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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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gen Zimmerdecke. "In diese schrecklichen Gefängnisse, von denen du manchmal erzählst! Willst du das?"
    "Red doch keinen Unsinn." Herr Brieg entspannte sich verfrüht. "Das können wir ganz einfach klären. Vielleicht musst du ein Protokoll für die Wache schreiben, aber das war's dann auch schon." Jianna rutschte an Pikmo heran, lehnte sich an ihn und proklamierte:
    "Wenn sie ihn mitnehmen, dann nehmen sie mich auch mit." Hannz Brieg spannte sich wieder an. Er fing sogar an, regelrecht zu gaffen.
    "Ich erzähle der Wache die Wahrheit", sagte sie. "Ich erzähle, dass ich ihn gestohlen habe, ihn vor einem Wächter versteckt habe und versucht habe, zu flüchten, bis..." Sie fügte eine effektheischende Pause ein. "...bis mein eigener Vater mich den Behörden übergeben hat, als ich ihn um Hilfe bat." Herr Brieg war sprachlos. Seine Tochter sah ihn triumphierend an. Er suchte nach einem Ausweg aus seinem Dilemma. Konnte er gegen ihre Aussage angehen und anderes behaupten? Wenn der Fall bis vor einen Seher kam, hatte er schlechte Karten. Außerdem war Jianna mündig, eine vollwertige Bürgerin. Ihre Aussage stand im Wert der seinen kaum nach. Und was würde die Befragung des Felligen ergeben?
    "Das... das kannst du mir nicht antun", brachte er schließlich heiser hervor. Jianna verschränkte die Arme.
    "Doch." Sie war sich bewusst, dass ihr Benehmen das einer Fünfjährigen war, aber wie sie ihren Vater kannte, hatte sie diese Situation unbestreitbar gewonnen. Und sie kannte ihren Vater sehr gut.
    Weniger als eine Stunde später hallte das dumpfe Klopfen Jiannas' Stiefel und das Tapsen Pikmos nackter Füße durch ein schummrig beleuchtetes Gewölbe. Jianna konsultierte eine Karte, die sie unter ihre Lampe hielt, dann betrat sie einen von mindestens einem Dutzend völlig gleich aussehender Gänge. Dieser bot gerade genug Platz, um gebückt darin stehen oder gehen zu können. Sie vermutete, dass dort seit Ewigkeiten kein Mensch mehr hindurchgegangen war. Die beiden Flüchtigen bewegten sich durch die Innereien Romalas, das Gedärm, die Blutbahn, wobei der aktuelle Gang in dieser Analogie noch am ehesten mit dem Lymphsystem äquivalent war. Es war ein Wartungsschacht, der es Technikern erlaubte, die hier versenkten Verteiler, die großen Frisch- und Abwasserpumpen im Störungsfall zu erreichen. Solch ein Fall trat jedoch höchst selten ein, denn beinah alle Arbeiten konnten vergleichsweise bequem von oben erledigt werden. Die Stadtplaner hatten ein solides System geschaffen, und so lief hier unten normalerweise außer den künstlichen Kakerlaken niemand umher. Hannz Brieg bezeichnete diese Kreaturen gern als die größte Erfindung, die je im Imperium gemacht wurde. In der Standardausführung fertigte man sie etwa in der Größe eines menschlichen Torsos. Sie krabbelten durch die Kanalisation, sammelten Abfall ein, reparierten Leitungsschäden, bewachten, prüften, kontrollierten, patrouillierten und lösten fast jedes Problem, wenn nicht allein, dann in einem Team. Ein großer Teil der Arbeit von Hannz Brieg bestand darin, das Schaffen der künstlichen Kakerlaken zu überwachen, was dank deren bemerkenswerter Autonomie selten mehr war, als eine entspannende Zeitlang auf das hypnotisierend geschäftige Gewusel im Kakerlakenkontrollfeld zu gucken. Dass gerade jetzt gleich zwei Zweibeiner und überhaupt keine Sechsbeiner unterwegs waren, lag daran, dass Herr Brieg seiner Tochter den Weg frei gemacht hatte. Ansonsten hätte wahrscheinlich sehr bald eins der Halbmaschinenwesen die verdächtigen Passanten gemeldet.
    "Es tut mir leid, was mein Vater über dich gesagt hat", fing Jianna an.
    "Das macht nichts." Pikmos Gesichtsausdruck war freundlich. Es schien ihm tatsächlich nichts zu machen. Jianna konnte sich nicht erklären, warum, aber dieser Umstand nervte sie. Er passte einfach nicht so recht in ihr Weltbild.
    "Doch, das macht was. Und ich will dir nur sagen, dass es für dich und deinesgleichen irgendwann bestimmt alles besser sein wird. Es gibt einige Leute, die mit viel Einsatz darauf hinarbeiten."
    "Das ist sehr nett." Jianna legte aus purer Gereiztheit zwei Zähne zu.
    "Nett!", spuckte sie aus. "Wir wollen ein besseres Leben für euch schaffen, unter dem Druck eines totalitären Regimes! Ihr könntet das ruhig ein bisschen würdigen." Jianna wusste selber nicht, wieso sie das eben gesagt hatte. Erstens war Pikmo dankbar und zweitens hatten sie ja objektiv gesehen gar nichts erreicht.
    "Sehr gerne", sagte Pikmo

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