Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
dabei über Zurbarán, Velásquez und Goya sprachen. Und noch natürlicher war es, dass er sie dann sanft auf die windkühlen Lippen küsste. Fast wäre ihr der Schlüssel aus der Hand gefallen.
»Domingo.« Erst jetzt stellte er sich vor. »Domingo de Vega.«
»Letizia«, antwortete sie. »Letizia Arenal.«
»Señorita Arenal«, sagte er gelassen, »ich glaube, ich werde Sie zum Abendessen ausführen. Widerstand ist zwecklos. Ich weiß, wo Sie wohnen, und wenn Sie Nein sagen, werde ich mich vor Ihrer Haustür zusammenrollen und dort sterben.«
»Ich finde, das sollten Sie nicht tun, Señor de Vega. Um das zu verhindern, werde ich mit Ihnen essen.«
Er führte sie in ein altes Restaurant, das schon Speisen serviert habe, als die Konquistadoren aus ihrer wilden Heimat in der Extremadura hergekommen seien, um den König um die Gunst zu bitten, für ihn die Neue Welt entdecken zu dürfen. Als er ihr diese Geschichte erzählte – kompletter Unfug, denn das Sobrino de Botín in der Straße der Messerschleifer ist zwar alt, aber so alt nun auch wieder nicht –, sah sie sich mit Schaudern um, ob die alten Abenteurer vielleicht immer noch im Lokal saßen.
Er sei aus Puerto Rico, sagte er, und spreche Spanisch und Englisch. Er arbeite als junger Diplomat bei den Vereinten Nationen und wolle eines Tages Botschafter werden. Aber er habe jetzt, ermutigt von seinem Missionschef, drei Monate Urlaub genommen, um sich noch einmal seiner wahren Liebe zu widmen und die klassische spanische Malerei im Prado zu studieren.
Und es war völlig natürlich, mit ihm ins Bett zu gehen, wo er sie liebte wie kein Mann je zuvor, auch wenn es in ihrem Leben bisher erst drei Männer gegeben hatte.
Cal Dexter war ein harter Mann, aber er hatte immer noch ein Gewissen. Er hätte es als kaltblütig empfunden, einen professionellen Gigolo einzusetzen, doch die Cobra hatte solche Skrupel nicht. Für die Cobra gab es nur Sieg oder Niederlage, und eine Niederlage war unverzeihlich.
Noch immer betrachtete er den kaltherzigen Marcus Wolf mit Ehrfurcht und Bewunderung, den Mann, der jahrelang das ostdeutsche Spionagenetz geleitet und den Abwehrdienst seiner westdeutschen Gegenspieler pausenlos an der Nase herumgeführt hatte. Wolf hatte ausgiebigen Gebrauch von solchen Honigfallen gemacht, wenn auch zumeist anders, als es der Norm entsprach.
Normal war es, leichtgläubige hohe Tiere aus dem Westen mit hinreißenden Callgirls zu ködern und sie dann zu fotografieren und mit den Bildern gefügig zu machen. Wolf dagegen setzte verführerische junge Männer ein, und zwar nicht bei schwulen Diplomaten (obwohl ihm auch das zuzutrauen gewesen wäre), sondern bei den übersehenen, von der Liebe ignorierten Jungfern, die so oft als Sekretärinnen der Hohen und Mächtigen in Westdeutschland schufteten.
Wenn sich dann herausstellte, dass sie getäuscht worden waren, landeten sie als triste und ruinierte Gestalten vor den Schranken eines westdeutschen Gerichts und machten ihrem Leben oft schon in der Untersuchungshaft ein Ende, nachdem sie begriffen, wie unübersehbar viele Geheimnisse sie aus den Akten ihrer Herren genommen, kopiert und an ihren Adonis weitergegeben hatten. All das bekümmerte Marcus Wolf nicht. Er spielte dieses große Spiel, weil er gewinnen wollte, und er hatte gewonnen.
Nach dem Zusammenbruch Ostdeutschlands musste ein westdeutsches Gericht Marcus Wolf freisprechen, weil er ja keinen Landesverrat begangen hatte, und während andere ins Gefängnis wanderten, verbrachte er den Rest seines Lebens im gutbürgerlichen Ruhestand, bis er eines natürlichen Todes starb. Als Paul Devereaux diese Nachricht las, zog er im Geiste seinen Hut und sprach ein Gebet für den alten Atheisten. Und er zögerte keinen Augenblick lang, den schönen Gassenkater Domingo de Vega nach Madrid zu schicken.
Juan Cortez erwachte langsam aus dem Schlaf, und in den ersten paar Sekunden glaubte er, im Paradies zu sein. Tatsächlich war er aber nur in einem Zimmer, wie er es noch nie gesehen hatte. Es war groß, und groß war auch das Doppelbett, in dem er lag. Die Wände waren pastellfarben, und hinter geschlossenen Rollos schien die Sonne. Er lag in der VIP-Suite des Offiziersclubs auf der Homestead Air Force Base in Südflorida.
Als sich der Nebel in seinem Kopf klärte, sah Cortez einen Frotteebademantel auf einem Stuhl neben dem Bett liegen. Er schwang die wackligen Beine aus dem Bett, erkannte, dass er nackt war, und zog den Mantel an. Auf dem Nachttisch
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