Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
brauchte seinen Neoprenanzug eigentlich nicht, denn das Wasser war warm wie in einer Badewanne. Und die Sonne, die inzwischen hoch über dem östlichen Horizont stand, beleuchtete die See wie ein Suchscheinwerfer. Der Mann verbrachte zwanzig Minuten dort unten an dem von Tang und Muscheln verkrusteten, verwahrlosten Schiffsrumpf. Da waren keine Blase, keine versteckten Unterwasserluken, keine in die Tiefe baumelnden Taue. Außerdem wusste Major Pickering, wo das Kokain war.
Als der Störsender ausgeschaltet war, konnte er der Balmoral den Namen des aufgebrachten Fischtrawlers durchgeben. Das Schiff stand tatsächlich auf der Cortez-Liste, ein kleineres Schiff, das auf keiner internationalen Schiffsliste verzeichnet war, ein schmutziger Trawler aus irgendeinem obskuren Kaff. Aber obskur oder nicht, es machte jetzt die siebte Reise nach Westafrika, und seine Ladung war zehnmal so viel wert wie es selbst. Man sagte Pickering, wo er sie suchen musste.
Er gab der Durchsuchungscrew von der Küstenwache leise Anweisungen. Der Mann vom Zoll nahm seinen Cockerspaniel auf den Arm. Die Laderaumabdeckung öffnete sich und offenbarte ein paar Tonnen Fisch, nicht mehr frisch, aber noch in den Netzen. Mit dem eigenen Ladebaum der Belleza wurden die Netze herausgehoben und über Bord geworfen. Eine Meile weiter unten würden die Krabben dankbar sein.
Als der Boden des Laderaums freilag, suchten die Spezialisten nach der Platte, die Cortez beschrieben hatte. Sie war genial versteckt, und der Fischgestank hätte den Hund verwirrt. Unter den Kapuzen konnte die Besatzung nicht beobachten, was da vorging, und die herankommende Balmoral konnten sie auch nicht sehen.
Mit einem Stemmeisen ließ sich die Platte innerhalb von zwanzig Minuten aufhebeln. Wenn nichts dazwischengekommen wäre, hätte die Besatzung des Trawlers diese Arbeit in aller Gelassenheit zehn Meilen weit draußen vor den Mangrovensümpfen der Bijagosinseln erledigt und die Ladung an die wartenden Kanus übergeben, die sie an Land gebracht hätten. Dann hätten sie Treibstofftonnen an Bord genommen, um ihre Tanks zu füllen, und wären wieder auf Heimatkurs gegangen.
Die Öffnung der Bilge unter dem Laderaum für die Fische setzte einen noch abscheulicheren Gestank frei. Die Durchsuchungsexperten trugen jetzt Masken und Atemgeräte, und alle anderen traten zurück.
Einer der Experten robbte mit einer Taschenlampe kopfüber hinein, der andere hielt ihn an den Beinen fest. Er rutschte zurück und streckte den Daumen in die Höhe. Bingo. Mit einem Greifhaken und einer Leine schob er sich wieder hinein, und die Männer an Deck zogen nacheinander zwanzig Ballen heraus, jeder davon etwas mehr als fünfzig Kilo schwer. Inzwischen kam die Balmoral längsseits. Sie überragte den Trawler turmhoch.
Danach dauerte es noch eine Stunde. Die Mannschaft der Belleza durfte die Kapuzen nicht ablegen, als man sie über das Fallreep an Bord der Balmoral steigen ließ und unter Deck führte. Erst als sie vorn in den Gefängnisräumen waren, nahm man ihnen Fesseln und Kapuzen ab: Gefangene unter der Wasserlinie.
Zwei Wochen später würden sie auf das Hilfsschiff transferiert und in die britische Kolonie Gibraltar gebracht werden; sie würden die Kapuzen tragen und mitten in der Nacht in einen amerikanischen Starlifter gesetzt werden, der sie in den Indischen Ozean flog. Wenn man ihnen dort die Kapuzen abnähme, würden sie ein tropisches Paradies vor sich sehen und die Anweisung hören: »Amüsiert euch, kommuniziert mit niemandem, und versucht nicht zu fliehen.« Das Erste war optional, das Zweite und Dritte faktisch unmöglich.
Die Tonne Kokain wurde ebenfalls auf die Balmoral gebracht. Sie würde bewacht und auf hoher See in amerikanischen Gewahrsam übergeben werden. Die letzte Aufgabe an Bord der Belleza del Mar fiel an den Sprengstoffexperten der Truppe. Er verschwand für eine Viertelstunde unter Deck, kam herauf und sprang über die Reling in das zweite RIB .
Die meisten seiner Kameraden waren schon wieder an Bord, und der Little Bird war in seinem Laderaum verstaut, genau wie das erste RIB . Die Balmoral machte langsame Fahrt voraus, und das Kielwasser schäumte träge hinter ihrem Heck. Das zweite RIB folgte ihr. Als zweihundert Meter glattes Meer zwischen ihr und dem schmutzigen alten Trawler lagen, drückte der Bombenfachmann auf einen Knopf an seiner Zündvorrichtung.
Die modellierten Ladungen von PETN -Plastiksprengstoff, die er auf dem Schiff zurückgelassen hatte,
Weitere Kostenlose Bücher