Clovis Dardentor
Perpignaneser, »ein wenig Toilette zu ma-
chen und meine Joppe gegen einen schicklichen Anzug zu
vertauschen, so werde ich mich, geehrte Frau, mit Vergnü-
gen bei Ihnen einfinden.«
Clovis Dardentor, Jean Taconnat und Marcel Lornans
verabschiedeten sich hierauf vom Kapitän Bugarach und
Doktor Bruno. Wenn sie sich je wieder auf der ›Argèlès‹
einschiffen sollten, würde es ihnen die größte Befriedigung
gewähren, dem liebenswürdigen Doktor und dem aufmerk-
samen Kapitän dort wieder zu begegnen. Die beiden ant-
worteten, daß sie nur sehr selten so angenehme Passagiere
getroffen hätten, und so schieden alle vollbefriedigt von-
einander.
Herr Eustache Oriental hatte bereits, das Fernrohr im
Lederetui auf dem Rücken und die Reisetasche in der Hand,
den afrikanischen Boden betreten und folgte einem Mann,
der sein schweres Gepäck trug. Da er sich während der
Überfahrt stets abseits gehalten hatte, fiel es auch niemand
ein, ihn bei seinem Weggang zu grüßen.
Clovis Dardentor und die Pariser gingen ebenfalls an
Land und überließen es der Familie Désirandelle, sich
selbst um die Beförderung ihres Gepäcks nach dem Haus
in der Alten Schloßstraße zu kümmern. Dann bestiegen sie
zusammen einen mit ihren Reisetaschen beladenen Wagen
und fuhren nach einem vortrefflichen Hotel am Platz der
— 173 —
Republik, das ihnen Doktor Bruno angelegentlich emp-
fohlen hatte. Hier wurden Clovis Dardentor ein Salon, ein
Zimmer und ein Kabinett eingeräumt, während sich Marcel
Lornans und Jean Taconnat nach zwei Zimmern des oberen
Stockwerks mit den Fenstern nach dem Platz zu begaben.
Da fand es sich, daß auch Herr Oriental in demselben
Hotel abgestiegen war. Als seine Reisegesellschafter näm-
lich hier eintrafen, sahen sie ihn schon im Speisesaal sitzen
und die Karte prüfen, nach der er sich eine Mahlzeit bestel-
len wollte.
»Ein seltsamer Astronom!« bemerkte Jean Taconnat.
»Mich wundert nur, daß er zum Dinner nicht einen Eierku-
chen mit Sternenkompott oder eine Ente mit kleinen Plane-
ten verlangt!«
Eine halbe Stunde später trat Clovis Dardentor aus sei-
nem Zimmer, jetzt in gewählter Toilette, deren geringste
Einzelheiten Patrice sorgsam überwacht hatte.
Sobald er die beiden Vettern am Haustor traf, rief er:
»Na, meine jungen Freunde, da wären wir ja glücklich
nach Oran geschafft!«
»Geschafft, ja, das ist das richtige Wort«, meinte Jean Ta-
connat.
»Ich hoffe doch, Sie denken nicht daran, sich gleich
heute bei den 7. Jägern eintragen zu lassen . . .«
»Nun, Herr Dardentor, lange wird das nicht dauern«,
antwortete Marcel Lornans.
»Haben Sie es denn so eilig, in die blaue Jacke und in
— 174 —
die besetzte rote Hose zu kommen und die Dienstmütze auf
den Kopf zu stülpen?«
»Ja, wenn man sich einmal etwas vorgenommen hat . . .«
»Schon gut! Schon gut! Warten Sie wenigstens, bis wir
uns die Stadt und ihre Umgebung zusammen angesehen ha-
ben. Also auf morgen!«
»Auf Wiedersehen morgen!« sagte Jean Taconnat.
Clovis Dardentor ließ sich darauf zu Frau Elissane füh-
ren.»Ja, wie der liebenswürdige Mann sagte, da sind wir nun
in Oran!« wiederholte Marcel Lornans.
»Und wenn man irgendwo einmal ist«, fuhr Jean Ta-
connat fort, »so entsteht die Frage, was man dort beginnt.«
»Nun, ich dächte, Jean, diese Frage wäre schon längst ge-
löst. Wir haben unseren Dienstvertrag zu vollziehen . . .«
»Gewiß, Marcel . . . aber . . .«
»Wie, denkst du etwa gar noch an den Artikel 345 des
Zivilgesetzbuchs?«
»Welcher Artikel ist das?«
»Der, der von den Vorbedingungen einer Adoption han-
delt.«
»Wenn das der Artikel 345 ist«, antwortete Jean Ta-
connat, »ja, dann denk’ ich eben an diesen Artikel. Die Ge-
legenheit, die sich in Palma nicht bot, könnte sich doch in
Oran bieten . . .«
»Mit einer Aussicht weniger«, fiel Marcel Lornans ein.
»Du hast hier kein Wasser mehr zur Verfügung, mein armer
Jean, und mußt dir’s mit dem Feuer oder einem Kampf ge-
— 175 —
nug sein lassen! Sieh, wenn heute nacht das Hotel in Brand
geraten sollte, verspreche ich dir, daß ich zuerst dich zu ret-
ten und dann mich in Sicherheit zu bringen suchen werde
. . .«»Du bist doch ein wahrhafter Freund, Marcel.«
»Herr Dardentor scheint mir der Mann dazu zu sein,
sich schon selbst retten zu können. Er besitzt eine Kaltblü-
tigkeit erster Sorte . . . davon wissen wir zu erzählen . . .«
»Zugegeben, Marcel, das
Weitere Kostenlose Bücher