Club Dead
als Ihr Bruder!" stellte die Schwarzhaarige mit verschwörerischem Unterton fest.
„Das habe ich allerdings auch schon gedacht", sagte Janice. „Wissen Sie vielleicht irgend etwas, das ich nicht weiß?"
„Diese Debbie steht auf verrückte Sachen", teilte die Schwarzhaarige mit, wobei sie die Brauen hochzog, um ihren Worten tiefere Bedeutung zu verleihen.
„Worauf denn?" erkundigte ich mich neugierig und wagte in Erwartung der Dinge, die nun kommen mochten, kaum zu atmen. Konnte es angehen, daß diese Frau von Gestaltwandlern, von Werwölfen wußte? Mein Blick traf den Janices. Ich erkannte in ihren Augen dieselbe angespannte Wachsamkeit, die auch ich in diesem Moment verspürte.
Janice wußte Bescheid über ihren Bruder. Sie wußte von dessen Welt - und sie wußte, daß auch ich Bescheid wußte.
„Sie betet den Teufel an", erklärte die Schwarzhaarige gewichtig. „Hexerei und so!"
Mit offenen Mündern starrten Janice und ich im Frisierspiegel das Spiegelbild der Frau an und boten der Kundin somit haargenau die Reaktion, auf die sie gehofft hatte. Tief befriedigt nickte sie.
Nun sind Teufelsanbetung und Hexerei keineswegs Synonyme, aber ich hatte nicht vor, mich mit der Frau darüber zu streiten. Dafür war hier weder die rechte Zeit, noch der rechte Ort.
„Jawohl, die Damen, so habe ich es wenigstens gehört. Jedes Mal, wenn Vollmond ist, geht sie mit ein paar von ihren Freunden raus in die Wälder, und dann machen die irgend etwas. Niemand scheint genau zu wissen, was", mußte sie dann allerdings zugeben.
Janice und ich stießen beide gleichzeitig die Luft aus, die wir angehalten hatten.
„Ach du meine Güte!" murmelte ich schwach.
„Dann kann mein Bruder ja froh sein, daß er aus der Beziehung raus ist. Mit so etwas wollen wir nichts zu tun haben", verkündete Janice rechtschaffen.
„Natürlich nicht", pflichtete ich ihr bei.
Dabei sahen wir einander tunlichst nicht an.
Nach diesem kleinen Gedankenaustausch machte ich Anstalten zu gehen, aber Janice fragte mich, was ich am Abend anziehen wolle.
„Das Kleid, das ich für heute Abend mithabe, könnte man champagnerfarben nennen", sagte ich. „Eine Art Beige, glänzend."
„Dann geht das nicht mit den roten Nägeln", konstatierte Janice entschieden. „Corinne!"
Meine Proteste nützten nicht: Als ich den Laden wieder verließ, waren meine sämtlichen Nägel bronzefarben lackiert, und Jarvis hatte sich nochmals liebevoll meiner Frisur gewidmet. Ich unternahm den Versuch, Janice zu bezahlen, aber sie erlaubte mir lediglich, ihren Angestellten ein Trinkgeld zu geben.
„So bin ich noch nie im Leben verwöhnt worden!" bedankte ich mich bei Alcides Schwester.
„Was arbeiten Sie denn?" Diese Frage war aus irgendeinem Grund am Tag zuvor nicht gestellt worden.
„Ich bin Kellnerin", sagte ich.
„Ganz etwas anderes als Debbie", meinte Janice daraufhin nachdenklich.
„Ach ja? Was arbeitet Debbie denn?"
„Sie ist Rechtsanwaltsgehilfin."
Was hieß, daß die Wandlerin eine Ausbildung am College genossen hatte. Ich hatte es nicht geschafft, auf ein College zu gehen. Zum einen wäre das finanziell kaum zu leisten gewesen, auch wenn ich wohl Mittel und Wege gefunden hätte, wenn ich wirklich gewollt hätte. Aber es war mir aufgrund meiner Behinderung schon sehr schwer gefallen, überhaupt die High School abzuschließen. Ich kann Ihnen versichern, daß ein telepathisch veranlagter Teenager es wahrlich nicht leicht hat, und damals konnte ich meine Fähigkeiten noch sehr schlecht kontrollieren. Jeder einzelne Tag war voller Dramen gewesen - voller Dramen der anderen. Der Versuch, sich auf das zu konzentrieren, was im Unterricht gesagt wurde, in einem Raum voll surrender Köpfe Klassenarbeiten zu schreiben ... einzig die Hausaufgaben hatte ich immer ausgezeichnet hinbekommen.
Janice schien es nicht allzuviel auszumachen, daß ich Serviererin war, immerhin eine Beschäftigung, bei der man sich nicht darauf verlassen kann, daß sie die Familien der Freunde, mit denen man ausgeht, positiv beeindruckt.
Wieder einmal mußte ich mir streng vor Augen halten, daß die vorübergehende Übereinkunft, die ich mit Alcide geschlossen hatte, von ihm nicht freiwillig eingegangen worden war, daß er selbst nie darum gebeten hatte und daß ich, hatte ich erst einmal herausgefunden, wo sie Bill gefangen hielten - na, erinnerst du dich noch an deinen Liebsten, Sookie? An Bill? - Alcide nie wiedersehen würde. Na ja, vielleicht schaute er einmal im Merlottes vorbei,
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