Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
und werde Tessa Herondale. Oder Tessa Gray oder wie auch immer du dich nennen willst. Aber heirate mich und bleib bei mir und geh niemals fort, denn ich könnte keinen weiteren Tag in meinem Leben ertragen, in dem du nicht bei mir bist.«
Der Schnee wirbelte leise um sie herum, weiß und kalt und perfekt. Die Wolkendecke war aufgerissen und in den Lücken konnte Tessa funkelnde Sterne sehen.
»Jem hat mir erzählt, was Ragnor Fell über meinen Vater gesagt hat«, fuhr Will fort. »Er hat gesagt, mein Vater habe nur eine einzige Frau geliebt. Für ihn kam nur sie infrage – sie und keine andere. Und genau das bist du für mich, Tessa. Ich liebe dich und ich werde dich immer lieben, bis in den Tod hinein …«
»Will!«
Er biss sich auf die Lippe. Auf seinen Haaren lag nun eine regelrechte Schneeschicht und dicke Flocken klebten an seinen Wimpern. »War das zu viel? Hab ich dir Angst eingejagt? Du weißt doch, wie ich mit Worten bin …«
»Oh ja, das weiß ich.«
»Ich erinnere mich an das, was du mir einmal gesagt hast«, sprudelte Will hervor. »Worte haben die Macht, uns zu verändern. Deine Worte haben mich verändert, Tess, sie haben mich zu einem besseren Menschen gemacht. Das Leben ist ein Buch und es enthält Tausende Seiten, die ich noch nicht gelesen habe. Ich möchte sie gern mit dir zusammen lesen, so viele wie nur möglich, bevor ich sterbe …«
Tessa legte die Hand auf Wills Brust, direkt über seinem Herzen, und spürte seinen Puls an ihrer Handfläche – ein einzigartiger, unvergleichlicher Rhythmus. »Ich wünschte nur, du würdest nicht ständig vom Sterben reden«, sagte sie. »Aber davon abgesehen: Ja, ich weiß, wie du mit Worten bist – und ich liebe sie alle, Will. Jedes Wort, das du sagst. Die albernen, die verrückten, die wunderschönen und die Worte, die nur für mich bestimmt sind. Ich liebe sie, Will, und ich liebe dich.«
Will setzte zu einer Antwort an, doch Tessa legte ihm eine Hand auf den Mund.
»Ich liebe deine Worte, mein lieber Will, aber halte sie noch einen Moment zurück«, fuhr Tessa fort und sah ihm lächelnd in die Augen. »Denk bitte einmal an all die Worte, die ich die ganze Zeit zurückhalten musste, während ich nicht wusste, was deine Absichten waren. Als du zu mir in den Salon gekommen bist und mir deine Liebe erklärt hast, da musste ich dich fortschicken, und das war das Grausamste, zu dem ich mich jemals überwinden musste. Du hast gesagt, du würdest die Worte lieben, die mir aus dem Herzen gekommen sind, das Abbild meiner Seele. Ich erinnere mich genau – ich erinnere mich an jedes Wort, das du seit dem damaligen Tag gesagt hast, bis heute. Und ich werde kein einziges vergessen. Es gibt noch so viele Worte, die ich dir sagen möchte, und so viele, die ich von dir hören möchte. Ich hoffe, wir werden unser ganzes Leben haben, um sie uns gegenseitig zu sagen.«
»Dann wirst du mich also heiraten?«, fragte Will mit einem benommenen Ausdruck in den Augen, als könnte er sein Glück noch gar nicht fassen.
»Ja«, sagte Tessa – das letzte, einfachste und wichtigste Wort von allen.
Und Will, der sonst nie um ein Wort verlegen war, öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Statt einer Antwort zog er sie stumm an sich. Tessas Stola fiel auf die Stufen, aber Wills Arme hielten sie warm und sein Mund streifte heiß über ihre Lippen, als er den Kopf senkte, um sie zu küssen. Er schmeckte nach Schneeflocken und Wein, wie Winter und Will und London. Seine Lippen lagen sanft auf ihren, seine Hände schoben sich in ihre Haare und verstreuten weiße Beeren auf die Steintreppe. Tessa hielt Will umschlungen, ließ ihn nicht mehr los, während der Schnee um sie herumwirbelte. Durch die Fenster des Ballsaals drang der gedämpfte Klang von Musik und Tessa konnte die Instrumente hören: das Klavier, das Cello und darüber die lieblichen, feierlichen Klänge der Geige, die wie Funken zum Himmel aufstiegen.
»Ich kann gar nicht fassen, dass wir wirklich nach Hause zurückkehren«, sagte Cecily. Sie hatte die Hände vor sich verschränkt, hüpfte in ihren weißen Lederstiefelchen aufgeregt auf und ab und bildete mit ihrem roten Wintermantel den einzigen Farbtupfer in der dunklen Krypta – abgesehen vom Portal, das strahlend und silbern an der Rückwand des Raumes leuchtete.
Durch die Öffnung hindurch konnte Tessa einen blauen Himmel erkennen, wie in einem Traum, und schneebedeckte Hügel, während der Himmel über London wieder einmal grau war. Will stand an
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