Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Elefanten - unseren Läufern. In der Mitte, mit den Kronen, stehen die beiden größten Mädchen, der König und die Königin.«
    In diesem Augenblick drehte sich die blaue Königin, die eine silberne Krone trug, zu Joe um. Mit einem inneren Ruck erkannte er Padmini.
    Die Trompete erklang erneut, ein einziger Ton. Joe fing den Blick von einem seiner roten Bauern auf. Täuschte er sich oder erwartete die junge Frau, von ihm aufgerufen zu werden? Er glaubte, sich nicht zu irren, und hielt zwei Finger hoch. Der Bauer trat ordnungsgemäß zwei Felder vor und musterte Edgars Frontlinie. Edgar schickte einen seiner gelbröckigen Bauern vor, und schon war die Schlacht im Gange.
    Joe nahm an, dass sich niemand amüsieren würde, wenn sich das Spiel endlos hinzog, und er beschloss, mit Verve zu spielen. Er erinnerte sich an einen Spielzug, den er und ein Offizierskamerad in den Schützengräben erfunden hatten, bei dem verzweifelten Versuch, sich von der Ödnis und dem Schrecken abzulenken, als sie von der deutschen Artillerie festgenagelt worden waren, unfähig, vorzurücken oder abzuziehen. Sie hatten den Spielzug >Haigs Kumpel< genannt, und wenn alles nach Plan lief, sollte er in der Lage sein, das Spiel in fünfzehn Zügen zu gewinnen.
    Aber Edgar kannte kein Pardon und machte von Anfang an klar, dass er die Absicht hatte zu gewinnen. Er verbrachte kaum Zeit damit, über seinen nächsten Zug nachzudenken, was offenbar ein Stil war, den das Publikum und die Schachfiguren zu schätzen wussten. Joe bemerkte, dass gelegentlich -wenn ein Spieler doch etwas länger nachdachte - die Figur selbst, wenn sie endlich aufgerufen wurde, den Bruchteil einer Sekunde schneller war und ein schlanker Fuß in Vorfreude auf den Zug nach vorn schoss.
    Edgar befreite sich rasch von Joes geplanter Abfolge, und beide waren abwechselnd im Vorteil, wie es bei gleich starken Gegnern der Fall ist. Eine Figur nach der anderen, die verloren ging oder geopfert wurde, marschierte mit einem Klingeln der Fußglöckchen an den Rand, bis nur noch eine Hand voll Figuren auf dem Spielfeld übrig war.
    Joe zögerte vor dem nächsten Zug. Dankbar nahm er ein Glas Granatapfelsaft von einem Diener entgegen, nutzte das als Atempause von dem gnadenlosen Tempo des Spiels. Er bemerkte, dass Edgar einen weiteren Whisky-Soda von einem Tablett annahm. Edgar hatte sich aus allen Fallen herausgewunden, die Joe gestellt hatte, und hatte seinerseits bravourös attackiert. Über den Rand seines Glases bemerkte Joe plötzlich, dass der linke Fuß seiner blauen Königin ein Muster trommelte. Anders als die anderen Figuren trug sie keine Glöckchen an den Fußknöcheln, und ihre Bewegungen blieben der Menge wahrscheinlich verborgen. Er sah genauer hin. Fünfmal trat sie mit dem Fuß auf. In der oberen linken Ecke ihres Vierecks. Gab sie ihm etwa ein Signal? Was würde passieren, wenn er . ? Joe ließ seinen Blick über die Diagonale wandern. Verdammt und zugenäht! Wie hatte er das übersehen können! Der anstrengende Tag, der Champagner, die späte Stunde -es gab Gründe genug, aber Joe verfluchte seine mangelnde Aufmerksamkeit.
    Er signalisierte seiner Königin, fünf Felder diagonal nach links zu rücken. Endlich losgelassen, sauste sie mit der Stoßkraft einer Rachegöttin nach vorn, die dunklen Röcke rauschend, und bedrängte Edgars König.
    »Schach«, rief Claude energisch.
    Das war Joes Durchbruch, und vier entscheidende Züge später verkündete Claude: »Shah mat! Der König ist tot! Schachmatt!«
    Edgar starrte Joe über den Hof hinweg an, steif vor Verachtung und Wut, aber er verneigte sich höflich. Joe erwiderte die Verbeugung. Leicht panisch bemerkte er daraufhin, dass sich die Mädchen wieder auf ihre Vierecke gestellt hatten und beide Armeen nun vor ihm standen; manche blickten schüchtern und ausweichend auf ihre Füße, andere beäugten ihn flirtend und spekulativ.
    »Zeit, in den sauren Apfel zu beißen, Sandilands. Machen Sie bloß keinen Wirbel!«, flüsterte Claude. »Lächeln Sie einfach, und suchen Sie sich eine aus.«
    Joe fing den festen Blick von Padmini auf, und ohne zu zögern rief er: »Wenn die blaue Königin bitte vortreten würde .?«
    Lachen und sogar diskreter Applaus erklangen rund um den Hof, während sie durch die Reihen trat und sich immer noch lächelnd vor ihm aufbaute.
    Der Dewan klopfte Joe auf die Schulter. »Eine gute Wahl. Und eine passende Belohnung für ein gutes Spiel. Edgar ist kein leichter Gegner. Sie hatten einen langen und

Weitere Kostenlose Bücher