Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
zart rosafarbenem
    Lachs gleiten ließ, die Herr Oriental wohl übersehen hatte.
    Der angedeutete »Kniff« aber besteht einfach in folgen-
    dem:
    Es gibt Kapitäne – beileibe nicht alle –, doch es scheint
    welche zu geben, die zu sehr durchsichtigem Zweck die
    Richtung ihres Schiffes gerade beim Beginn der Tafel et-
    was ändern lassen . . . oh, nur durch ein leichtes Umlegen
    des Steuers, mehr ist nicht erforderlich. Kann man ihnen
    deshalb wirklich einen Vorwurf machen? Ist es denn ver-
    boten, ein Fahrzeug gerade gegen den Seegang einzustellen
    — 66 —
    und obendrein nur für eine Viertelstunde? Ist es ein Ver-
    brechen, mit dem Rollen und Stampfen zu spielen, um eine
    Ersparnis an den Kosten der Tafel zu erreichen?
    Übrigens dauerte die Unruhe der Teller und Schüsseln
    nicht über Gebühr lange an. Die Hinausgemaßregelten
    fühlten sich aber nicht versucht, ihre Plätze am gemein-
    samen Tisch wieder einzunehmen, obgleich der Dampfer
    wieder einen ruhigeren und, sagen wir, ehrbareren Gang
    angenommen hatte.
    Das bis auf einige ausgewählte Tischgäste reduzierte
    Dinner konnte also unter den günstigsten Verhältnissen
    fortgesetzt werden, ohne daß sich jemand um die Unglück-
    lichen kümmerte, die aus dem Speisesalon vertrieben waren
    und jetzt auf dem Verdeck ebenso verschiedene wie bekla-
    genswerte Stellungen und Lagen einnahmen.
    4. KAPITEL
    Worin Clovis Dardentor Dinge ausspricht,
    die sich Jean Taconnat zunutze zu machen gedenkt
    »Welche Lücken an unserem Tisch, lieber Kapitän«, rief
    Clovis Dardentor, während der Oberkellner das Herumge-
    hen der Schüsseln überwachte, ohne dabei seine gewohnte
    Würde abzulegen.
    »Vielleicht ist zu erwarten, daß die Lücken sich noch
    vermehren, wenn wir noch gröbere See bekommen«, be-
    merkte Marcel Lornans.
    — 67 —
    »Gröbere? . . . Ein Meer aus Öl!« entgegnete Kapitän Bu-
    garach. »Die ›Argèlès‹ war nur in eine Gegenströmung ge-
    raten, wo etwas stärkere Wellen standen. Das kommt zu-
    weilen vor.«
    »Meist zur Zeit des Frühstücks und des Mittagessens«,
    bemerkte Jean Taconnat mit dem ernsthaftesten Gesicht
    von der Welt.
    »In der Tat«, fügte Clovis Dardentor so hingeworfen
    hinzu, »das hab’ ich auch schon bemerkt, und wenn die ver-
    teufelten Seefahrtsgesellschaften dabei ihr Pfeifchen schnei-
    den . . .«
    »Könnten Sie so etwas glauben?« rief Doktor Bruno.
    »Ich glaube nur eines«, erwiderte ihm Clovis Darden-
    tor, »daß ich mir deshalb noch keinen Bissen habe entge-
    hen lassen, und wenn auch kein Mensch mehr an der Tafel
    bleibt . . .«
    »Sie halten daran aus!« vervollständigte Jean Taconnat
    seine Worte.
    »Wie Sie sagen, Herr Taconnat.«
    Unser Perpignaneser nannte ihn schon beim Namen, als
    wären sie bereits seit 48 Stunden miteinander bekannt.
    »Es wäre indes möglich«, ergriff jetzt Marcel Lornans das
    Wort, »daß sich einzelne unserer Tischgenossen wieder hier
    einfänden . . . Das Schiff rollt jetzt bedeutend weniger . . .«
    »Das sagte ich ja vorher«, bestätigte Kapitän Bugarach,
    »es war nur vorübergehend . . . wohl nur die Folge einer
    Nachlässigkeit des Steuermanns . . . Herr Oberkellner, sehen
    Sie doch nach, ob unter den anderen Herrschaften . . .«
    — 68 —
    »Unter anderem dein armes Väterchen, Agathokles!« be-
    merkte Clovis Dardentor.
    Der jüngere Désirandelle schüttelte jedoch den Kopf; er
    wußte recht gut, daß der Urheber seiner Tage in den Spei-
    sesalon nicht zurückzurufen sein werde, und so verlor er
    darüber keine Worte.
    Der Oberkellner wandte sich, von der Nutzlosigkeit des
    Versuchs im voraus überzeugt, der Tür zu. Hat ein Passa-
    gier die Tafel erst einmal verlassen, dann ist es, selbst wenn
    die Ursache davon weggefallen war, sehr selten, daß er sich
    entschließt, wieder daran zu erscheinen. Auch hier füllten
    sich die Lücken am Tisch nicht wieder, worüber sich der
    würdige Kapitän und der vortreffliche Doktor sehr betrübt
    zu erscheinen bemühten.
    Eine leichte Ruderwendung hatte den Dampfer wieder
    in den richtigen Kurs gebracht; der Seegang traf ihn nicht
    mehr von vorn und das schwache Dutzend von Tischgäs-
    ten, die nicht davongelaufen waren, hatte nun Ruhe.
    Es ist übrigens besser, wenn nicht zu viele bei Tisch sit-
    zen, wie Clovis Dardentor behauptete. Die Bedienung ge-
    winnt dadurch ebenso wie die Vertraulichkeit, und die Un-
    terhaltung wird mehr allgemein.
    Das traf denn auch hier ein. Der Held unserer Geschichte
    führte dabei

Weitere Kostenlose Bücher