Club Kalaschnikow
allen im Weg.
An Frol wenden sich alle Erniedrigten und Beleidigten der heutigen gesetzlosen Zeit – Unternehmer, Witwen, Waisen, Rentner –, um mit seiner Hilfe zu ihrem Recht zu kommen. Die dadurch bis zur Weißglut gereizten Schurken setzen die femme fatale Irina, eine Art weiblichen James Bond, auf ihn an. Doch die ehemalige Prostituierte, die in ihrem Leben nur Schmutz und Verrat gesehen hat, verliebt sich in den edlen Frol.
Das Drehbuch war nach einem Roman des populären Krimiautors Kusma Gljukosow geschrieben. Hinter diesem Pseudonym verbarg sich ein ganzer Konzern, der jährlich rund ein Dutzend Romane über Frol Dobrezow produzierte. Fünf Leute – zwei Lyriker, ein ehemaliger Ermittler der Bezirksstaatsanwaltschaft, ein ehemaliger Auslandskorrespondent und eine ältere Redakteurin verfaßten die Bestseller in präziser Arbeitsteilung. Der Ermittler kümmerte sich um den juristischen Teil und kramte alte Kriminalfälle heraus. Einer der beiden Lyriker arbeitete das Sujet aus, der andere war für die Dialoge zuständig. Der Journalist schaltete sich ein, sobald die Handlung ins Ausland verlegt wurde, und schrieb außerdem sehr anschaulich alle Szenen, in denen Schlägereien vorkamen – er hatte es in seiner Jugend bis zur zweiten Juniorenklasse im Freistilringen gebracht und begeisterte sich für fernöstliche Kampfsportarten. Die Redakteurin überarbeitete den Text stilistisch und würzte das literarische Kollektivgericht freigebig mit pornographischen Schmankerln.
Innerhalb von vier Jahren hatte das fleißige Quintett nicht nur Unsummen verdient, sondern sich auch in die Herzen der dankbaren Leser geschrieben. Der Superdetektiv Frol Dobrezow erfreute sich kolossaler Beliebtheit.
Für die breite Öffentlichkeit übernahm der ehemalige Sowjetdichter Wladimir Simonowitsch die Rolle des genialen und wie ein Kaninchen fruchtbaren Kusma Gljukosow. Er war im Grunde die Seele des Konzerns, derjenige, der die Handlung entwarf. Sein Foto war auf dem Buchcover abgedruckt, er gab die Interviews und erschien zu den Talk-Shows im Fernsehen.
Natürlich hatten einige Journalisten die Wahrheit herausbekommen und stellten Simonowitsch immer wieder heimtückische Fragen bezüglich der kollektiven Produktion. Kusma Gljukosow lächelte herablassend und sagte, derartige Gerüchte amüsierten ihn nur. Neider gebe es viele,bedeutend mehr als begabte Autoren. Natürlich habe er seine Berater und es gebe einen Redakteur, aber schreiben würde er immer noch selbst, nur er allein, des Nachts in der Küche seiner kleinen Zweizimmerwohnung, wo ihm die grimmige Muse der Kriminalliteratur heiß in den Nacken hauche und ihm keine Minute Ruhe lasse.
Die Schöpfer des großen Frol Dobrezow machten sich keine Illusionen. Alle fünf wußten, daß ihre Romane Bockmist waren, und hatten keine Hemmungen, das im engen Kreis auch offen auszusprechen. Den typischen Konsumenten ihrer Bestseller stellten sie sich als sexuell gestörtes Monster mit sadomasochistischen Neigungen vor.
Es war Simonowitsch, der auf die Idee kam, die Romane auch noch zu verfilmen. Einen Teil des dafür benötigten Geldes stiftete Kusma Gljukosow selbst, den Rest übernahm eine solide Bank.
Als Regisseur gewann man Wassja Litwinenko, der für seine talentierten Filme bereits mehrere Preise erhalten hatte, darunter auch einen internationalen. Dann war er für drei Jahre verstummt. Für seriöse Filme gab es kein Geld. Für unseriöse übrigens auch nicht. In Rußland wurden Jahr für Jahr weniger Filme gedreht, und das lange erzwungene Schweigen hatte Litwinenkos hohe Ansprüche an die Qualität der Drehbücher gesenkt, der schöpferische Hunger ließ ihn zum Allesfresser werden, er war bereit, jeden Mist zu drehen – wenn er nur drehen konnte.
Simonowitsch-Gljukosow hatte den jungen begabten Litwinenko nicht nur deshalb engagiert, weil er um die Qualität der Filme besorgt war. Er war überzeugt: Die Videokassetten würden noch besser gehen als die Bücher, ganz egal, wer sie auch machte. Es war einfach so, daß das viele Geld ihn daran gewöhnt hatte, immer das Beste zu kaufen – ob es sich um Essen, Kleidung, Möbel, Frauen oder Regisseure handelte.
Für die Rolle des Frol Dobrezow wurde der charmantejunge Schauspieler Nikolai Swanzew engagiert. Seine Partnerin war Margarita Krestowskaja, nach allgemeiner Ansicht die Nachwuchsschauspielerin mit dem meisten Sex-Appeal.
Das Drehteam arbeitete betont langsam. Niemand war wirklich bei der Sache; die Dialoge
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