Club der Verdammten 2 - Liebesseele (German Edition)
einen Atemzug, bevor der Antriebswagen ihren zarten Körper zermalmte, erkannte Paula Hollys Gesicht.
Und dann brach ein Vulkan in der machtlosen Person aus, die Gefühle brodelten wie Lava. Sie wüteten gleichzeitig in Paulas Seele. Hass. Glühende, tiefe, bodenlose Wut. Entsetzlicher, wahnsinniger, höllischer Schmerz. Grausamer und gnadenloser als irgendetwas, das sie je verspürt hatte. Ein Schrei, der unmenschlicher nicht hätte klingen können. Tobende Selbstverachtung. Infernalische Raserei.
Mit der gleichen Intensität erfasste sie durch Lukas Gedanken die Gewissheit, dass Daniel einer der schlimmsten und boshaftesten Illusionen von Cangoon erlegen war, die dieses schmachvolle Ungeheuer hervorrufen konnte. Dass sie Daniels verfälschte Erinnerung und seine Gefühle erlebt hatte.
„Ich hatte es dir ersparen wollen.“
Erst als Lukas Worte in ihr Bewusstsein vordrangen, schlossen sich Paulas Lippen, verstummte ihr Schrei. Ihre Kehle war rau und brannte. Sie zitterte und fror. Schweiß und Tränen tränkten ihre Bluse.
„Nur deshalb habe ich meinen Geist zum Teil vor dir verschlossen.“
Langsam, fast zögerlich, lehnte sie die Stirn gegen seine Schulter. Luka streichelte ihr Haar. Seine Finger strichen über ihre feuchte Wange, während ihre Fäuste verkrampft in ihrem Schoß lagen. Luka nahm ihr Gesicht in beide Hände, seine Haut vibrierte an ihrer.
„Komm in meinen Arm“, hauchte er an ihrem Ohr.
Sein Dreitagebart kratzte über ihr Kinn, seine Lippen pressten sich verzweifelt auf ihren Hals. Paula hielt die Augen geschlossen, unfähig, sich zu rühren. Sie wehrte sich nicht, als er sie in die Arme zog.
Es tat gut. Seine Nähe. Seine Wärme. Einfach nur, dass er da war.
Als seine Lippen ihre streiften, entfuhr ihr ein kläglicher Seufzer. Sie stieß die Luft aus, als er sich von ihr zurückzog.
„Es tut mir leid.“
„Mir tut es auch leid“, murmelte Paula. „Ich hätte dir vertrauen sollen.“ Sie schaffte es nicht, ihre Tränenflut zu stoppen. Alles, was Luka tat, geschah aus seiner Sicht nur zu ihrem Schutz. „Aber …“ Wie sollte sie ihm begreiflich machen, dass sie diese Art Schonung nicht wollte? Sie wollte ihn keinesfalls vor den Kopf stoßen. Aber sie war auch nicht aus Zucker und mochte es nicht, ungewollte Rücksichtnahme zu erfahren.
„Ich weiß es jetzt.“
Sie schmiegte sich enger an ihn. „Wirst du mir versprechen, dass du mir nie wieder etwas verheimlichst?“
„Ich schwöre es.“
Ihre Lippen fanden sich zum traurigsten Kuss ihres Lebens. Ein verzweifelter Austausch des bitteren Schmerzes, den sie verspürten. Aber gleichzeitig ein Hoffnung gebendes Gelöbnis.
„Woher wusstest du es?“
„Engel, meine Fähigkeiten sind im Augenblick noch etwas besser ausgereift als deine. Ich konnte die Sperre überwinden, die Cangoon um Daniels Geist gelegt hat. Ich wusste in dem Moment, dass es eine Illusion ist, als ich Hollys Gedanken fand. Sie lebt. Ihr ist nichts geschehen.“
„Dann weißt du auch, wo Daniel ist? Wie es ihm geht? Was er macht?“
„Ja.“
„Ist er in Gefahr?“
„Schlimmer.“
Tag 12
E
mily näherte sich nur mühselig East Sussex. Erst wenige Meilen vor Robertsbridge kam sie schneller voran. Hätte sie ausreichend Kraft verspürt, hätte sie längst den Wagen stehen gelassen und wäre als Krähe weitergeflogen.
Am Waldrand parkte sie, nahm sich nicht die Zeit, den Rolls-Royce zu verschließen, sondern stürmte in der höchstmöglichen Geschwindigkeit den Forstweg entlang, der zu Paulas Jagdhütte führte.
Einige Dutzend Meter vor ihrem Ziel hielt sie inne und versteckte sich hinter einer Gruppe von Sandbirken. Ein dicker Baumstamm bot Deckung. Sie zwang sich, ihre an Panik grenzende Unruhe unter Kontrolle zu bringen und überlegt vorzugehen. Das war leichter gedacht als getan … aber sie brachte die Beherrschung auf. Für den geliebten Mann war sie bereit, das Äußerste zu geben.
Hielt Daniel sich in der Hütte auf? War er allein? Trieben sich Cangoon oder weitere Bestien in der Gegend herum? Ihr war klar, dass sie mit ihrem Vorgehen bis jetzt wenig Umsicht gezeigt hatte. Sie sollte sorgsamer handeln, um den Erfolg ihrer Mission nicht unnötig zu gefährden. Aber auch das war nicht so leicht, wie sie es sich vorstellte. Sie wäre am liebsten vorgeprescht, doch sie konzentrierte sich und sammelte ihre Sinne. Das Zucken ihrer Glieder ließ nach.
Der Wald schien wie sie den Atem anzuhalten. Ihre Hand tastete wie von selbst nach dem
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