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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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die ganze Länge des Schwimmbeckens, auch wenn sie die Demütigung einer Dusche vor dem Schwimmen und des Tragens einer Badekappe auf sich nehmen musste. Wie um zu beweisen, dass sie keine Ahnung von der inneren Freiheit hatte, die eine junge Brandungsschwimmerin ausmachte, verhieß die Lehrerin Lydia eine große Zukunft als Synchronschwimmerin, was uns nur ein müdes Lächeln entlocken konnte. Während ich an den Schweizer Maßstäben, die an eine gute Hausfrau angelegtwurden, auf ganzer Linie scheiterte, quälte sich Philip durch endlos lange Stunden an der Managementschule. An einem der wenigen Tage, an denen er frei hatte, schwebten wir in einer daumennagelgroßen Gondel einen Berghang hoch und Philip nahm meine Hand und bemerkte, dass die Haut unter meinem Verlobungsring einen hübschen Grünton angenommen hatte. Überrascht musste ich ihm Recht geben. Unsere einjährige Verlobungszeit hatte schon längst ihr Haltbarkeitsdatum überschritten. Er meinte, wenn wir unser Versprechen erfüllen wollten, dann könnten wir das genauso gut in der Schweiz machen. Das Verführerische an dieser Idee war, dass wir weit entfernt von all den Leuten heiraten würden, die unsere ungewöhnliche Verbindung als ständigen Anlass für Tratsch und Witzeleien betrachteten.
    Es gibt die Schweizer Alpen, Schokolade, Banken, Uhren und Käse. Daneben ist die Schweiz noch für viele andere Dinge berühmt (unter anderem riesige Alphörner und Atombunker für jeden Haushalt), aber als Traumort für Hochzeiten hatte sie sich noch nicht hervorgetan. Wir sollten auch bald erfahren, warum.
     
    Wenn es einen Wettbewerb gäbe, welches Land Brautpaaren am meisten Steine auf den Weg zum Altar legte, dann würde ihn die Schweiz gewinnen. Aber Philip und ich hatten nun einmal den Hang, es uns schwer zu machen. Wir beschlossen daher, dass das Land der Schokolade und der Uhren sich bestens dafür eignete, den Bund fürs Leben zu schließen. Man hätte uns warnen sollen. Wir waren verrückt, wie immer.
    Wenn Philip nicht gerade das Räderwerk der internationalen Geschäftswelt studierte, schlug er sich also mit kleingeistigen Beamten herum, die jedes Dokument, auf dem unserName stand, sehen und abstempeln wollten (angefangen bei Geburtsurkunden und meiner Scheidungsurkunde bis hin zu meiner Sockenstopf-Urkunde von den Pfadfinderinnen). Nachdem sie wochenlang um die halbe Welt telefoniert und Faxe mit Anwälten hin und her geschickt hatten, gaben sich die Schweizer Beamten endlich zufrieden. Jeder Papierfetzen war unterzeichnet, gegengezeichnet und in dreifacher Form eingereicht worden. Aber plötzlich reichte auch das nicht mehr. Denn jetzt wollten sie noch wissen, wie viele Leberflecke unsere Eltern und Großeltern zierten, in welchem Alter sie das erste Mal Geschlechtsverkehr hatten und auf welcher Bettseite sie nachts schliefen. Im Grunde wollen die Schweizer nämlich nicht, dass man in ihrem Land heiratet, und sie tun alles in ihrer Macht Stehende, um es zu verhindern. Sie haben für diesen heiligen Bund nichts übrig. Zu viel Papierkram. Da sollen die Leute doch lieber in Sünde leben.
    Das Beste an einer Heirat im Ausland ist, dass die Anreise für die Gäste mit einem solchen Aufwand verbunden ist, dass diejenigen, die tatsächlich kommen, auch wirklich dabei sein wollen. Wir hatten die Hochzeit auf die Septemberferien gelegt, so dass Rob und andere Verwandte teilnehmen konnten. Ich kaufte mir ein cremefarbenes Kostüm und einen passenden Hut. Wir unternahmen eine Fahrt über den See nach Evian, wo wir Lydia ein festliches Kleid mit lila Schärpe und Petticoat kauften, das geradewegs aus The Sound of Music zu stammen schien.
    Zu unserer Hochzeit erschienen etwa vierzig Gäste, von denen die meisten in unserer kleinen Wohnung übernachten wollten. Sie schliefen mehr oder weniger in unseren Schränken. Meine Mutter und Rob übernachteten in Lydias Zimmer.
    Ohne parteiisch sein zu wollen, muss ich sagen, es war die schönste Hochzeit, auf der ich jemals war. Auch unser Flitterwochenende war wunderbar. Fünf Gäste, unter anderem die Brautmutter und die Kinder, begleiteten uns an das verträumte Ufer des Lago Maggiore. Das Einzige, was zu unserem Glück fehlte, war eine kleine schwarze Katze.
    Nachdem die Gäste wieder verschwunden waren, setzte Philip sein Studium fort. Goldene Herbsttage gingen in tristes Graupelwetter über. Die im Sommer farbenfrohen kopfsteingepflasterten Gässchen verblassten bald zu einem öden Grau. An die Härte des

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