Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
diesen acht Ballen dem astronomischen Preis entgegen, der in Europa dafür gezahlt werden würde. Und schließlich hielten die Laster knirschend vor einer staubigen Lagerbaracke am Rand einer Großstadt. Sie hatten ihr Ziel erreicht.
Kleinere Lastwagen oder eher noch robuste Pick-ups fuhren die Ballen um die Stadt herum zu einem lärmerfüllten Fischerdorf, einer Ansammlung von Lehmhütten an der Küste eines beinahe fischlosen Meeres, wo ein Trampschiff wie die Sidi Abbas am halb verfallenen Kai wartete.
In diesem April war der Tramp auf der letzten Etappe seiner Reise zu dem kalabrischen Hafen Gioia, der vollständig in der Hand der ’Ndrangheta war. Hier würde die Ladung den Besitzer wechseln. Alfredo Suarez im fernen Bogotá hätte seine Arbeit getan, und die selbst ernannte Ehrenwerte Gesellschaft würde das Geschäft übernehmen. Die ausstehenden fünfzig Prozent würden bezahlt werden, und das italienische Gegenstück der Banco Guzman würde das riesige Geldvermögen waschen.
Von Gioia aus, nur wenige Kilometer vom Büro der Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt von Reggio di Calabria entfernt, würden die acht Ballen, in sehr viel kleinere Pakete aufgeteilt, nach Norden transportiert werden, in die italienische Kokainhauptstadt Mailand.
Aber das alles wusste der Kapitän der Sidi Abbas nicht, und es war ihm auch gleichgültig. Er war nur froh, als die Hafenmole von Gioia vorüberglitt und die wilde See hinter ihm lag. Wieder hatten vier Tonnen Kokain Europa erreicht, und der Don, meilenweit entfernt, wäre zufrieden.
In seinem komfortablen, aber einsamen Gefängnis hatte Juan Cortez die DVD von seiner Beerdigung immer wieder abgespielt, und jedes Mal, wenn er die verzweifelten Gesichter seiner Frau und seines Sohnes sah, kamen ihm die Tränen. Er sehnte sich danach, sie wiederzusehen, seinen Sohn zu umarmen und mit Irina zu schlafen. Doch er wusste, dass der Yanqui recht hatte: Er konnte nie wieder zurück. Wenn er sich weigerte, zu kooperieren und eine Nachricht zu schicken, verurteilte er sie damit zum Tode oder zu Schlimmerem.
Als Cal Dexter wiederkam, nickte der Schweißer zustimmend.
»Aber ich habe auch meine Bedingungen«, sagte er. »Wenn ich meinen Sohn in den Armen halte und meine Frau küsse, dann werden mir die Schiffe wieder einfallen. Vorher sage ich kein Wort.«
Dexter lächelte.
»Etwas anderes verlange ich nicht«, sagte er. »Jetzt müssen erst mal wir arbeiten.«
Ein Tontechniker kam, und eine Bandaufnahme wurde hergestellt. Diese Technologie war nicht neu, doch das war Cal Dexter auch nicht, wie er manchmal scherzhaft sagte. Er bevorzugte immer noch den alten Pearlcorder, zuverlässig und so klein, dass er an vielen Stellen versteckt werden konnte. Und Fotos wurden aufgenommen. Von Cortez, der in die Kamera schaute und die neueste Ausgabe des Miami Herald so hielt, dass man das Datum deutlich erkennen konnte. Von seinem Muttermal, das wie eine hellrosa Eidechse auf seinem linken Oberschenkel saß. Als Dexter sein Material zusammenhatte, ging er.
Jonathan Silver wurde ungeduldig. Er hatte Zwischenberichte verlangt, aber Devereaux war aufreizend unverbindlich. Der Stabschef des Weißen Hauses bombardierte ihn unaufhörlich mit Anfragen.
Anderswo arbeiteten die offiziellen Organe von Polizei und Justiz weiter wie bisher. Die öffentliche Hand gab Unmengen von Geld aus, doch das Problem schien immer schlimmer zu werden.
Wenn Festnahmen gelangen, wurden sie laut bejubelt. Wenn Lieferungen abgefangen wurden, gab man Mengen und Preise bekannt – jedoch immer nur den Straßenverkaufswert, denn der war höher als der Wert der Ware auf hoher See.
Aber in der Dritten Welt verließen beschlagnahmte Schiffe auf rätselhafte Weise ihren Liegeplatz und verschwanden auf dem Meer. Angeklagte Schiffsbesatzungen wurden gegen Kaution freigelassen und verdrückten sich. Konfiszierte Kokainladungen verschwanden aus dem Polizeigewahrsam, und der Handel ging weiter. Für die frustrierten Mitarbeiter der DEA sah es so aus, als stünde die ganze Welt auf den Lohnlisten. Das war der Kern von Silvers Klage.
Der Mann, der den Anruf in seinem Townhouse in Alexandria annahm, während die Nation sich anschickte, in die Osterferien zu fahren, bewahrte seine eisige Höflichkeit und machte keinerlei Zugeständnis.
»Ich habe diese Aufgabe im vergangenen Oktober übernommen«, sagte er. »Ich habe erklärt, dass ich neun Monate Zeit für die Vorbereitungen brauche. Zur rechten Zeit wird sich alles ändern.
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