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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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ethisch-moralische Überlegungen angestellt, ob es für ihren Fall opportun sei, den Felligen ob seiner körperlichen Möglichkeiten doch noch das ganze Gepäck aufzubürden und hatte sich letztendlich dafür entschieden, dies zum Zwecke einer zügigeren Fortbewegung billigend in Kauf zu nehmen, aber ein leicht schlechtes Gewissen deswegen zu haben. Das passte auch ganz gut zu ihrer leicht schlechten Laune, die sie sich in Milos Bad mitgenommen hatte. Dort war am Waschtisch eine dieser modernen Handcremes gelegen, deren wirksame Bestandteile hauptsächlich aus Felligenfötenresten der Bioregenerationsanlagen bestanden. Nicht, dass den Toten diese Bestandteile noch zu irgendetwas nützlich wären, aber die respektlose Attitude dahinter ging Jianna wie immer in solchen Fällen sehr nah. Warum konnte niemand verstehen, dass man so keine lebenden, fühlenden Wesen behandelte, schon gar keine, die praktisch Menschen waren? In ihrem inneren Tumult schnitt sie das Thema mit Pikmo an, dem im Hinblick auf das Thema sicherlich ungeeignetsten, aber einzig verfügbaren Gesprächspartner. Von seinen toten Kollegen, für die er sich sichtlich freute, statt sie zu bedauern, führte das Gespräch schließlich zu seinem Dasein als Sklave der untersten Schublade, das Jianna schon die ganze Nacht bis in ihre Träume hinein beschäftigt hatte. Auch damit hatte Pikmo keinerlei Problem oder Schamhaftigkeiten. Nach den Maßstäben der Gesellschaft, die Jianna krank fand, musste man ihn für sehr gesund befinden. Wenigstens, dachte Jianna, war das Gespräch unter diesen Umständen wesentlich einfacher als erwartet.

Kapitel 4

Gedanken und Lose

    Eine Dame denkt nach ~ Milo legt sich mit der Wache an ~ Pikmo erklärt Mörtelwespen und den Kaiser ~ Eine verzweifelte Flucht ~ Ein Monster findet Milo
    Ein burgartiges Gemäuer in einem knallorangen Sonnenuntergang. Ein großes Turmfenster mit einer ebensolchen Gestalt dahinter.
    Praneh Siebenring war trotz ihres halben Jahrhunderts an zum Teil ungemein unangenehmer Lebenserfahrung noch immer eine beeindruckende Frau, die sich viel von der Schönheit ihrer Jugend bewahrt hatte. So stand das zumindest als Portrait über sie in der Zeitung, die Frau Siebenring gerade las. Sie schmunzelte. Mit solchen Komplimenten konnte sie umgehen, immerhin war sie derselben Ansicht. Frau Siebenring ließ die Zeitung für die Dienstmädchen zum Wegräumen auf den Boden fallen und schritt noch näher ans Fenster. Sie schritt eigentlich immer, es war die Fortbewegungsart, die ihrem Charakter am besten entsprach: stolz, gelassen, stilvoll, ruhig. Natürlich konnte sie auf diese Art schlecht rennen, was sie in ihrem Alter jedoch ohnehin lieber anderen überließ. Das klappte gut, denn sie regierte hier absolut: Das Siebenring-Handelsimperium gehörte seit dem Tod ihres Mannes Ruwen allein ihr.
    Wie immer trug sie eines ihrer schweren, dunklen Kleider, auf dessen Samt die Abendsonne gerade die Glaserarbeiten des Fensters projizierte. Ihr braunschwarzes Haar trug sie stets streng nach hinten gebunden. Das kurz aufgekeimte Schmunzeln in Pranehs Gesicht verdorrte langsam wieder, als sie einen Gedankengang aufnahm, der sie mit kurzen Unterbrechungen schon den ganzen Tag beschäftigte. Die blaue ... Kreatur. Im rein technischen Sinn war wohl das meiste richtig gelaufen, denn immerhin hatte sie für ihr Geld ein lebensfähiges Exemplar erhalten, das ihres Wissens nach allen Spezifikationen genügte und innerhalb normaler Parameter funktionierte. Im praktischen und vor allem im sozialen Sinn war so ziemlich alles schiefgelaufen, was schieflaufen konnte, als das dämliche Vieh abhanden gekommen war. Wozu hatte sie eigentlich die teuren Kampf-Fertigkeiten bezahlt? Damit er sich dem ersten dahergelaufenen Dieb ergab? Es war nicht zu fassen!
    Als wirtschaftliche Monarchin ihres Unternehmens hatte sie keine persönlichen Geldsorgen, worum sie wahrscheinlich von der Mehrheit der Menschheit beneidet wurde. Doch Praneh dachte daran, dass die Mehrheit der Menschheit weniger neidisch auf ihr Arbeitspensum oder die gierige Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wäre. Sie wussten nichts davon, wie die Presse, die Konkurrenz und vor allem die gelangweilt tratschende High Society, die Fettschicht auf der Milch der Gesellschaft, jede Bewegung beobachteten und kommentierten. Nach außen hin nahm sie das Geschwätz mit einer unerschütterlich scheinenden Nonchalance zur Kenntnis. Sie behauptete gern, ausschließlich den Wirtschaftsteil der

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