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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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beängstigender Gedanke. »Bahadur, wo genau lebst du im Palast? Hast du, äh, eine sichere Unterbringung?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Das ist ein Problem für mich. Es gibt keinen sicheren Ort für mich. Ich lebte, wie alle Jungen der Fürstenfamilie, in der Zenana , aber es gefiel mir da nicht, also bin ich umgezogen. Meine Mutter hat dort eigene Räumlichkeiten, aber es ist alles so eng und voll. Die Maharanis haben ihre Zimmerfluchten ebenfalls in der Zenana. Ihre Söhne hatten einen höheren Rang als ich, und sie verachten mich. Als Bishan starb, hörte man seine Mutter, Ihre Erste Hoheit, sagen, wie unfair es sei, dass ihr Sohn, der rechtmäßige Erbe, der Maharaj Kumar, gestorben sei, und dieses kleine >Krabbelin-sekt< von niederer Geburt noch lebe. Damit meinte sie mich. Und jetzt wird Ihre Zweite Hoheit dasselbe sagen. Die Hoheiten sind sich normalerweise spinnefeind, aber ich glaube, wo sie jetzt beide ihre Söhne verloren haben, werden sie ihren Hass vereinen und ihn auf mich richten. Sie werden alles tun, was in ihrer Macht steht, um mich daran zu hindern, auf dem Gaddi zu sitzen.«
    »Gaddi?«
    »Sie würden Thron sagen. Das zeremonielle Kissen, auf dem der Herrscher sitzt.«
    »Aber würden Damen ihrer gesellschaftlichen Stellung - die beiden Maharanis - sich tatsächlich dazu herablassen, ein Kind zu töten?«
    Bahadur sah ihn erstaunt an. »Aber ja. Sie haben schon oft versucht, meine Mutter zu töten. Aber meine Mutter ist klug, und die Palastdiener sind ihr ergeben und warnen sie immer. Sie heißt Lal Bai. Die Maharanis hassen sie, weil sie ein Mädchen aus dem Dorf ist und nur ihren Dorfdialekt spricht, aber sie hassen sie vor allem, weil mein Vater immer sehr viel Zeit mit ihr verbracht hat.« Bahadur wirkte einen Augenblick lang zweifelnd. »Bis Ihre Dritte Hoheit hier einzog. Das war vor einem Jahr, und meine Mutter und ich haben seitdem nur wenig von meinem Vater gesehen.«
    »Wo hast du Quartier gefunden? Wo schläfst du?«
    »Ich schlafe überall und nirgendwo. Niemals zweimal am selben Ort.«
    Bahadur verstummte und sah Joe an, fragte sich, inwieweit er ihm trauen konnte. Joe verzog sein Killergesicht zu etwas, was er für einen aufmunternden und offenen Ausdruck hielt, und wartete.
    »Es gibt Menschen, die mich beobachten. Wohin ich auch gehe, spüre ich, dass ich verfolgt werde. Ich höre Schritte in den Korridoren hinter mir, und wenn ich mich umdrehe, ist niemand da. Gestalten, die ich vor mir bemerkt habe, verschwinden urplötzlich. Nachts höre ich Geräusche, die ich nicht verstehe. Govind findet Orte für mich. Es gibt viele Zimmer, die nur er kennt. Manchmal schlafe ich in den Elefantenställen. Die Elefanten bewachen mich. Es gibt fünfundneunzig Elefanten, und ich kenne jeden einzelnen. Und sie kennen mich.«
    »Dann gibt es also Govind und die Elefanten. Noch jemand, dem du vertrauen kannst?«

»Ja. Es gibt einen Förster, einen alten Mann, der sich immer um mich gekümmert hat. Und ich mag den Piloten, Captain Mercer. Er ist sehr freundlich und sagt, dass er mir eines Tages das Fliegen beibringen wird. Er lässt mich im Hangar bleiben, wenn ich will, und er verrät mich nie. Aber mein bester Freund im Palast ist ein guter Mann, der bei meinem Vater wohnt. Ein Tigerjäger. Er hat mir all seine Fertigkeiten beigebracht. Sein Name ist Colin O’Connor. Wann immer er es erlaubt, gehe ich in den Jangal mit ihm.«
    »Hm . das klingt mir nicht sehr sicher, mit einem Tigerjäger durch den Dschungel zu streifen«, sagte Joe. »Hast du nicht auch eine Nanny erwähnt? Ist sie noch im Palast angestellt?«
    Bahadurs Gesicht wurde weich. »Ja, sie ist hier. Es ist eine schottische Dame, Miss Macarthur, und sie ist sehr mutig. Sie würde für mich mit dem Mut einer Tigerin kämpfen, aber sie ist eine Frau, und sie könnte einen Attentäter wohl kaum mit ihrem Sonnenschirm aufhalten, oder?«
    »Wo sind ihre Räume?«
    »Im Alten Palast. Ich bringe Sie morgen zu ihr. Sie wird sich freuen, einen Freund von Sir George zu treffen.«
    >Noch eine ältliche Eroberung!«, dachte Joe widerwillig. >Das zigste Mitglied des Sir-George-Fanclubs.<
    »Ich würde dich morgen gern Wiedersehen, Bahadur. Genauer gesagt, würde es mich sehr beruhigen, wenn ich dich jeden Tag so oft wie möglich in Sichtweite haben könnte. Bleib in meiner Nähe, wann immer du kannst. Wenn jemand nach dem Grund fragt, dann sagst du, dass du mir Astronomie beibringst. Hör zu, ich muss einen Bericht für Vyvyan schreiben,

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