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Clovis Dardentor

Clovis Dardentor

Titel: Clovis Dardentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Marcel
    Lornans hinzu.
    »Sie!« rief Jean Taconnat. »Gott verzeih’ es mir, wenn
    ich, um das zu verhüten, meinem Schwur, niemals zu heira-
    ten, selbst untreu würde!«
    Ja, Jean Taconnat hatte sich das geschworen . . . er redete
    sich’s wenigstens ein. Das war so ein leicht getaner Jugend-
    schwur – ebensoviel wert, wie manche andere, die auch
    nicht gehalten werden. Wir bemerken hier übrigens, daß
    Marcel Lornans sich keinen solchen Eid geleistet hatte. Dar-
    auf kam es indes eigentlich nicht an. Beide waren ja nach
    Oran gereist, um bei den 7. Afrikanischen Jägern einzutre-
    ten und nicht, um Fräulein Louise Elissane zu heiraten.
    Wir fügen hier noch ein, um nicht wieder darauf zurück-
    zukommen, daß die Fahrt der ›Argèlès‹ zwischen Palma und
    Oran unter den denkbar günstigsten Umständen vonstatten
    gegangen war. Ein Meer aus Öl, wie man sagt, so daß man
    glauben konnte, alles Öl der Provence wäre darauf ausge-
    gossen worden, eine leichte Nordwestbrise, die den Damp-
    fer von der Backbordseite her traf, so daß man ihn mit den
    dreieckigen, den Klüversegeln und der Brigantine vor dem
    Schwanken bewahren konnte. Keine Welle war während der
    23stündigen Seefahrt auf das Deck geschlagen, und seit der
    Abfahrt von Palma hatten fast alle Passagiere ihre Plätze
    an der gemeinsamen Tafel eingenommen, so daß sich die
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    Schiffsküche heimlich über die ungewöhnliche Zahl der
    Tischgäste beklagen mochte.
    Herrn Oriental hatten die auf neapolitanische Art zu-
    bereiteten Forellen köstlich geschmeckt, und an den Enci-
    madas hatte er sich mit dem Behagen des professionellen
    Gourmands aufs beste gelabt.
    Alle Welt war in Oran also gesund eingetroffen, selbst
    Frau Désirandelle, die bis zu den Balearen so arg zu leiden
    gehabt hatte.
    Obgleich nun Herr Désirandelle im zweiten Teil der
    Fahrt sein physisches und moralisches Gleichgewicht wie-
    dererlangte, hatte er mit den beiden Parisern doch keine
    nähere Bekanntschaft gemacht. Die beiden jungen Leute
    ließen ihn gleichgültig. Trotz ihrer geistigen Veranlagung,
    die ihm sozusagen von schlechtem Beigeschmack zu sein
    schien, standen sie seinem Urteil nach entschieden unter
    seinem Agathokles. Dardentor mochte getrost den Verkehr
    mit ihnen angenehm und ihre Unterhaltung anregend fin-
    den . . . mit der Landung der ›Argèlès‹ würde das ja sowieso
    zu Ende sein.
    Unter diesen Umständen kam es Herrn Désirandelle na-
    türlich nicht in den Sinn, Frau Elissane und ihrer Tochter
    die beiden Vettern vorzustellen. Mit der Ungeniertheit des
    Südländers und bei der Gewohnheit, seiner ersten Einge-
    bung zu folgen, zögerte Clovis Dardentor dagegen nicht,
    das selbst zu tun.
    »Herr Marcel Lornans und Herr Jean Taconnat, beide
    aus Paris«, sagte er, »zwei junge Freunde, für die ich eine
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    lebhafte, von ihnen erwiderte Teilnahme empfinde, wäh-
    rend ich auch die Hoffnung hege, daß unsere Freundschaft
    diese kurze Überfahrt überdauern werde.«
    Wie ganz anders zeigte sich dieser Perpignaneser doch
    zuweilen. Hier gab er seinen Gefühlen in wohlgesetzter
    Rede Ausdruck. Leider war Patrice nicht anwesend, um ihn
    zu hören.
    Die beiden jungen Leute verneigten sich vor Frau Elis-
    sane, die mit einem gemessenen Gruß dankte.
    »Madame«, sagte Marcel Lornans, »wir sind Herrn Dar-
    dentor für diese Aufmerksamkeit sehr verbunden. Wir hat-
    ten ja Gelegenheit, ihn nach Verdienst schätzen zu lernen.
    Auch wir glauben an die Fortdauer dieser . . .«
    »Väterlichen Freundschaft seinerseits und kindlichen
    Ergebenheit unsererseits!« schloß Jean Taconnat die Worte
    seines Vetters.
    Etwas verstimmt durch diese Höflichkeiten, blickte Frau
    Désirandelle nach ihrem Sohn, der den Mund noch nicht
    aufgemacht hatte. Frau Elissane, die zu den jungen Parisern
    vielleicht hätte sagen können, daß sie sie bei deren Verwei-
    len in Oran gern in ihrem Haus empfangen würde, tat das
    doch nicht, eine Rücksichtnahme, wofür ihr die Mutter des
    Agathokles heimlich dankte. Die beiden Damen mochten
    sich mit mütterlichem Instinkt wohl sagen, daß es ratsamer
    sei, gegenüber diesen Fremden einige Zurückhaltung zu be-
    wahren.
    Frau Elissane bemerkte dann zu Herrn Dardentor, daß
    bei ihr für ihn mit gedeckt sei und sie sich glücklich schät-
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    zen würde, ihn an diesem ersten Tag mit der Familie Dési-
    randelle als Tischgast zu sehen.
    »Gönnen Sie mir nur die Zeit, nach dem Hotel zu eilen«,
    antwortete der

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