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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zweiten
    Frankreich betreten! Sieh, diese schöne Phrase allein ist
    schon das Geld wert, Marcel . . . Und dann . . . wer weiß?«
    »Was willst du damit sagen, Jean?«
    »Was man gewöhnlich damit sagt, nichts weiter . . .«
    Nun, Marcel Lornans ergab sich ohne langes Zureden. Es
    wurde beschlossen, daß die beiden Vettern mit dem Emp-
    fehlungsschreiben des alten Schwadronsführers an seinen
    Freund den Oberst der 7. Jäger in der Tasche, nach Oran
    reisen wollten. Dort angelangt, wollten sie sich die Sache
    aus der Nähe ansehen, und der Rittmeister Beauregard
    zweifelte gar nicht, daß ihre Entscheidung sich mit seinen
    Ratschlägen decken würde.
    Änderten sie, wenn die Stunde zur Unterzeichnung des
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    Dienstvertrags herangekommen war, ihre Entschließung,
    so stand es ihnen frei, nach Paris zurückzukehren und sich
    einer anderen Laufbahn zuzuwenden. Doch selbst in dem
    Fall, daß ihre Reise nutzlos wäre, meinte Jean Taconnat
    doch, daß sie eine »zirkuläre« werden müsse. Was er un-
    ter diesem Wort verstand, war Marcel Lornans freilich nicht
    sofort klar.
    »Ich verstehe darunter«, fuhr jener deshalb fort, »daß
    wir gut daran tun würden, uns bei dieser Gelegenheit das
    Land anzusehen.«
    »Und wie?«
    »Indem wir für Hin- und Rückreise verschiedene Wege
    wählen, das wird nicht viel mehr kosten, aber sehr viel an-
    genehmer sein. Wenn wir uns zum Beispiel von Cette nach
    Oran einschifften und von da nach Algier gingen, um dann
    einen Dampfer nach Marseille zu benutzen . . .«
    »Das wäre ein Gedanke!«
    »Ein vortrefflicher, sag’ ich dir, Marcel! Ja, es sind die
    sieben Weisen Griechenlands, die durch meinen Mund
    sprechen!«
    Marcel Lornans konnte einem Entschluß, der so unzwei-
    deutig durch die größten Geister des Altertums gutgehei-
    ßen war, nicht entgegentreten, und so kam es denn, daß
    sich die beiden Vettern heute, am 27. April, an Bord der
    ›Argèlès‹ befanden.
    Marcel Lornans zählte jetzt 22 Jahre, Jean Taconnat nur
    einige Monate weniger. Der erstere, von übermittlerem
    Wuchs, war größer als der zweite – der Unterschied betrug
    — 42 —
    jedoch nur 2 bis 3 Zentimeter –, doch von eleganter Hal-
    tung und recht angenehmen Gesichtszügen. Dazu hatte er
    etwas verschleierte, ungemein sanft blickende Augen und
    einen blonden Bart, den er aber ohne Widerspruch den
    dienstlichen Vorschriften zu opfern bereit war.
    Wenn Jean Taconnat die äußeren Eigenschaften seines
    Vetters nicht besaß und nicht als das erschien, was man im
    Mittelstand einen »schönen Kavalier« zu nennen liebt, so
    darf man nicht glauben, daß er einen unangenehmen Ein-
    druck gemacht hätte. Er war ziemlich stark gebräunt, hatte
    einen tüchtigen Schnurrbart, sprechenden Ausdruck, Au-
    gen von großer Lebhaftigkeit, graziöse Haltung und im gan-
    zen das Aussehen eines guten Jungen.
    Der Leser kennt nun die beiden jungen Leute körperlich
    und geistig. Jetzt haben sie sich auf eine Reise begeben, die
    an sich nicht außergewöhnlich ist. Sie sind einfach Passa-
    giere der ersten Kajüte auf einem nach Oran bestimmten
    Dampfboot. Sollten sie sich nach der Ankunft in Kavaliere
    2. Klasse bei den 7. Afrikanischen Jägern verwandeln?
    »Wer weiß?« hatte Jean Taconnat als weltkluger Mann
    gesagt, der da weiß, daß der Zufall im menschlichen Schick-
    sal eine hervorragende Rolle spielt.
    Die seit 25 Minuten in Fahrt befindliche ›Argèlès‹ hatte
    ihre volle Geschwindigkeit noch nicht entwickelt. Der Wel-
    lenbrecher lag bereits 1 Seemeile hinter ihr und sie war
    schon im Begriff, nach Südwesten hin zu wenden.
    Doktor Bruno befand sich eben wieder auf dem Deck,
    hatte das Fernrohr in der Hand und richtete es nach dem
    — 43 —
    Hafen zu auf einen sich bewegenden Gegenstand, der
    schwarze Rauch- und weiße Dampfwolken ausstieß.
    Diesen Gegenstand einige Sekunden zu beobachten, ei-
    nen Schrei der Überraschung auszustoßen, die Leiter nach
    der Kommandobrücke, wo sich Kapitän Bugarach befand,
    hinaufzukriechen, diesen mit halb erstickter, aber drängen-
    der Stimme anzurufen und ihm das Fernrohr in die Hand
    zu drücken, das war für Doktor Bruno das Werk einer Mi-
    nute.
    »Kapitän, sehen Sie dort!« rief er und zeigte nach dem
    Gegenstand, der näher herankommend immer größer
    wurde.
    Der Führer des Dampfers blickte hinaus.
    »Nun ja, das ist eine Dampfbarkasse«, antwortete er.
    »Mir scheint es aber, als ob diese Schaluppe uns einzu-
    holen versuchte«, fügte Doktor Bruno

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