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Club Kalaschnikow

Club Kalaschnikow

Titel: Club Kalaschnikow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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sich zuerst eingestehen: Ich bin Alkoholikerin. Und das ist schwer. Vor allem fehlt mir der Antrieb. Ja, wenn Sweta mir ein Enkelkind geboren hätte, ob nun mit oder ohne Ehemann, dann würde ich mich sofort zusammenreißen, aber so.« Sie winkte resigniert ab. »Für wen soll ich mich anstrengen?«
    Der starke Kaffee brachte Ella Anatoljewna endgültig wieder zu sich.
    Auf dem Bezirksrevier der Miliz berichtete sie ruhig und vernünftig, daß ihre Tochter Swetlana am Samstag gegen zehn Uhr abends das Haus verlassen und dabei gesagt habe, sie käme in etwa zwei Stunden zurück. Seitdem habe sie niemand mehr gesehen.
    »Was macht Ihre Tochter beruflich?« fragte der diensthabende Oberleutnant, ein höflicher, aber etwas träger junger Mann, mit dem Gesicht eines Menschen, der schon vieles gesehen hat, entsetzlich müde ist und das Leben mit philosophischer Gelassenheit betrachtet.
    »Sie handelt auf dem Flohmarkt mit Schuhen.«
    »Wissen Sie, was ich denke, gute Frau? Sie machen sich zu früh solche Sorgen. Ihre Tochter ist kein kleines Kind mehr, sie hat ihr eigenes Leben. Wir wollen mit der Vermißtenmeldung lieber noch etwas warten.«
    »Aber notieren Sie sich doch wenigstens schon die Personenbeschreibung: eine große mollige Blondine, zweiunddreißig Jahre, kurzes Haar, hellbraune Augen, bekleidet mit dunkelblauen Jeans, einem weißen, flauschigen Pullover, einer Jeansjacke und Wildlederschuhen, ganz neu, ohneAbsatz«, sagte Ella Anatoljewna schnell und resigniert, wie zu sich selbst.
    Oberleutnant Bogdanow tat so, als würde er aufmerksam zuhören und sogar etwas notieren, tatsächlich aber malte er ein kleines Flugzeug. Er verfuhr schon seit langem nach dem Prinzip: Tu alles Menschenmögliche, um keine Anzeige aufnehmen zu müssen. Es gibt genug aussichtslose Fälle. Versuch dein Gegenüber zu beruhigen: Es wird schon nichts Schlimmes passiert sein, nur keine Panik. Das Leben ist eine schwierige Sache, was kommt nicht alles vor. Wenn der Geschädigte hartnäckig und eigensinnig ist, dann deute ihm sanft an, Sie sind selber schuld, Bürger. Man hat Ihnen das Portemonnaie geklaut? Sie müssen halt besser aufpassen. Man hat Ihre Wohnung ausgeräumt? Na, wissen Sie, mein Lieber, wer hat denn heutzutage noch solche Türen? Sie sind auf der Straße überfallen worden? Warum treiben Sie sich so spät abends noch draußen herum? Bleiben Sie lieber zu Hause. Und tragen Sie nicht diese teuren Pelzmützen. Man weiß doch, in was für Zeiten wir leben.
    Diese dicke ältere Frau, die ganz offensichtlich trank, war ein klarer, nicht besonders komplizierter Fall. Bogdanow hätte auch sein Ziel erreicht und die Frau mit leeren Händen weggeschickt, wenn nicht noch dieses junge Pärchen dabei gewesen wäre, das dem Oberleutnant gleich auf den ersten Blick mißfiel.
    Eine junge, schöne, teuer gekleidete Dame, mit kerzengerader Haltung, gertenschlank und hochmütig, und ein sportlicher, kräftiger, glattrasierter Mann. Offensichtlich gebildet und kultiviert, aber kein Waschlappen, sondern ein Vertreter der neuen Generation. Der konnte sich seiner Haut wehren.
    Während Bogdanow seine Fragen stellte, schwiegen die beiden. Aber sobald er seine übliche Platte auflegte und die Frau mit der verlorenen Tochter loszuwerden versuchte, trat die hochmütige Dame an die Barriere und sagte freundlich, aberentschieden: »Entschuldigen Sie bitte, ich weiß, nach dem Gesetz werden Vermißtenmeldungen von Erwachsenen erst nach Ablauf von drei Tagen angenommen. Wir bestehen nicht darauf, daß Sie die Meldung sofort aufnehmen. Wir bitten Sie nur darum, uns zu helfen und uns zu raten, was wir tun sollen. Die Sache ist nämlich die, daß Swetlana Petrowa nicht ganz gesund ist. Ihr könnte auf der Straße schlecht geworden sein, sie könnte ins Krankenhaus gekommen sein. Sie ist ohne Papiere aus dem Haus gegangen, wir sind in großer Sorge.«
    »Wer sind Sie denn eigentlich?« unterbrach Bogdanow sie streng.
    »Jekaterina Filippowna Orlowa«, stellte die feine Dame sich vor. »Ich bin eine Bekannte von Swetlana. Ich mache mir Sorgen, weil ich am Sonntag mit ihr ein Treffen verabredet hatte. Ein für sie sehr wichtiges Treffen. Sie ist nicht erschienen und hat auch nicht angerufen.«
    »Moment«, unterbrach Bogdanow sie wieder, »was heißt – nicht ganz gesund? In welchem Sinn?«
    »Sie ist Tumorpatientin und hat eine Operation und eine strapaziöse postoperative Behandlung hinter sich. Ihr kann wirklich leicht übel werden.«
    »Tumor, das heißt

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