Clemens Gleich
bestimmt mehr Platz, und vielleicht ist die Ausstattung sogar besser."
"Ich werde dafür sorgen!", versprach Hinterländer und stand stramm. "Danke vielmals! Ich sehe Sie im Zug." Damit trabte der Mann von dannen. Magnus sah Gramp an. Ohne ein Wort zu sagen waren sie sich einig darüber, dass, bis sich sein seltsames Verhalten geklärt hatte, jeder Schritt ohne Shardid ein guter Schritt war.
Die Straße entlang, in den Bahnhof, in den Zug, in den Speisewagen, in das Restaurant. Salvin saß dort in bester Laune, las seine eigenen Artikel und erfreute sich geistiger Getränke. Dass dieser Penner Frumpp ihm von Leonard erzählt hatte, war zwar das investierte Geld nicht wert, aber immerhin amüsant. Salvin wiederholte den Gedanken mit der Geschichte und dem Märchenbuch, einfach weil er ihm so gut gefiel. Weniger gefiel ihm, dass ihm jemand Rauch ins Gesicht blies. Er sah auf. Es war Leonard – rauchend wie immer, schmuddlig wie immer.
"Na, wenn das nicht die Huntgeburth ist", sagte Leonard.
"Na, wenn das nicht der Letternpisser ist", gab Salvin zurück, obwohl sein Name bei Verunglimpfungs-Duellen immer ein arges Handicap war. "Was machst du denn hier?"
"Recherchieren", sagte Leonard.
"Recherchieren! Was denn? Zugfahrpläne?"
"Nein, Felligenzeug."
"Ha! Was habt ihr zu dem Thema schon gebracht? Nichts als langweiliges Zeug über Limiter, Tests und imperiale Befehlshintertüren!"
"Naja, die Fakten eben."
"Die Fakten!", schrie Salvin die Restaurantdecke an. "Du wirst es nie lernen. Die Leute wollen keine Fakten, sondern Geschichten. Das hast du seit der Journalistenschule nicht begriffen."
"Es gibt genug Leute, die Fakten wollen."
"Genug für ein bescheidenes Leben als Finanzreporter oder technischer Redakteur vielleicht."
"Lieber ein bescheidenes Leben, bei dem ich abends in den Spiegel gucken kann, als eins als Medienhure."
"Ich kann ohne Probleme abends in den Spiegel gucken."
"Manchen Leuten graut's halt vor gar nix."
"Genug der Freundlichkeiten, lieber Kollege", sagte Salvin und zeigte auf den Platz ihm gegenüber. "Setz dich, nimm dir 'nen Keks. Wahrscheinlich bist du aus demselben Grund hier wie ich, nur wirst du dich eben an die mageren Fakten halten, die weder ein Geheimnis noch interessant sind und unsere Auflage damit eventuell noch ein kleines bisschen erhöhen, weil die Leute eben die großen Zusammenhänge und meine Vermutungen zum Thema lesen wollen."
"Ah, ein paar neue Gerüchte", schnaubte Leonard beim Hinsetzen. "Wie das über dieses Dienstmädchen."
"Es ist ein Fakt, dass die eine Schlampe ist. Sowas von respektlos, sag ich dir."
"Ja, ein paar freche Antworten rechtfertigen natürlich, dass du sie vor der halben Hauptstadt schlecht machst."
"Sie hat gewusst, wer ich bin. Selber schuld." Leonard zog dazu nur die Augenbrauen hoch. Eine Antwort fiel ihm darauf nicht ein, also fragte er:
"Findest du es nicht bedenklich, so mit der Kriegsangst der Leute zu spielen? Was, wenn es Ausschreitungen oder so gibt?"
"Dann werden wir vor Ort sein und darüber berichten!" Leonard gab auf.
"Frumpp ist mein Informant", sagte er, das Thema wechselnd.
"War. Informanten sind so frei wie Informationen." Salvin stellte sich motiviert ein Stück Rührkuchen ins Gesicht und bemerkte Hauptmann Gramp und Major Palankin erst, als sie mit je einem Kaffee in der Hand direkt an ihm vorbeiliefen. Als Reaktion prustete er vor Schreck seinen Kuchen auf den Mantel des Majors.
"Magnus Palankin!", spuckte Salvin.
"Kenne ich Sie?" Magnus guckte missbilligend auf den vorgekauten Kuchen, der seinen Mantel verzierte. "Entschuldigen Sie mich", sagte er dann schroff und ging weiter. Der merkwürdige Stoff des Mantels fing bereits an, den Kuchen zu absorbieren. Hinter dem Major und dem Hauptmann drängten sich noch Siegfert Hinterländer und ein paar Männer vorbei, sodass Salvin erstmal nichts anderes übrigblieb, als sich wieder zu setzen.
"Magnus Palankin!", spuckte Salvin nochmals leiser, diesmal in Richtung Leonard.
"Ich hab' dich schon gehört. Und pass mit der Aussprache auf, ich hab keinen Mantel aus Dreckfressertuch."
"Da ist was ganz Großes im Gange, das hab ich im Urin!", sagte Salvin aufgeregt, dann stand er auf: "Schön, dich mal wieder in derart schlechter Form gesehen zu haben, aber jetzt ruft die Pflicht. Bis die Tage, Kollege!" Salvin drängelte sich durch den Speisewagen, um die Offiziere noch zu erreichen. Stattdessen rannte er genau in Helwer Armenbrod, Vorsitzender von FAK. Ausgerechnet der!
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