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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ausnehmend –, stets den
    Weg über Marseille gewählt; heute war es das erste Mal, daß
    er der Linie von Cette aus den Vorzug gab. Da er nun einem
    dieser Dampfer die Ehre erwiesen hatte, ihm den Transport
    seiner werten Person anzuvertrauen, war es geradezu not-
    wendig, daß diese Seefahrt seine Erwartungen befriedigte,
    mit anderen Worten, ihn nach kurzer und glücklicher Reise
    heil und gesund im Bestimmungshafen absetzte.
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    Kaum mit einem Fuß auf dem Verdeck, drehte sich Clo-
    vis Dardentor nach seinem Diener um.
    »Patrice, sieh zu, daß mir Kabine 13 gesichert bleibt!«
    »Sie wissen ja, Herr Dardentor, daß diese telegrafisch be-
    stellt war; darum brauchen Sie sich also keine Sorge zu ma-
    chen.«
    »Nun, dann schaff meine Reisetasche hinunter und re-
    servier mir auch einen möglichst guten Platz bei Tisch . . .
    nicht zu weit vom Kapitän. Ich habe schon Hunger in den
    Klauen!«
    Dieser Ausdruck erschien Patrice offenbar nicht wohl-
    anständig genug und er hätte es vielleicht vorgezogen, von
    seinem Herrn dafür etwa »in den Fersen« zu hören, denn er
    verzog recht mißbilligend die Lippen. Jedenfalls trottete er
    dem Befehl entsprechend davon.
    Im selben Augenblick gewahrte Clovis Dardentor den
    Befehlshaber der ›Argèlès‹, der eben die Kommandobrücke
    verlassen hatte, und er trat ohne Umstände auf ihn zu.
    »He, he, Kapitän«, rief er ungeniert, »wie kam es, daß Sie
    nicht Gelduld genug hatten, auf einen verspäteten Passagier
    zu warten? Ihren Dampfer juckte es wohl in den Fingern,
    sich mit seiner Schraube zu kratzen?«
    Diese Metapher war nicht gerade seemännischer Art,
    Clovis Dardentor war aber auch kein Seemann, und in sei-
    ner bildlichen Ausdrucksweise sagte er seine Ansicht so, wie
    es ihm in den Mund kam, manchmal in abscheulich pomp-
    hafter und manchmal in bedauerlich vulgärer Redeweise.
    »Mein Herr«, erwiderte Kapitän Bugarach, »wir fahren

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    genau zur bestimmten Zeit ab und die Vorschriften der Ge-
    sellschaft gestatten uns nicht, zu warten . . .«
    »Oh, ich bin Ihnen darum auch gar nicht böse!« ant-
    wortete Clovis Dardentor, indem er dem Kapitän die Hand
    bot.»Ich Ihnen auch nicht, obwohl Sie mich zwangen zu
    stoppen . . .«
    »Nun gut, so stoppen wir hiermit!« unterbrach ihn der
    Perpignaneser.
    Dabei schüttelte er dem Kapitän die Hand so kräftig wie
    ein alter Faßbinder, der Reifenzieher und Schneideisen ge-
    handhabt hat.
    »Wissen Sie übrigens«, fügte er hinzu, »wenn meine
    Schaluppe Ihr Schiff nicht hätte einholen können, wär’ ich
    damit bis Algerien gefahren . . . na, und wenn ich diese Scha-
    luppe nicht hätte auftreiben können, wär’ ich einfach ins
    Wasser gesprungen und Ihnen nachgeschwommen! Ja, das
    ist so nun einmal meine Art, bester Kapitän Bugarach!«
    In der Tat, so war Clovis Dardentor, und die beiden jun-
    gen Leute, die diesem Original mit Vergnügen zuhörten,
    wurden jetzt von ihm mit einem Gruß beehrt, den sie lä-
    chelnd erwiderten.
    »Ein nettes Kerlchen!« murmelte Jean Taconnat.
    In diesem Augenblick drehte die ›Argèlès‹ um ein Viertel
    und stellte sich in die Richtung nach dem Kap Agde ein.
    »Ach, Kapitän Bugarach, eine Frage von höchster Bedeu-
    tung!« ergriff Clovis Dardentor noch einmal das Wort.
    »Bitte, sprechen Sie.«
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    »Um wieviel Uhr wird hier gespeist?«
    »Um 5 Uhr.«
    »Also in 45 Minuten. Eher nicht . . . aber ja nicht spä-
    ter!«
    Clovis Dardentor machte eine Pirouette nach einem
    Blick auf seine kostbare Repetieruhr, die an schwerer Gold-
    kette im Knopfloch seiner Weste aus gutem Diagonal mit
    großen Metallknöpfen befestigt war.
    Entschieden hatte dieser Perpignanese, um einen durch
    sein ganzes Auftreten gerechtfertigten Ausdruck anzuwen-
    den, »viel Chic«, wie er so mit dem weichen Filzhut mehr
    nach dem rechten Ohr, mit seinem karierten Mac-Farlane,
    dem Feldstecher am Riemen, mit der Reisedecke, die über
    die Schulter bis zur Taille hinunterhing, den Pluderknieho-
    sen, den Gamaschen mit kupfernen Schnallen und mit den
    doppelsohligen Jagdstiefeletten dastand.
    Und wiederum erschallte seine scharfe, durchdringende
    Stimme.
    »Wenn ich die Abfahrt versäumt hatte, die Mittagstafel
    verfehle ich nicht, lieber Kapitän, und wenn Ihr Schiffskoch
    seine Sache gut gemacht hat, werden Sie mich nach Gebühr
    kauen sehen . . .«
    Plötzlich wandte sich sein Redefluß, den bisherigen Kurs
    aufgebend, einer anderen Person zu.
    Herr

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