Clovis Dardentor
der
›Argèlès‹; nimm einmal an, Herr Dardentor fiele ins Was-
ser . . .«
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»Oh, du wirst ihn doch nicht über Bord werfen wollen
. . .«»Nun, nehmen wir an, er fiele hinein ... Du und ich, wir
springen ihm nach wie ein heroischer Neufundländer, er
wird durch besagten Neufundländer gerettet und er macht
aus besagtem Neufundländer einen Hund . . . nein . . . ein
Adoptivkind . . .«
»Du hast gut reden, Jean, du kannst schwimmen, ich
kann es nicht, und wenn ich nur diese Gelegenheit finde,
den vortrefflichen Herrn zu retten . . .«
»Ganz richtig, Marcel. Ich werde meine Sache auf dem
Meer machen, du die deine auf dem Land. Über eines wol-
len wir uns aber im voraus verständigen: Wenn du Marcel
Dardentor wirst, werde ich nicht eifersüchtig sein; fiele mir
aber dieser prächtige Name zu . . . wenn nicht uns beiden
. . .«»Darauf mag ich dir gar nicht antworten, mein armer
Jean!«
»Ich erlasse dir’s auch unter der Bedingung, daß du mich
schalten und walten läßt, mir keine Hindernisse bereitest
. . .«»Was mich beunruhigt, Jean«, unterbrach ihn Marcel
Lornans, »ist allein, daß du diesen Zwiebelzopf von Torhei-
ten mit einem an dir ganz ungewöhnlichen Ernst abhaspelst
. . .«»Weil die Sache höchst ernsthaft ist. Übrigens beruhige
dich nur, ich werde die Geschichte von der lustigen Seite
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her anfassen, und wenn ich scheitere . . . na, da blas’ ich mir
das Gehirn auch noch nicht aus dem Schädel.«
»Hast du denn noch welches darin?«
»Oh . . . noch ein paar Gramm!«
»Ich wiederhole dir, du bist verrückt!«
»Sapperment!«
In dieser Weise setzten die beiden noch eine Zeitlang ihr
Gespräch fort, dem Marcel Lornans im Grunde gar keine
Bedeutung zumessen wollte, rauchten dabei ihre Zigarren
und wanderten auf dem Deck hin und her.
Als sie sich dabei einmal dem Bug näherten, erblickten
sie den Diener Clovis Dardentors, der unbeweglich in sei-
ner einwandfrei korrekten Reiselivree neben dem Überbau
der Maschine stand.
Was machte er da und worauf wartete er, ohne das ge-
ringste Zeichen von Ungeduld? Er wartete auf das Erwa-
chen seines Herrn. So war dieses Original im Dienst des
Herrn Clovis Dardentor . . . ein Original, nicht weniger als
dieser selbst. Doch welcher Unterschied des Temperaments
und Charakters zwischen den beiden Persönlichkeiten.
Patrice . . . so lautete sein Name, obwohl er nicht schot-
tischer Herkunft war, und er verdiente diesen Namen, der
von den Patriziern des alten Rom abgeleitet ist.
Es war ein Mann von 40 Jahren und so comme il faut wie
nur möglich. Seine vornehmen Manieren kontrastierten
stark gegen das Sichgehenlassen des Perpignanesers, dem
zu dienen er das Glück und das Unglück hatte. Die Züge
seines glatten, stets frisch rasierten Gesichts, die etwas ab-
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fallende Stirn, sein Blick, worin sich ein gewisser Stolz aus-
drückte, sein Mund mit halbgeschlossenen Lippen, die zwei
Reihen schöner Zähne sehen ließen, sein blondes, sorgfäl-
tig geordnetes Haar, seine gemessene Stimme und sein gan-
zes vornehmes Äußere gestatteten, ihn dem Typus zuzuzäh-
len, der nach den Physiologen die »länglich-runden Köpfe«
umfaßt. Er glich fast einem Mitglied des englischen Ober-
hauses. Jetzt seit 15 Jahren in seiner Stellung, hatte er diese
schon viele Male aufgeben wollen. Umgekehrt hatte Clovis
Dardentor nicht minder häufig Lust gehabt, ihm die Tür zu
weisen. In Wahrheit konnten sie einander aber nicht ent-
raten, obgleich man sich kaum zwei noch verschiedenere
Naturen vorstellen kann. Was Patrice an das Haus in Perpig-
nan fesselte, das war nicht sein übrigens recht hoher Lohn,
sondern die Gewißheit, daß er sich des unbedingten und
auch wohlverdienten Vertrauens seines Herrn erfreute. Wie
schwer fühlte sich Patrice aber in seiner Eigenliebe verletzt,
wenn er die Vertraulichkeit, die Redseligkeit, die südländi-
sche Überschwenglichkeit seines Herrn mit ansehen mußte!
In seinen Augen fehlte es Herrn Dardentor an Anstand. Er
verleugnete die Würde, deren Bewahrung seine soziale Stel-
lung ihm auferlegte. In seiner Art des Grüßens, des sich
Vorstellens und des Ausdrucks schlug ihn immer wieder
der alte Tonnenbinder in den Nacken. Kurz, es fehlten ihm
alle guten Manieren, die er sich freilich beim Zusammen-
zimmern und Bereifen Tausender von Fässern nicht hatte
aneignen können. Patrice nahm sich auch gar kein Blatt vor
den Mund, das
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