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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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guten Provinzialstadt

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    nicht gerade selten. Stelle man sich in ihm einen Mann von
    Mittelgröße mit breiten Schultern vor, der einen so kräf-
    tigen Körperbau aufwies, daß das Muskelsystem das Ner-
    vensystem beherrschte. Letzteres befand sich übrigens im
    Zustand vollkommener Eusthenie – das heißt für die, die
    ihr Griechisch vergessen haben, im vollständigen Gleich-
    gewicht der Kräfte. Außerdem hatte er einen runden Kopf,
    kurzes graumeliertes Haar, einen braunen, fächerförmigen
    Bart, lebhaften Blick, einen großen Mund mit prächtigen
    Zähnen, sicheren Tritt und geschickte Hand, war moralisch
    und physisch gut abgehärtet, ein guter Junge trotz etwas be-
    fehlshaberischen Wesens, von guter Laune, unversieglicher
    Redseligkeit, sehr entschlossen und schnell im Handeln,
    kurz, ein Südländer, soweit ein Individuum es sein kann,
    dessen Wiege nicht in der Provence selbst stand, in der Pro-
    vinz, worin der ganze Süden Frankreichs sich konzentriert
    und völlig aufgeht.
    Dieser Dardentor war Junggeselle, und in der Tat hätte
    man sich einen Mann wie ihn auch gar nicht als vom Ehe-
    joch gefesselt vorstellen können, ebensowenig wie es je-
    mand in den Sinn kam, daß ihm je ein Honigmond ge-
    schienen hätte. Nicht, daß er sich misogyn gezeigt hätte – er
    befand sich sogar sehr gern in Gesellschaft von Frauen –,
    doch misogam war er im höchsten Grad. Dieser Ehefeind
    begriff nicht, daß ein an Leib und Seele gesunder und ernst-
    lich beschäftigter Mann Zeit finden könne, an dergleichen
    zu denken. Die Ehe! Er wollte von so etwas nichts wissen,
    ob sie nun aus Neigung, gesellschaftlichen oder pekuniären
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    Rücksichten, aus Vernunft, ob sie mit oder ohne Güterge-
    meinschaft oder aus sonst welchen hienieden geltend ge-
    machten Gründen geschlossen würde.
    Deshalb, weil einer Junggeselle geblieben war, darf man
    nicht schließen, daß er in Müßiggang dahingelebt hätte.
    Das wäre wenigstens Clovis Dardentor gegenüber ein Fehl-
    schluß gewesen. Wenn er seine schönen 2 Millionen besaß,
    so verdankte er sie weder einer Mitgift noch etwaigen Erb-
    schaften. Nein, er hatte sie rein durch seine Arbeit erwor-
    ben. Als Teilnehmer an verschiedenen Handels- und Ge-
    werbegesellschaften, wie Gerbereien, Marmorschleifereien,
    Korkenfabriken und an den Weinkulturen von Rivesaltes,
    hatte er von jeher beträchtliche Einkünfte bezogen. Den
    größten Teil seiner Zeit und Intelligenz hatte er aber der in
    der Umgebung so mächtig entwickelten Küferei gewidmet.
    Nach Anhäufung eines hübschen Vermögens und Siche-
    rung einer guten Rente zog er sich zwar schon mit 40 Jahren
    von den Geschäften zurück, verschmähte es nachher aber,
    nur der filzige Hüter toter Schätze zu sein. Ins Privatleben
    zurückgekehrt, lebte er seinem Vermögen entsprechend
    und machte gern Reisen, besonders nach Paris, wo er sich
    oft aufhielt. Mit strotzender Gesundheit begnadigt, erfreute
    er sich eines Magens, um den ihn der Stelzvogel des süd-
    lichen Afrika, der wegen des seinen so berühmt ist, noch
    hätte beneiden können.
    Die Familie unseres Perpignanesers beschränkte sich
    auf ihn allein. Die lange Reihe seiner Ahnen sollte mit ihm
    enden. Er hatte keine Verwandten in aufsteigender oder in
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    absteigender Linie, auch keinen Seitenverwandten – oder
    höchstens solche im 26. oder 27. Glied, weil alle Franzosen,
    wie die Statistiker behaupten, in diesem Grad miteinander
    verwandt sind, wenn man dafür nur bis zur Zeit Franz I.
    zurückgreift. Um solche Seitenverwandte brauchte er sich
    natürlich nicht zu kümmern. Übrigens hat ja jeder Mensch,
    wenn man bis zum Beginn der christlichen Zeitrechnung
    zurückgeht, 139 Billiarden Ahnen . . . keinen mehr und kei-
    nen weniger.
    Clovis Dardentor bildete sich darauf übrigens gar nichts
    ein. Wenn er sich auch so ohne Familie sah, wie sonst nur
    einer dastehen kann, so sah er darin doch gar nichts Unge-
    höriges, da er nie daran gedacht hatte, sich eine solche auf
    irgendeinem der aller Welt zugängigen Wege zu begründen.
    Kurz, er war jetzt nach Oran eingeschifft, und wir wollen
    ihm wünschen, daß er in dem Hauptort der großen algeri-
    schen Provinz auch heil und gesund eintreffen möge.
    Einen der Hauptgründe, daß der ›Argèlès‹ eine günstige
    Fahrt beschieden sein mußte, bildete der Umstand, daß der
    Perpignaneser an Bord weilte. Bisher hatte er, wenn er nach
    Algerien ging – das Land gefiel ihm

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