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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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Sonne dicht über dem Horizont stand. Ein weiterer flotter Fünfkilometerlauf brachte sie zurück zum Hauptgebäude des Komplexes; nach einem kurzen Abendessen trafen sie sich zum Unterricht in Guerillataktiken und -strategien ein weiteres Mal in C-662.

    Dann endlich, wund an Körper und Geist, schickte man sie zurück auf ihre Zimmer.
     
    Es war das erste Mal, dass Jonny seit Beginn seines zweiwöchigen Pensums in der Chirurgie auf seinem Zimmer war, doch es sah ungefähr so aus, wie er es in Erinnerung hatte. Er steuerte geradewegs auf seine Pritsche zu, ließ sich dankbar darauffallen und zuckte zusammen, als er den unerwartet lauten Protest der Sprungfedern vernahm. Das war natürlich reine Einbildung – so viel schwerer war er trotz all der neuen technischen Ausrüstung, die er mit sich herumschleppte, nicht geworden. Er streckte seine wunden Muskeln, erforschte behutsam die blauen Flecken auf seinen Armen und fragte sich, ob er weitere vier Wochen dieser Ausbildung überleben würde.
    Seine fünf Zimmergenossen trafen ungefähr eine Minute nach ihm ein, betraten das Zimmer als Gruppe und waren offenkundig gerade dabei, ihre Aufzeichnungen über den Tag zu vergleichen. »… sag dir, alle Ausbilder der Armee benehmen sich wie Montageroboter«, sagte Cally Halloran gerade, als sie einer nach dem anderen durch die Tür hereinkamen. »Das gehört zum Abhärtungsprozess für Rekruten. Alles Psychologie, Leute. Reine Psychologie.«
    »Zum Phrij mit der Psychologie«, meinte Parr Noffke, lehnte sich über das Ende seiner Koje und machte ein paar halbherzige Dehnübungen. »Dieser Unfug, dass wir unser Mittagessen in zehn Metern Höhe verspeisen sollen – das nennt ihr Abhärtung? Ich sag euch was, Bai mag es einfach, wenn uns der Arsch auf Grundeis geht.«
    »Er hat bewiesen, dass du dich festhalten kannst, ohne deine gesamte Aufmerksamkeit auf deine Finger zu konzentrieren, oder nicht?«, konterte Imel Deutsch trocken.
    »Wie ich gesagt habe, alles Psychologie.« Halloran nickte. »Psychologie.«
    Noffke schnaubte und gab seine Übungen auf. »He, Druma, Rolon! Kommt rein und spielt mit. Uns bleibt gerade noch genügend Zeit für eine Runde King’s Bluff.«

    »Einen Moment«, rief Druma aus dem Bad, in dem er und Rolon Viljo verschwunden waren. Jonny hatte die hellblauen Schnellheilverbände an Singhs Händen bemerkt, als er hereingekommen war, und vermutete, dass Viljo ihm half, sie zu wechseln.
    »Du auch, Mr. Neunmalklug«, sagte Noffke und sah dabei in Jonnys Richtung. »Weißt du, wie man King’s Bluff spielt?«
    Mr. Neunmalklug? »Ich kenne eine Variante des Spiels, aber vielleicht spielt man es nur bei uns so«, meinte Jonny.
    »Gut, finden wir es also heraus«, sagte dieser achselzuckend, trat an den runden Tisch und nahm das Kartenspiel aus einer Mappe, die darauflag. »Kommt schon, auf Reginine gilt die Regel, dass man ein Kartenspiel nicht ablehnen kann, wenn es nicht um Geld geht.«
    »Seit wann haben die Regeln von Reginine auf Asgard Gültigkeit?«, wollte Viljo wissen, als er aus dem Bad hereingeschlendert kam. »Wieso spielen wir nicht nach Erdregeln: Da spielt man immer um Geld.«
    »Laut Aerieregeln spielt man um Grundbesitz«, erklärte Halloran von seiner Koje aus.
    »In den Regeln auf Horizo…«, setzte Jonny an.
    »Wir wollen nicht zu tief in die kulturellen Notstandsgebiete des Imperiums vordringen, was meint ihr?«, schnitt ihm Viljo das Wort ab.
    »Vielleicht sollten wir einfach schlafen gehen«, meinte Singh, als er sich wieder zu der Gruppe gesellte. »Morgen haben wir bestimmt einen schweren Tag.«
    »Kommt schon«, rief Deutsch und setzte sich zu Noffke an den Tisch. »Bei einem Spielchen kommen wir alle zur Ruhe. Außerdem sind es diese kleinen Dinge, die helfen, Menschen zu einem Team zu formen. Alles Psychologie, Cally. Richtig?«
    Halloran musste lachen, wälzte sich aus dem Bett und kam auf die Füße. »Das ist nicht fair. Also gut, ich bin dabei. Los, Jonny, auf. Druma, Rolon – nach den Regeln von Reginine, wie der Mann sagt. Aber nur eine Runde.«

    Wie sich herausstellte, war das Spiel, das Noffke erklärte, fast identisch mit dem King’s Bluff, wie Jonny es kannte, und er war einigermaßen zuversichtlich, als er das erste Blatt aufnahm. Für ihn war es bedeutungslos, ob er gewann, aber er wollte spielen, ohne irgendwelche dummen Fehler zu machen. Viljos Gerede über die kulturellen Notstandsgebiete des Imperiums hatten genau das auf den Punkt gebracht, weshalb er sich

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