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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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in dieser Gruppe unwohl fühlte: Mit Ausnahme von Deutsch stammten alle anderen von Welten, die älter waren und einen besseren Ruf hatten als Horizon – und Deutsch, als einziger Cobra-Rekrut von Adirondack, gewann offenbar allein dadurch an Prestige, dass er von einer der beiden Welten kam, die die Trofts erobert hatten. Die meisten anderen waren weniger herablassend als Viljo, aber ganz fehlte dieser Zug bei keinem. Wenn er bewies, dass er gut Karten spielte, war das vielleicht ein erster Schritt dahin, die Klischees aufzubrechen, die die Jungs vom Siedlungsgrenzgebiet im Allgemeinen und von Jonny im Besonderen im Kopf hatten.
    Eigentlich war er nur ein mittelmäßig begabter Spieler, und vielleicht lag es daran, dass er nicht unbedingt aufs Gewinnen aus war, vielleicht auch an den kleinen Unterschieden in der Körpersprache, die seinen Bluffs eine unerwartete Wirksamkeit gaben … wie auch immer, am Ende wurde es die beste Runde, die er je gespielt hatte. Von sechs Spielen gewann er eins durch gute Karten, zwei weitere durch Bluff, und eines verlor er erst, als Noffke halsstarrig an einem Blatt festhielt, das von Rechts wegen sehr jung hätte sterben müssen. Viljo schlug eine zweite Runde vor – forderte sie geradezu -, doch Singh erinnerte sie an das Limit, auf das man sich geeinigt hatte. Das Spiel war zu Ende, und in stiller Unruhe machten sich alle zum Schlafengehen bereit.
    Nachdem das Licht gelöscht war, ging Jonny das Spiel in Gedanken noch einmal durch und überlegte sich, ob irgendetwas in der Sprache oder dem Benehmen der anderen darauf hindeutete, dass die gesellschaftlichen Barrieren zumindest erste Risse bekommen hatten. Doch er war zu müde, kam nicht sonderlich
weit und gab bald auf. Trotzdem, sie hätten ihn auch ganz vom Spiel ausschließen können, und sein letzter Gedanke, bevor er einschlief, galt der nächsten Woche, die sich vielleicht doch überleben ließ.
     
    In den ersten beiden Trainingswochen wurde viel mit dem Servosystem geübt, mit der Aktivierung der optischen und akustischen Verstärker, und die Rekruten machten auch die ersten Erfahrungen mit Waffen. Die kleinen Laser, die man ihnen in die kleinen Finger eingebaut hatte, waren, wie man ihnen erklärte, hauptsächlich für den Einsatz bei Metallen konstruiert, erwiesen sich aber als ebenso effektiv im Nahkampf gegen Menschen. Bai betonte, dass man den Energieausstoß weit unterhalb der tödlichen Dosis belassen hatte, doch Jonny sah darin nur einen geringen Trost, als er an den leicht schmelzenden Zielscheiben übte. Wenn bis zu zweiundsiebzig Laser gleichzeitig auf dem Schießstand abgefeuert wurden, brauchte man nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was das unachtsame, servounterstützte Zucken eines Handgelenks anrichten konnte. Die halbautomatischen Zielhilfen machten es, wenn sie eingeschaltet wurden, nur noch schlimmer. Es war viel zu einfach, seinen Blick mit aktivierter variabler/visueller Zielerfassung umherschweifen zu lassen und am Ende auf ein völlig falsches Ziel zu feuern. Doch entweder Glück oder Bais Training verhinderten üble Verletzungen, und nachdem die letzte dieser Übungsstunden vorüber war, konnte Jonny inmitten dieses Lasergewitters stehen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Beinahe jedenfalls.
    »Hört genau zu, Cobras, denn heute erhalten Sie zum ersten Mal Gelegenheit, abgeschossen zu werden«, verkündete Bai, dem der strömende Regen offensichtlich nichts ausmachte. Jonny stand in Grundstellung und versuchte, das Wetter ebenso gelassen zu ertragen, doch die Rinnsale, die sich unter seinen Kragen vorarbeiteten, waren viel zu kalt, als dass ihm das gelingen sollte.
    »Hundert Meter hinter mir sehen Sie eine Mauer«, fuhr Bai fort. »Sie ist Teil eines Rechtecks, das einen Innenhof mit einem
kleinen Gebäude darin umschließt. Längs des oberen Mauerrandes verläuft ein fotoelektrischer Strahl, der einen Verteidigungslaser darstellt, drinnen im Innenhof gibt es ein paar Roboter, die Wachtposten der Trofts darstellen. Ihr Ziel ist eine kleine rote Kiste im Innern des Gebäudes, die Sie – leise – an sich nehmen sollen, um dann mit ihr zu fliehen.«
    »Großartig«, murmelte Jonny kaum hörbar. In seinem Magen machte sich bereits jetzt ein flaues Gefühl breit.
    »Du kannst froh sein, dass wir nicht nach Reginine einmarschieren«, murmelte Noffke neben ihm. »Bei uns sind die Laser in die Mauer eingelassen und nach oben gerichtet, nicht quer.«
    »Pssst!«
    »Also, die Roboter sind

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