Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
nicht in Yorkshire, in einem Haus, in dem er nie gewohnt hat, bei Eltern, die er seit Jahren nicht gesehen hat.«
»Dann … wenn er nicht nach Hause zurückkehren wird … ich dachte, dass du dann vielleicht zurückgehen wirst.«
»Damit meine Eltern nicht völlig allein sind. Ja, ich verstehe, warum du das denkst.« Cecily zögerte. »Aber du weißt natürlich auch, dass man bereits in wenigen Jahren von mir erwartet, eine gute Partie zu machen und mein Elternhaus zu verlassen.«
»Ja, schon, aber das würde ja nicht bedeuten, dass du nie wieder mit deinen Eltern reden dürftest. Sie leben im Exil, Cecily. Wenn du hierbleibst, wirst du jeden Kontakt zu ihnen abbrechen müssen.«
»Du sagst das, als würdest du mich davon überzeugen wollen, unbedingt nach Hause zurückzukehren.«
»Ich sage das, weil ich befürchte, dass du das tun könntest.« Die Worte sprudelten Gabriel über die Lippen, ehe er sie aufhalten konnte; ihm blieb nichts anderes, als mit vor Verlegenheit hochroten Wangen zu Cecily hinunterzublicken.
Die junge Schattenjägerin trat einen Schritt näher und schaute ihn mit ihren großen blauen Augen direkt an. Gabriel fragte sich, wann der Moment gewesen war, ab dem ihre Augen ihn nicht länger an Wills erinnert hatten, denn inzwischen sah er nur noch Cecily, mit einem besonderen Blauton in der Iris, den er ausschließlich mit ihr verband.
»Als ich hierhergekommen bin, habe ich alle Schattenjäger für Monster gehalten«, sagte sie. »Ich dachte, ich müsste meinen Bruder retten. Ich dachte, wir würden gemeinsam nach Hause zurückkehren, damit unsere Eltern auf uns beide stolz sein konnten. Damit wir wieder eine Familie wären. Doch dann habe ich erkannt … dann hast du mir geholfen zu erkennen …«
»Ich habe dir geholfen? Inwiefern?«
»Dein Vater hat dir keine freie Wahl gelassen«, erläuterte Cecily. »Er hat von dir verlangt, das zu werden, was er von dir erwartete. Und diese Forderung hat deine Familie auseinandergebrochen. Aber mein Vater hatte sich dazu entschlossen, die Nephilim zu verlassen und meine Mutter zu heiraten. Das war seine eigene Entscheidung, genau wie es Wills eigene Entscheidung ist, im Institut zu bleiben. Die Wahl zwischen Liebe und Krieg – beides für sich sind sehr mutige Entscheidungen. Und ich glaube nicht, dass meine Eltern Will die Entscheidung, die er getroffen hat, übel nehmen würden. Schließlich kommt es für sie vor allem darauf an, dass er glücklich ist.«
»Aber was ist mit dir?«, fragte Gabriel. Sie standen nun sehr dicht zusammen, berührten einander fast. »Jetzt musst du eine Wahl treffen – hierbleiben oder heimkehren.«
»Ich werde bleiben«, verkündete Cecily. »Ich wähle den Krieg.«
Gabriel atmete erleichtert auf – er hatte gar nicht gemerkt, dass er den Atem angehalten hatte. »Du wirst dein Zuhause also aufgeben?«
»Ein zugiges, altes Haus in Yorkshire?«, lachte Cecily. »Das hier ist London!«
»Und alles Vertraute aufgeben?«
»Vertraut ist langweilig.«
»Und den Kontakt zu deinen Eltern abbrechen? Schließlich verstößt es gegen das Gesetz …«
Cecily schenkte ihm den Hauch eines Lächelns. »Jeder verstößt mal gegen das Gesetz.«
»Cecy«, raunte Gabriel und überbrückte die, wenn auch kurze, Entfernung zwischen ihnen und küsste sie. Zunächst glitten seine Hände unbeholfen über ihre Schultern und den glatten Stoff ihres Kleids, doch dann schob er seine Finger hinter ihren Kopf und vergrub sie in ihrem warmen, weichen Haar. Vor Überraschung erstarrte Cecily im ersten Moment, ehe sie sich an ihn schmiegte und ihre Lippen öffnete, während er die Süße ihres Mundes kostete. Als sie sich schließlich von ihm löste, fühlte Gabriel sich etwas schwindlig. »Cecy?«, fragte er erneut mit heiserer Stimme.
»Fünf«, sagte sie. Ihre Lippen und Wangen waren gerötet, aber sie musterte ihn mit ruhigem Blick.
»Fünf?«, wiederholte er verständnislos.
»Meine Bewertung«, erklärte Cecily und betrachtete ihn lächelnd. »Dein Geschick und deine Technik mögen vielleicht noch etwas Arbeit erfordern, aber die natürliche Begabung ist zweifellos vorhanden. Was dir fehlt, ist Übung.«
»Und du wärst bereit, meine Tutorin zu werden?«
»Ich wäre beleidigt, wenn du jemand anderes wählen würdest«, erwiderte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn erneut.
Als Will Tessas Zimmer betrat, saß Sophie an ihrem Bett und redete leise auf sie ein. Sie drehte sich um, während Will hinter sich die
Weitere Kostenlose Bücher