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Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Titel: Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Fenster fallen. Will und sie hatten über das, was unter dem Cadair Idris passiert war, nicht mehr gesprochen. Die gemeinsam verbrachte Nacht erschien Tessa inzwischen so unwirklich wie ein Traum – wie etwas, das einer anderen Person widerfahren war, aber nicht ihr. Sie konnte nicht sagen, ob es Will ähnlich ging; aber sie war sich sicher, dass Jem es gewusst oder geahnt hatte und dass er ihnen beiden verziehen hatte. Aber Will hatte sich ihr nicht mehr genähert, hatte ihr nicht mehr gesagt, dass er sie liebte, hatte sie seit dem Tag von Jems Abschied nicht mehr gefragt, ob sie ihn liebte.
    Dieser Zustand dauerte eine scheinbar endlose Zeit an, auch wenn tatsächlich nur zwei Wochen vergangen waren, bis Will eines Tages zu Tessa in die leere Bibliothek kam und sie aus heiterem Himmel fragte, ob sie am nächsten Tag eine Kutschfahrt mit ihm unternehmen wolle. Verwirrt willigte Tessa ein und fragte sich insgeheim, ob er sich vielleicht aus einem anderen Grund mit ihr treffen wollte. Gab es irgendein Rätsel zu lösen? Ein Geständnis zu machen?
    Doch wie sich herausstellte, handelte es sich um eine ganz normale Fahrt mit der Kutsche durch den Park. Nach einem Kälteeinbruch säumte Eis die Ränder der Teiche und die kahlen Zweige waren mit wunderschönem Reif bedeckt. Will machte höflich Konversation über das Wetter und die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Er schien fest entschlossen, dort mit dem Unterricht über London fortzufahren, wo Jem aufgehört hatte. Und so besuchten sie gemeinsam das British Museum und die National Gallery, fuhren zu den Kew Gardens und zur St. Paul’s Cathedral, wo Tessa schließlich endgültig die Geduld verlor.
    Sie standen in der berühmten Whispering Gallery und Tessa beugte sich über die Brüstung, um hinab in das weit unten liegende Kirchenschiff zu schauen. Will übersetzte gerade die lateinische Inschrift, die sie in der Krypta gesehen hatten, wo Christopher Wren begraben lag: »Betrachter, wenn du sein Denkmal suchst, sieh dich um.« Geistesabwesend griff Tessa nach Wills Hand, doch er zuckte sofort zurück und lief feuerrot an.
    Überrascht schaute sie ihn an. »Stimmt irgendetwas nicht?«
    »Nein«, erwiderte er, zu hastig. »Ich … ich habe dich nur nicht hierhergebracht, um dich dann in der Whispering Gallery zu begrapschen.«
    In dem Moment explodierte Tessa förmlich: »Ich fordere dich auch gar nicht auf, mich zu begrapschen! Aber beim Erzengel, kannst du bitte aufhören, so höflich zu sein?«
    Will starrte sie verwundert an. »Aber würdest du denn nicht lieber …«
    »Nein, das würde ich nicht. Ich möchte nicht, dass du höflich bist! Ich möchte, dass du Will bist! Ich will nicht, dass du mir irgendwelche architektonischen Sehenswürdigkeiten zeigst, als wärst du ein Baedeker -Reiseführer! Stattdessen wünsche ich mir, dass du schrecklich verrückte, lustige Dinge sagst und Lieder aus dem Stegreif erfindest und wieder der …« Der Will bist, in den ich mich verliebt habe, hätte sie beinahe gesagt. »… wieder Will bist«, beendete sie ihren Satz stattdessen. »Denn sonst vergesse ich mich noch und verprügle dich mit meinem Regenschirm.«
    »Ich versuche doch nur, dir den Hof zu machen«, erwiderte Will verzweifelt. »Und zwar anständig. Darum geht es hier doch. Wusstest du das denn nicht?«
    »Mr Rochester hat Jane Eyre nie umworben«, bemerkte Tessa spitz.
    »Nein, er hat sich als Frau verkleidet und dem armen Mädchen einen furchtbaren Schrecken eingejagt. Ist es das, was du willst?«
    »Du würdest eine sehr hässliche Frau abgeben.«
    »Das würde ich nicht. Ich wäre geradezu hinreißend!«
    Tessa lachte. »Na also, da ist er ja wieder, der alte Will. Ist das nicht viel besser?«
    »Ich bin mir nicht ganz sicher«, meinte Will und musterte sie argwöhnisch. »Ich traue mich nicht, darauf zu antworten. Denn mir wurde gesagt, wenn ich etwas Falsches erwidere, weckt das in amerikanischen Frauen den Wunsch, mich mit ihrem Regenschirm zu schlagen.«
    Erneut brach Tessa in Gelächter aus. Und dann mussten sie beide kichern und ihr unterdrücktes Lachen hallte von den Wänden der Flüstergalerie zurück. Danach hatte sich ihr Verhalten deutlich entspannt und Will hatte ihr ein strahlendes, aufrichtiges Lächeln geschenkt, als er ihr im Innenhof des Instituts aus der Kutsche half.
    Später am Abend hatte es leise an Tessas Tür geklopft, und als sie nachschaute, hatte sie niemanden im Flur vorgefunden – nur ein Buch, das auf dem Boden vor ihrer Tür lag.

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