Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
der Lage sein, ihn auf der Stelle töten zu können.« Während sie sprach, tasteten ihre Finger nach ihrer Wange und strichen über das wulstige Narbengewebe – eine unbewusste Geste, die sie nicht unterdrücken konnte. Dann sah sie Gideons Gesichtsausdruck, eine Mischung aus Bestürzung und Unbehagen, und ließ die Hand sinken.
»Ich wusste nicht, dass die Narbe daher stammt«, sagte er.
Sophie wandte den Blick ab. »Jetzt werden Sie als Nächstes sagen, dass sie gar nicht so hässlich ist oder dass Sie sie überhaupt nicht sehen oder etwas Ähnliches.«
»Ich sehe sie durchaus«, räumte Gideon mit leiser Stimme ein. »Schließlich bin ich nicht blind und wir Nephilim sind ein von Narben gekennzeichnetes Geschlecht. Ich sehe sie, aber sie ist nicht hässlich. Diese Narbe ist nur ein weiterer wunderschöner Teil des wunderschönsten Mädchens, das ich je gesehen habe.«
Bei diesen Worten errötete Sophie bis über beide Ohren – sie konnte förmlich fühlen, wie ihre Wangen brannten. Und als Gideon sich über den Tisch beugte, mit leuchtenden sturmgrünen Augen, holte sie entschlossen tief Luft. Er war nicht wie ihr früherer Dienstherr. Er war Gideon. Dieses Mal würde sie ihn nicht wegstoßen.
Im nächsten Moment flog die Tür auf. Charlotte stand auf der Schwelle; sie wirkte erschöpft, hatte tiefe Schatten unter den Augen und feuchte Flecken auf ihrem hellblauen Kleid.
Sofort sprang Sophie auf. »Mrs Branwell?«
»Ach, Sophie«, seufzte Charlotte. »Wäre es wohl möglich, dass du dich ein Weilchen zu Jem setzt? Er ist zwar noch nicht wieder aufgewacht, aber Bridget muss das Abendessen zubereiten – und ich fürchte, ihre schrecklichen Lieder bescheren ihm Albträume.«
»Selbstverständlich.« Sophie eilte zur Tür, ohne Gideon noch einen Blick zuzuwerfen. Doch als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, war sie sich ziemlich sicher, dass sie ihn leise und äußerst frustriert auf Spanisch fluchen hören konnte.
»Eigentlich wäre es nicht nötig gewesen, den Mann durch die Schaufensterscheibe zu werfen«, bemerkte Cecily.
»Das war kein Mann«, entgegnete Gabriel und schaute finster auf den Haufen von Gegenständen in seinen Armen. Er hatte das Paket mit Magnus’ Zutaten an sich genommen und noch ein paar weitere nützlich wirkende Objekte aus den Regalen. Dagegen hatte er die Zeitschriften, die sein Vater bestellt hatte, bewusst auf der Ladentheke zurückgelassen – nachdem er den Satyr durch eines der schmierigen Fenster geworfen hatte. Das Ganze war sehr befriedigend gewesen, mit Glassplittern überall im Raum verteilt. Die Wucht des Wurfs hatte sogar das baumelnde Skelett aus der Verankerung gerissen, woraufhin das Knochengerüst herabgestürzt und auf dem Boden in sich zusammengefallen war. »Sallows ist ein Nachtelbe, einer der Angehörigen des Finsteren Hofs.«
»Haben Sie ihn deshalb durch die Straßen gejagt?«
»Es war einfach ungehörig, einer Dame solche Bilder zu zeigen«, murmelte Gabriel, obwohl er sich eingestehen musste, dass die fragliche Dame nicht mit der Wimper gezuckt hatte und über seine Reaktion eher verärgert schien, statt sich von seinem ritterlichen Benehmen beeindruckt zu zeigen.
»Ich denke, es war etwas übertrieben, ihn in den Kanal zu werfen«, fügte Cecily hinzu.
»Er wird’s überleben … Ziegen sind gute Schwimmer.«
Cecilys Mundwinkel zuckten. »Das war nicht die feine englische Art.«
»Sie lachen ja«, stellte Gabriel überrascht fest.
»Tu ich nicht.« Cecily hob das Kinn und drehte das Gesicht weg.
Aber Gabriel hatte das Grinsen, das sich auf ihrem Gesicht ausbreitete, bereits gesehen. Er war sprachlos. Nachdem sie ihn die ganze Zeit so verächtlich behandelt und ihm nur freche Antworten gegeben hatte, war er fest davon ausgegangen, dass sein letzter Gefühlsausbruch sie dazu veranlassen würde, Charlotte alles brühwarm zu berichten, sobald sie im Institut eintrafen. Stattdessen wirkte sie belustigt. Gabriel schüttelte den Kopf, während sie in die Garnet Street einbogen – er würde die Herondales nie verstehen.
»Würden Sie mir bitte die Phiole aus dem Regal dort drüben reichen, Mr Bane, wenn Sie so freundlich wären?«, bat Henry.
Magnus war so freundlich. Er stand in der Mitte von Henrys Laboratorium und betrachtete die glänzenden Gegenstände auf den Tischen um ihn herum. »Was sind das alles für Gerätschaften, wenn ich mir die Frage erlauben darf?«, erkundigte er sich höflich.
Henry, der zwei Paar Schutzbrillen
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