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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Killers.
    »Und wie ist der Film?« fragte Katja lächelnd.
    »Ehrlich gesagt, ich habe es nicht geschafft, ihn bis zu Ende zu sehen. Es war alles so unglaubwürdig, daß ich mich nur gelangweilt habe. Aber wir sind vom Thema abgekommen. Margarita Krestowskaja hat sich also erst Kalaschnikow senior geangelt, und danach hat sie den Sohn mit ihrer Schulfreundin verkuppelt?«
    »Pawel, warum ziehst du das alles so in den Dreck?« sagte Katja stirnrunzelnd. »Konstantin Iwanowitsch hat in seinem Alter noch einmal ein starkes, heftiges Gefühl erlebt.Es ist reiner Zufall, daß die beiden zusammen in einer Klasse waren. Margarita hat niemanden verkuppelt. Ich weiß nicht, wie es passiert ist, aber ich denke, rein zufällig. Solche Sachen passieren immer ganz zufällig. Margarita ist ein sehr anständiger Mensch. Übrigens war sie es, die Sweta Petrowa nach der Operation aus ihrer schweren Depression herausgeholfen hat.«
    »Wie, mit Sweta Petrowa ist sie auch bekannt? Ja, deine Shannotschka hat schon recht, die Welt ist wirklich klein.«
    »Ella hat mir das erzählt, Margarita sei die einzige gewesen, die … Ach, Ella wollten wir doch anrufen. Vielleicht ist Sweta ja schon längst wieder zu Hause, und was wir hier reden, ist schon Schnee von gestern.«
    Pawel holte das Telefon und suchte aus seinem Kalender die Telefonnummer von Ella Petrowa heraus.
    Lange Zeit meldete sich niemand. Schließlich sagte eine heisere, dumpfe Stimme: »Ja, bitte.«
    »Ella Anatoljewna, guten Tag. Hier spricht Katja Orlowa. Wie geht es Ihnen? Ist Sweta wieder aufgetaucht?«
    »Nein. Es geht mir sehr schlecht.« Sie konnte nur mit größter Mühe sprechen.
    »Was haben Sie denn?«
    »Das Herz.«
    »Haben Sie einen Arzt gerufen?«
    »Ich habe kein Geld. Ohne Geld tun die gar nichts. Sie sagen, das kommt vom Wodka.« Ihre Stimme war kaum hörbar, sie keuchte heftig.
    »Soll ich zu Ihnen kommen?«
    »Ja, bitte, Katja, komm … Nesterowstraße, das ist bei der Metrostation ›Konkowo‹, Hausnummer siebenunddreißig, Wohnung achtzehn. Ich bitte dich sehr, komm. Wenn du Nitroglyzerin hast … Meins ist alle, ich hab nichts mehr gefunden …«
    Katja legte auf, sprang aus dem Sessel und schlüpfte in ihre Pumps.
    »Sie ist vollkommen nüchtern, und es geht ihr wirklich schlecht. Und Sweta ist immer noch verschwunden. Du hast nicht zufällig Nitroglyzerin? Oder muß ich zur Apotheke fahren?«
    »Wir.« Pawel war schon im Flur und schnürte sich die Schuhe zu. »Wir müssen zur Apotheke fahren.«
    ***
    Der Zettel hatte seinen Adressaten erreicht. Der Stadtstreicher Boris konnte mit eigenen Augen beobachten, wie der Adressat das Pflaster vom Türgriff zog, sich ins Auto setzte und den Zettel blitzschnell in der Tasche verschwinden ließ. Die Verstohlenheit der Geste, die Eile, mit der der Zettel weggesteckt wurde, zeigte Boris deutlich, daß er sich nicht geirrt hatte. Der Tausender war ihm sicher.
    Den Rest der Nacht verbrachte Boris in einem warmen Keller in einem neuen Haus in der Nachbarstraße. Siwka wußte von diesem Keller nichts, niemand wußte davon. Der Hausmeister, der alte Tatare Saidytsch, den man vor einem Monat entlassen hatte, war ein mitfühlender Mensch, er hatte Boris einmal in einer Alkohollaune einen Ersatzschlüssel zum Keller geschenkt, und diesen Schlüssel bewahrte Boris jetzt an einem geheimen Ort für den Notfall auf. Zu oft durfte er sich dort nicht verkriechen, sonst bekamen es seine Pennerkollegen spitz, und dann würden sie alle dorthin kommen wollen, den stillen Platz verderben und den schönen Keller vollkacken. Deshalb machte Boris von seiner geheimen Zuflucht nur selten Gebrauch.
    Früher oder später würde dieses schöne Leben sowieso zu Ende sein. Entweder kriegte irgendwer Wind davon und brach das Kellerschloß auf, oder die Mieter legten zusammen und kauften eine Eisentür mit Gegensprechanlage. Aber vorläufig fühlte er sich in seinem Keller noch als Hausherr. Das war sein Erbgut, sein persönliches Territorium, sozusagen seine geheime Hazienda. Nur Ratten liefen hier herum.
    Geschäftige Tiere sind das, diese Ratten, den Menschen nicht unähnlich. Sie rennen hierhin und dorthin, funkeln mit den kleinen Augen, wo es was zu fressen gibt, sind stark wie Nilpferde und so klug, so klug – die reinsten Professoren für Überlebenskunst.
    Boris hatte die professoralen Nilpferde gründlich verscheucht und sich ein etwas erhöhtes Lager eingerichtet. Er hatte einige breite Bretter auf die dicken Heizungsrohre gelegt

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