Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
Hermandad ihr weißes Pulver abkauften. Er war es, der die Geschäfte mit den Banden überall in Mexiko, den USA und Europa durchführte. Er allein beurteilte die Kreditwürdigkeit der alteingesessenen Mafiaorganisationen und der Neulinge, die in stetem Strom diejenigen ersetzten, die gefasst und im Ausland inhaftiert wurden. Er war es, der entschieden hatte, das praktisch umfassende europäische Monopol an die gefürchtete ’Ndrangheta zu verleihen, an die in Kalabrien, dem Zeh Italiens, zwischen der neapolitanischen Camorra und der sizilianischen Cosa Nostra beheimatete Mafia.
Weil ihre Flugzeuge beinahe gleichzeitig angekommen waren, teilte er sich den Geländewagen mit Roberto Cardenas, einem harten, narbengesichtigen alten Straßenkämpfer aus Cartagena. Die Menge der von Polizei- und Zollbehörden in hundert Häfen und Flughäfen überall in den USA und Europa konfiszierten Ware wäre fünfmal größer gewesen, wenn bestochene Beamte ihr den Weg nicht »erleichtert« hätten. Sie waren unentbehrlich, und er war für sie alle verantwortlich, für ihre Rekrutierung und für ihre Bezahlung.
Wetterverhältnisse und ein weiter Weg sorgten dafür, dass die beiden Letzten sich verspäteten. Das Mittagsmahl sollte gerade serviert werden, als ein kleinlauter Alfredo Suarez angefahren kam. Aber trotz der Verspätung blieb der Don unverändert höflich, und er dankte seinem Untergebenen warmherzig für seine Bemühungen, als hätte dieser eine Wahl gehabt.
Suarez und seine Talente waren von entscheidender Bedeutung. Seine Spezialität war der Transport. Seine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass jedes Gramm sicher vom Labor zum Übergabepunkt im Ausland gelangte und nicht abgefangen wurde. Jeder Kurier, jedes Muli, jedes Schiff, ob Frachter, Kreuzfahrer oder Privatyacht, jedes Flugzeug, ob groß oder klein, und jedes U-Boot unterstand ihm mitsamt den Matrosen, Stewards und Piloten.
Seit Jahren tobte ein Streit über die Frage, welche Philosophie die bessere sei: Sollte man das Kokain in winzigen Mengen durch Tausende von Kurieren transportieren, oder sollte man es in großen Partien expedieren, von denen es dann sehr viel weniger gäbe?
Manche vertraten die Ansicht, das Kartell solle die Abwehrmaßnahmen der beiden Zielkontinente mit Tausenden von entbehrlichen »Mulis« überschwemmen, die nichts weiter wussten und nur ein paar Kilo im Koffer oder auch nur eins, in Beutelchen verpackt, in ihrem Magen mit sich führten. Natürlich würden dann immer welche erwischt werden, aber die meisten würden durchkommen. Allein durch ihre große Zahl würden sie die Kontrollen ausschalten. Das war die Theorie.
Suarez bevorzugte die Alternative. Angesichts dessen, dass jeder Kontinent mit dreihundert Tonnen zu beliefern war, organisierte er lieber einhundert Operationen jährlich für die USA und die gleiche Zahl für Europa. Die Ladung sollte zwischen einer und zehn Tonnen betragen, denn so waren größere Investitionen und Planungsarbeiten gerechtfertigt. Wenn die Empfängerbanden die Lieferungen, nachdem sie sie bekommen und bezahlt hatten, in lauter kleine Päckchen aufteilen wollten, war das ihre Sache.
Wenn das schiefging, ging es schrecklich schief. Zwei Jahre zuvor hatte die britische Fregatte Iron Duke bei einer Patrouille in der Karibik einen Frachter aufgebracht und fünfeinhalb Tonnen Puro beschlagnahmt. Der Wert wurde mit 400 Millionen Dollar veranschlagt, und das lag weit unter dem Straßenverkaufswert, weil der Stoff noch nicht im Verhältnis sechs zu eins gestreckt worden war.
Suarez war nervös. Sie waren hier zusammengekommen, um eine neue große Beschlagnahmung zu besprechen. Der Kutter Dallas von der US -amerikanischen Küstenwache hatte einem Fischerboot, das sich an ihm vorbei in eine der Flussmündungen bei Corpus Christi in Texas zu schleichen versucht hatte, zwei Tonnen abgenommen. Suarez wusste, er würde seine Auffassung mit aller ihm zu Gebote stehenden Redegewandtheit verteidigen müssen.
Der Einzige, zu dem der Don frostige Distanz wahrte, war der siebte Gast, der kleinwüchsige Paco Valdez. Seine Erscheinung mochte lächerlich sein, aber niemand lachte. Weder hier noch anderswo. Niemals. Valdez war der Vollstrecker.
Er war nicht einmal einen Meter sechzig groß, trotz seiner kubanischen Plateauschuhe. Sein Kopf war ungewöhnlich dick, und er hatte unheimlicherweise die Gesichtszüge eines Babys und ein Kussmäulchen wie eine Rosenknospe unter den ölig glatten schwarzen Haaren. Nur die
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