Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cleopatra

Cleopatra

Titel: Cleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
Vom Netzwerk:
natürlich. Die Leute haben auch das Monster gesehen. Es ist die Zeit ihrer Siesta, wenn sie getrunken haben und alles Mögliche sehen.«
    »Es gab also Zeugen?«
    »Auf der anderen Seite saßen Männer und angelten, die haben gesehen, wie es passierte, aber sie waren zu weit weg, um etwas unternehmen zu können, selbst wenn sie gewollt hätten.« Es klang gelassen. »Ihre Leiche wurde nie gefunden.«
    »Ist das nicht seltsam?«
    Er schüttelte den Kopf. »Hier nicht, nein. Die Strömungen …«
    »Hat die Polizei die Sache untersucht?«
    »Für die Polizei war es eindeutig ein Fall von Ertrinken in Folge von Unvorsichtigkeit. Kein Wort über Marsagharalla.« Er schaute Marga an. »Sie denken vielleicht, ich sei verbittert, aber ich nehme es ihnen nicht übel. Es sind anständige Menschen, ich lebe gern hier, ich verstehe mich gut mit ihnen. Nur mit seinen Toten bleibt man allein, jedenfalls, wenn sie in der Bucht ertrunken sind.«
    Marga legte ihre Hand auf seine.
    Metz tätschelte ihre Hand, als wolle er sich bei ihr bedanken.
    »Ich bin daran gewöhnt. Ich war zehn Jahre mit ihr zusammen. Dieser Abschnitt erscheint mir länger, als die Zeit danach ohne sie. Und selbst wenn ich hundert Jahre alt werde, wird er für mich immer der längste sein.«
    Die Tür ging plötzlich auf und der junge Mann kam herein.
    »Das ist Hans, mein Sohn«, sagte Metz.
    Der Junge ignorierte meine ausgestreckte Hand. »Was ist hier los?«
    »Sind die Engländer zufrieden?«
    »Alle sind zufrieden, aber das ist keine Antwort auf meine Frage.« In seinen dunklen Augen schwelte es.
    Der Junge irritierte mich und ich ging hinüber zum Fenster, um einen Blick auf Xlendi zu werfen, das schräg unter mir von der Sonne gebleicht wurde. Es lag genauso da wie auf Irenes Ansichtskarte, nur mit einem geringeren Höhenunterschied, als habe der Fotograf auf dem Dach von Irene Holiday Apts. gestanden anstatt in diesem Wohnzimmer im Erdgeschoss.
    »Es ist nichts«, sagte Metz zu dem Jungen. »Ich möchte mich nur kurz mit meinen Besuchern unterhalten.«
    Der Junge machte den Eindruck, als passe es ihm nicht, ausgeschlossen zu werden. Er wollte etwas sagen, aber Metz hob die Hand und sagte: »Ich werde es dir später erklären.«
    Hans nickte und verließ mürrisch den Raum. Wieder sah ich sein Profil und jetzt wusste ich genau, warum er mich irritierte.
    »Ihr Sohn?«, fragte ich.
    »Nehmen Sie es ihm nicht übel. Er ist achtzehn, er beginnt gerade, den Betrieb zu verwalten …« Metz schwieg abrupt, als wäre ihm der ungläubige Ton in meiner Stimme jetzt erst aufgefallen. »Warum fragen Sie?«
    »Es war nur so ein Gedanke«, sagte ich vage.
    »So hat es sich aber nicht angehört.«
    »Ich glaube, ich weiß, wer …«
    Metz hob die Hand, um mich daran zu hindern weiterzusprechen. Er schwieg drei Sekunden lang und schluckte etwas herunter. »Hans hält mich für seinen Vater. Er ist Johann Metz junior. Clara und ich wollten es so. Ich selbst brauche auch nicht mehr zu wissen, als unbedingt nötig.«
    Er schaute mich an. »Er hat doch schon seine Mutter verloren.«
    Marga warf mir einen verwunderten Blick zu. Ich schüttelte den Kopf. Marga interessiert sich nicht für Politik und sieht nur selten fern. Vielleicht hatte sie einmal eine Karikatur gesehen, aber sie war Cleveringa noch nie persönlich begegnet, sonst wäre ihr die Nase direkt aufgefallen.
    Die Puzzleteile fielen an ihren Platz. Claras plötzliche Kündigung, ihr Umzug nach Loosdrecht, der Detektiv, den Cleopatra angeheuert hatte, die versprochene Einladungskarte zur Hochzeit, die nie kam. Clara machte mir sehr wohl den Eindruck, als habe sie einer dürren Bohnenstange wie Cleveringa den Kosenamen ›Stakie‹ verpassen können.
    »Es tut mir Leid«, sagte ich. »Es ist nicht meine Absicht, irgendetwas durcheinander zu bringen oder Ihnen noch mehr Kummer zu bereiten, als Sie sowieso schon haben. Ich wüsste gern, wie Clara hierher gekommen ist, aber wenn Sie nicht darüber reden wollen, sagen Sie es nur, dann gehen wir einfach wieder.«
    Er sah, dass es mir ernst war. »Wer ist diese andere Frau, die vermisst wird?«, fragte er. »Der Fall, an dem Sie arbeiten?«
    »Cleopatra Cleveringa. Hat Clara diesen Namen je erwähnt?«
    »Nein.«
    Es klang überzeugend genug, um die Wahrheit sein zu können. »Cleopatra ist wahrscheinlich 1980 bei einer Flugzeugkatastrophe ums Leben gekommen. Nun wurde vor kurzer Zeit unter dem Tennisplatz ihres Mannes das Skelett einer Frau gefunden, die 1983 ermordet

Weitere Kostenlose Bücher