"Und was?", fragte der Eingeborene fröhlich.
"Na, willst du uns nicht den Weg beschreiben?"
"Sehr gerne!" Stille.
"Na, dann mach mal!", forderte Telemann. Er erinnerte sich daran, dass bei seinem letzten Kannerdakontakt ähnlich abstrakt kommuniziert wurde. Er erinnerte sich jedoch auch daran, dass es unmöglich war, sich daran zu gewöhnen. Es blieb immer genauso schlimm wie beim ersten Mal, vielleicht, weil es immer auf neue Art seltsam war. Der Zwerg fuhr fort:
"Einfach immer diesen Pfad entlang gehen, bis ihr an einen See kommt. Das ist die Grenze zu Kannerda." Fidi bedankte sich nüchtern, doch Telemann kannte Kannerda und dachte daher gar nicht daran, zu diesem See zu latschen.
"Ihr seid nicht in der Allianz der Stämme", sagte er stattdessen.
"Wir haben auch nichts gegen die Allianz der Stämme."
"'Wir' Kannerda-Leute?"
"Tja, man sieht es mir an, oder?" Das Männchen wackelte mit seiner scheußlichen Mütze. "Soll ich euch zum See begleiten?"
"Nein, wir wollen nicht an die Grenze. Wir wollen wohin, wo wir essen und schlafen können, vielleicht bei ein bisschen Unterhaltung."
"Aber der Weg dorthin..."
"...führt nicht an deinem bescheuerten See vorbei. Wir sind keine armen Wanderer. Wir haben genug Gold, um Kannerda zu kaufen, also haben wir auch genug, um dich zu kaufen."
"Ich verstehe, dass ihr mich kaufen wollt." Der Zwerg hielt sich theatralisch die flache Brust. "Erst neulich hat mir wieder jemand gesagt, wie attraktiv ich bin." Das konnte jetzt ewig so weitergehen, wusste Telemann aus Erfahrung. Er versuchte eine Abkürzung:
"Du wärst viel attraktiver, wenn du uns deinem Führer vorstellst, als wenn wir dir ein, zwei Beine abschneiden, die wir an unser Reittier hier verfüttern, das bei gehaltlosem Gelaber immer sehr schnell sehr hungrig wird." Das gefiel dem Männchen nun überhaupt nicht. Es trat hinter eine Birke und war weg.
"Der kommt wieder", prophezeite der Navigator. Also machten sie es sich auf den am wenigsten nassen Steinen am wenigsten unbequem und rauchten. Nach einiger Wartezeit im Stillen zählte Telemann "Eins, zwei, drei" und zeigte dann auf den Zwerg, der wieder auftauchte:
"Na gut, wir empfangen euch. Zufrieden?"
In einem losen Konglomerat von Personen und sauren Brocken Mageninhalts schossen Pikmo, Jianna und Fuzz aus ihrer Röhre in ein Landenetz. Obwohl sowohl Fuzz als auch Jianna sich bereits vorher übergeben hatten, hatten ihre Mägen aus mysteriösen Quellen Material besorgt, mit dem sie ihren Unmut über die vielen Rollen in
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