Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
nicht«, war die Antwort.
Paul Devereaux war es nicht gewohnt, seinen Untergebenen Erklärungen zu geben. Die Logik seiner Entscheidungen behielt er für sich: Wenn der Zoll bei der Durchsuchung geradewegs auf das Geheimversteck zumarschierte oder auch nur so tat, als hätte er es mit Hilfe der Hunde gefunden, wäre das nach zwei oder drei erfolgreichen Zugriffen ein so hübscher Zufall, dass das Kartell es nicht mehr ignorieren könnte.
Er wollte keine Lieferungen abfangen oder auf dem Silbertablett anderen Instanzen überreichen, wenn die Ladung erst angekommen wäre. Die amerikanischen und europäischen Importeursbanden überließ er den lokalen Behörden. Sein Ziel war die Bruderschaft, und die traf er nur dann direkt, wenn der Zugriff auf See erfolgte, vor Übergabe und Eigentümerwechsel.
Wie in alten Zeiten, als sein Gegner noch der KGB mit seinen Handlangern gewesen war, studierte er den Feind mit größter Sorgfalt. Er brütete über den Weisheiten des Sun Tsu, die im Ping Fa zusammengetragen waren, in der »Kunst des Krieges«. Er verehrte den alten chinesischen Weisen, dessen Rat immer wieder lautete: »Studiere deinen Feind.«
Devereaux wusste, wer die Bruderschaft anführte, und er hatte Don Diego Esteban studiert, den Grundbesitzer, Gen tleman, katholischen Theologen, Philanthropen, Kokainbaron und Killer. Er wusste, er hatte einen Vorteil, der nicht ewig währen würde: Er wusste vom Don, aber der Don wusste nichts von der lauernden Cobra.
Auf der anderen Seite Südamerikas, über der brasilianischen Küste, patrouillierte Global Hawk Sam in der Stratosphäre. Was er sah, erschien auf einem Bildschirm in Nevada und wurde an die Computer in Anacostia weitergeleitet. Hier waren nicht so viele Handelsschiffe unterwegs. Der Verkehr der großen Frachter, die von Südamerika ostwärts nach Westafrika fuhren, war spärlicher. Die, die unterwegs waren, wurden fotografiert. Zwar waren ihre Namen aus 60 000 Fuß Höhe meist nicht zu erkennen, aber ihre Bilder wurden verglichen mit den Unterlagen der MOAC in Lissabon, des UN Office on Drugs and Crime in Wien und der britischen SOCA in Accra, Ghana.
Fünf Übereinstimmungen konnten Namen zugeordnet werden, die auf der Cortez-Liste standen. Die Cobra starrte auf Bishops Monitore und wusste, dass ihre Zeit kommen würde.
Und Sam sah und registrierte noch etwas anderes. Flugzeuge verließen die brasilianische Küste und flogen auf östlichem oder nordöstlichem Kurs nach Afrika. Sie waren nicht zahlreich, nicht problematisch. Doch jedes Mal ging ein Profil nach Creech und von dort nach Anacostia. Jeremy Bishop identifizierte sie schnell nach Typen, und ein Muster wurde erkennbar.
Viele hatten nicht die notwendige Reichweite. Sie würden diese Strecke nicht fliegen können. Es sei denn, sie wären innen umgebaut worden. Global Hawk Sam bekam neue Anweisungen. Nach dem Auftanken auf dem Luftwaffenstützpunkt in Fernando de Noronha stieg er wieder auf und konzentrierte sich auf die kleinen Flugzeuge.
Sam arbeitete rückwärts, gleichsam von der Fahrradfelge über die Speichen bis zur Nabe, und stellte fest, dass sie fast alle von einer riesigen Estanzia kamen, die tief im Landesinneren hinter der Stadt Fortaleza lag. Anhand von Satellitenkarten Brasiliens und mit Hilfe der Bilder, die Sam schickte, sowie diskreter Anfragen beim Katasteramt in Belém konnte man die Estanzia identifizieren. Sie hieß Rancho Boavista.
Die Amerikaner kamen als Erste, denn sie hatten die weiteste Seereise vor sich. Zu zwölft landeten sie Mitte Juni auf dem Goa International Airport und gaben sich als Touristen aus. Hätte jemand tief in ihrem Gepäck gewühlt – was niemand tat –, so hätte er festgestellt, dass durch einen bemerkenswerten Zufall alle zwölf umfassend qualifizierte Seeleute der Handelsmarine waren. Tatsächlich handelte es sich um dieselbe Crew der U.S. Navy, die das Getreideschiff gebracht hatte, das jetzt zur MV Chesapeake umgebaut worden war. McGregor hatte einen Bus gemietet, der sie an der Küste entlang zur Kapoor-Werft fuhr.
Die Chesapeake erwartete sie, und da es in der Werft keine Unterkünfte gab, gingen die Männer geradewegs an Bord, um sich auszuschlafen. Vom nächsten Morgen an machten sie sich zwei Tage lang intensiv mit dem Schiff vertraut.
Der leitende Offizier, der neue Kapitän, war ein Commander der U.S. Navy, und sein Erster Offizier stand nur einen Dienstgrad unter ihm. Zwei waren Lieutenants, und die übrigen acht reichten vom Chief
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