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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Herbstlaub nur störrisch. Sich ihm an windigen Tagen zuzuwenden, kam seelischer und körperlicher Folter gleich.Kaum hatte ich die Blätter zu einem schönen Haufen zusammengerecht, fuhr spielerisch ein Windstoß durch den Haufen, ließ das Laub herumwirbeln wie einen Wurf Kätzchen und riss einen Schock neuer Blätter von den Pappeln. Es war eine frustrierende Aufgabe, die allerdings um einiges angenehmer gewesen wäre, wenn Rata vermocht hätte, die Arbeit eines Installateurs zu würdigen und zu begreifen, wozu sie diente.
    Leise eines von Sams verbotenen Wörtern vor mich hinmurmelnd, kratzte ich Ratas Beitrag zur globalen Bodendüngung von meiner Turnschuhsohle an einem Stein ab. Die angeblichen Freuden herbstlicher Gartenarbeit waren mir jedenfalls bislang verborgen geblieben. Ich wollte schon aufgeben und ins Haus gehen, um mir eine Tasse Tee zu gönnen, als ich ein vertrautes Miauen hörte.
    »Cleo!«, rief ich und sah zu ihrem Lieblingssonnenplatz zwischen dem Unkraut hinüber, das ein ehemaliges Rosenbeet überwuchert hatte. Das einzige Zeugnis von ihr war ein plattgedrückter Fleck im hohen Gras. Ich warf einen Blick auf das Fensterbrett vor Robs Zimmer und rief noch einmal. Die schwarze Katze auf Mrs. Sommervilles Dach starrte mich neugierig an.
    »Schau du nur, du verwöhntes, hochnäsiges Ding!«, knurrte ich zu ihr hoch. »Nicht jeder kann aussehen wie die Königin von Saba.«
    Die Katze gähnte und erhob sich mit einer fließenden Bewegung. Ich sah zu, wie sie an der Regenrinne entlanghuschte und im Geäst des nächsten Baums verschwand. Dann glitt sie mühelos den Baumstamm herunter und sprang freudig miauend auf mich zu.
    »Cleo?«, fragte ich und bückte mich, um über ihren Rücken zu streichen, während sie ihr Kinn an meiner Wade rieb.Ich nahm die Manifestation kätzischer Vollkommenheit auf den Arm und vergrub meine Nase in ihrem Fell, um sicherzugehen, dass sie es wirklich war. »Mein Gott, wann bist du denn zu einer solchen Schönheit geworden?«
    Ich war den Sommer über so sehr mit meiner Trauer beschäftigt gewesen, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, welche Metamorphosen Cleo durchlaufen hatte. Im Zeitraum von wenigen Wochen hatte sich unser magerer Kümmerling mit den hervorstehenden Augen und den paar armseligen Fellbüschelchen in eine umwerfend schöne Katze verwandelt.
    Es war an der Zeit, diesen erschreckenden Mangel an Aufmerksamkeit wettzumachen und mich Cleo mehr zu widmen. Der Wandel, den sie von mir unbemerkt durchgemacht hatte, machte mir bewusst, dass das Leben unablässig weiterging, ganz gleich, was geschehen war. Es hing im Wesentlichen von mir selbst ab, ob ich etwas von den wunderbaren Zeiten des Wandels und der Neugeburt mitbekam oder nicht.
    Ich trug sie zur Veranda, setzte mich auf die Stufe und nahm sie auf meine Knie. Entzückt rollte sie sich auf den Rücken und strampelte mit den Beinen in der Luft. Sie liebte diese katzenfremde Position. Oft schlief sie auf dem Schoß von irgendjemandem in dieser Haltung vor dem Fernseher ein und bot mit herabbaumelndem Kopf die Unterseite ihres Halses und ihres Kinns dar.
    Es war eine Lust, sie zu streicheln, eine taktile Entdeckungsreise durch eine Felllandschaft. Cleos Ohren waren kühl und glatt, so wie ich mir immer das Fell einer Robbe vorgestellt hatte. Angesichts ihrer fast aerodynamischen Form konnte man sich vorstellen, dass ihre Nachfahren irgendwann einmal die Fähigkeit zu fliegen besitzen würden.Der samtige Nasenrücken mündete in einem Fleckchen feuchten Leders. Auf der Wölbung zwischen Ohren und Augen war das Fell etwas weniger dicht, hier sah man am ehesten ihre Haut durchschimmern. Aber das tat ihrer Schönheit überhaupt keinen Abbruch. Im Gegenteil, es sah frech und modisch aus, als ob Yves Saint Laurent Schottenkaros und Punkte miteinander kombinierte. Die straffe Haut um ihre Augen war praktisch, wenn ich ihr den Schlaf aus den Augenwinkeln reiben wollte, was erstaunlich oft nötig war. Dass bei dieser Fellfülle keine Haare für Wimpern übrig gewesen sein sollten, war eigentlich merkwürdig. Aus ihrer Stirn ragten zwei Antennen, Überbleibsel von Augenbrauen. Sie hatten bestimmt einen geheimen Zweck, zum Beispiel Rattenlöcher abmessen. Ihre Schnurrhaare waren wie trockenes Gras und ihr Kinn war mit einem spärlichen Bärtchen geschmückt.
    Das Fell an ihrem Rumpf war so flaumweich wie das eines Kaninchens. An ihren »Unterarmen« wuchsen längere Fransen, die irgendwie unpassend wirkten, so wie

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