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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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hatte derjenige, der dem anderen den letzten Kuss auf die Wange gedrückt hatte, und das Ganze endete regelmäßig damit, dass wir beide vor Lachen japsend zusammenbrachen.
    Ja, dachte ich, als ich mir die aktuelle Babyschühchen- und Schmusedecken-Mode ansah, ich würde das neue Baby in das geheime Kussspiel einweihen, auch wenn es ausschließlich mir und Sam gehört hatte. Ich fragte mich, ob Joshua Sams alte Holzeisenbahn mögen würde und ob esnoch andere Sachen von Sam gab, die ihm gefallen könnten. Nicht, dass ich in irgendeiner Weise plante, das wieder herzustellen, was wir gehabt hatten. Oder?
     
    Rata war hocherfreut, als das japanische Auto meiner Mutter oben am Ziegenpfad hielt. Dieses Auto verband der Golden Retriever mit Ausflügen zum Strand, zu Farmen und anderen schönen Orten. Meine Mutter war gekommen, um »auszuhelfen«, bevor das Kind geboren wurde. Über die Länge ihres Aufenthalts hatten wir nicht gesprochen, aber wahrscheinlich würde er wie üblich nicht länger als ein paar Tage dauern. Mum und ich liebten uns von ganzem Herzen, aber wir waren beide ziemliche Sturköpfe und neigten zum Amateurdrama. Normalerweise gerieten wir uns nach ein paar Tagen in die Wolle.
    Als meine Mutter aus ihrem Wagen stieg, stellte sich Rata auf die Hinterbeine, legte ihr die Vorderpfoten auf die Schultern und leckte ihr mit ihrer riesigen Zunge das Gesicht ab. Mum ging unter Ratas Gewicht beinahe in die Knie, strahlte aber. Sie war schon immer ein Hundemensch gewesen und Rata war ihr absoluter Lieblingshund.
    Nachdem sie gründlich abgeschlabbert worden war, nahm Mum geduldig Ratas Pfoten von ihren Schultern und setzte sie ab. Jetzt kam Rob an die Reihe, der seine Ärmchen um ihren Bauch schlang. Rata führte unsere kleine Prozession den Ziegenpfad hinunter mit freudig wedelndem Schwanz an. Mittlerweile kam meine Mutter gleich nach Rob in Ratas Liebesgunst.
    Nachdem Mum ihre Tasche im Gästezimmer ausgepackt hatte, überreichte sie mir ihr Geschenk – eine blendend weiße Decke, die sie mit so feiner Wolle und so dünnen Nadeln gestrickt hatte, dass man sie durch ihren Ehering hätteziehen können, ein Meisterstück. Mit dem Langettenrand und dem komplizierten Strickmuster war sie die ultimative Babydecke.
    Seit dem Tod meines Vaters verbrachte meine Mutter ihre Abende in der Gesellschaft von einem Paar Stricknadeln vor der Flimmerkiste. Meistens strickte sie Decken und dicke, große Teppiche aus Teppichwolle, die sie direkt von der Fabrik bezog. Diese Babydecke hatte nichts davon, sie war mit so viel Liebe und Detailversessenheit gestrickt worden, dass eine ganz besondere Kraft von ihr auszugehen schien. In solche Decken war ein Schutzzauber für das Kind mitverwoben.
    »Sie ist wunderschön!«, sagte ich und bewunderte ihr Werk. »Der Kleine wird sie lieben.«
    »Woher weißt du denn, dass es ein Junge wird?«, fragte sie.
    »Das habe ich im Gefühl.«
    »Tja, damals in den Zwanzigern, da hat meine Cousine Eve, also meine Cousine ersten Grades, das heißt, sie müsste deine Cousine zweiten Grades gewesen sein … Das ist die, die an die Sorbonne gegangen ist und eine Liebelei mit einem verheirateten Friseur angefangen hat, bis die Familie davon erfahren und ihr sofort den Geldhahn zugedreht hat. Als sie dann zurück nach Neuseeland kam, hat sie einen Pelzmantel und Lippenstift getragen. Alle glaubten, sie hätte ihre Lippen tätowieren lassen …«
    Die arme Mum. Was sie am meisten vermisste, sagte sie oft, war jemand, mit dem sie reden konnte. Dadurch teilte sie das Leiden aller Einsamen – sie redete zu viel. Einige ihrer ältesten Freundinnen hatten sich deswegen schon von ihr zurückgezogen und waren ständig anderweitig beschäftigt, sei es mit Bridge, irgendwelchen Ehrenämtern oder ihren Enkeln. Ich konnte es ihnen nicht verdenken. Die Geschichtenmeiner Mutter waren zum Teil sehr amüsant, wie die über ihre Cousine Eve. (Die mich, als ich sie das erste Mal hörte, faszinierte. Ich fragte mich, wie eine Familie, die nicht gerade für ihre glamourösen und verruchten Frauen bekannt war, ein so wundervolles Geschöpf wie Eve hatte hervorbringen können.) Aber Mum bekam den Mund gar nicht mehr zu. Es bedurfte großer Verbundenheit und Zuneigung, um ein solches verbales Sperrfeuer bei einem gleichzeitigen Mangel an höflichen Erkundigungen nach dem eigenen Befinden und dem Wetter zu ertragen. Wenn Mum zu einem ihrer Monologe ansetzte, erschien auf den Gesichtern ihrer Zuhörer ein Lächeln, das aussah

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