Cleopatra
auf der Titelseite melden, dass die Niederlande gerade einen Krieg mit Botswana angefangen haben.
»Sie können ja den Staatsanwalt anrufen«, sagte ich gereizt.
»Exstaatsanwalt. Ich habe Meulendijk angerufen. Er war nicht bereit, mir seinen Auftraggeber zu nennen. Darüber bin ich einigermaßen verstimmt.«
Das klang schon mehr nach einem Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika. »Das ist so üblich; die Namen von Auftraggebern werden vertraulich behandelt.«
»Sogar mir gegenüber, offensichtlich.«
»Meulendijk hat noch nie Angst vor Ministern gehabt.«
»Exminister. Was mich ungeheuer stört, ist, dass Sie sich meiner Frau gegenüber als Polizeibeamter ausgegeben haben.«
Er schaute mich an und ich erwiderte seinen Blick, obwohl es mir schwer fiel. »Ich habe mich nicht als solcher vorgestellt. Meine heutige Funktion kam nicht zur Sprache.«
»Das nenne ich Vortäuschung falscher Tatsachen!«
»Ich werde es Ihnen mit Vergnügen erklären«, sagte ich. »Je höher stehend, reicher und vornehmer die Leute, desto schwieriger ist es, sie persönlich sprechen zu können. Daher redet man als einfacher Privatdetektiv mit dem Chauffeur, bandelt mit der Haushaltshilfe an, geht mit der Sekretärin in die Sauna und das alles nur, um sie auszuhorchen. Man hört sich in den Kneipen der Umgebung um, redet mit den Nachbarn und dem Gemüsehändler. Sie würden sich wundern, wie gern die Leute über andere reden und was dabei alles an Klatsch und Gerüchten an die Oberfläche kommt.«
Cleveringa verzog den Mund. Das war eine Form der Erpressung, die ich öfter anwandte, um zu erreichen, dass Leute mir Rede und Antwort stehen. Es wirkt fast immer.
»Vielleicht sollten wir uns kurz hinsetzen«, schlug Barend Scholte versöhnlich vor. Er hatte offensichtlich vor, bei dem Gespräch dabeizubleiben.
»Möchten Sie nicht lieber unter vier Augen mit mir reden?«, fragte ich.
Cleveringa wechselte einen Blick mit Scholte und sagte: »Das ist nicht nötig.«
Er ging hinüber zum Nussbaumtisch und nahm wie selbstverständlich am Kopfende Platz.
»Kaffee, Josef?«, bot Scholte an.
»Später vielleicht.«
Cleveringa wartete, bis ich auf meinem Stuhl saß, und sagte: »Ich möchte auf keinen Fall Ermittlungen behindern, egal welcher Art. Ich will nur, dass Sie sich auf das beschränken, worum es eigentlich geht, und meine Gattin aus der Sache heraushalten.«
»Aber Sie möchten doch bestimmt wissen, wer die Dame ist und wie sie unter Ihren Tennisplatz geriet?«
»Ich dachte, die Justizbehörden hätten schon erste Anhaltspunkte?«
»Ich habe ihm schon erklärt, dass es keinen Zusammenhang geben kann«, sagte Scholte. »Aber Herr Winter ist so hartnäckig, wie ein guter Detektiv eben sein muss.«
Das Gespräch ähnelte der guterBulle, schlechter Bulle- Taktik bei Verhören, nur dass sie auf der falschen Seite des Tisches saßen.
Ich schaute Cleveringa an. »Sie sagen, Sie wollten keinerlei Ermittlungen behindern. Ich habe ein paar persönliche Fragen, die ich lieber Ihnen als anderen Familienmitgliedern oder Bekannten stelle. Wenn sich kein Zusammenhang ergibt, brauche ich mich auf diese Weise später nur bei Ihnen und bei niemandem sonst zu entschuldigen.«
Diplomatische Direktheit schien mir angebracht. Ich drohte lediglich damit, alte Familiengeschichten bei unerwünschten Dritten aufzuwärmen. Das würde ich sowieso tun; aber ich glaube, er verstand, was ich meinte.
»Bitte schön.«
»Die Abreise Ihrer ersten Gattin kam für Sie völlig überraschend?«
»Abreise?«
»Sie fuhr doch plötzlich in Urlaub?«
»Das soll häufiger vorkommen.«
Ich holte Luft. »Sie müssen mir sagen, wenn ich mich irre, aber ich habe das Gefühl, dass dabei etwas Endgültiges in der Luft lag. Endgültig wurde es natürlich dadurch, dass sie verunglückte, aber ich meine schon bei ihrer Abreise.«
Cleveringa breitete die Hände auf der Tischplatte aus. Er hatte lange, spatelförmige Finger und Leberflecke auf der Haut unter den Manschetten seines blütenweißen Hemdes.
»Es war doch eine Überraschung für Sie?«, hakte ich nach.
»In gewisser Weise ja«, gab er zu.
»Haben Sie sich deswegen gestritten?«
»Das hat mit dieser Sache nichts zu tun.«
Es begann allmählich eintönig zu werden, mit all diesen Leuten, die mir versicherten, dass das alles nichts damit zu tun habe. »Ich bemühe mich nur um Vollständigkeit. Hatte sie einen Freund?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete er.
»Gab es Anzeichen dafür, dass sie
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