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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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als letzter Racheakt der Qasamaner.
    Sein Magen knurrte und erinnerte ihn daran, dass er seit dem Lunch in Huriseem, vor einer halben Ewigkeit, nichts mehr gegessen hatte … und bei näherer Betrachtung erschien es in der Tat ein wenig melodramatisch, ihn zu vergiften.
    Wieder knurrte sein Magen. Angenommen, er weigerte sich schlicht zu essen? Wenn das Essen wirklich in Ordnung war, passierte wahrscheinlich überhaupt nichts, außer dass er hungrig bliebe. Wenn es vergiftet war … würden sie ihm das Zeug vermutlich irgendwie injizieren.

    Er ging zum Tablett hinüber, hob es auf und schnupperte vorsichtig an der Schale und dem Becher. Während der Besichtigungstour des Kontaktteams hatte er den Eintopf und den Saft mehrere Male genossen, und beides roch so, wie er es in Erinnerung hatte. Eine ganze Weile war er versucht … doch wenn wirklich die Chance bestand, freizukommen, wäre er ein Narr, wenn er auch nur ein geringfügiges Risiko einginge. »Danke«, rief er in das versteckte Mikrofon, als er das Tablett wieder neben dem Schlitz auf den Boden stellte, »aber im Augenblick bin ich nicht hungrig.«
    Er hielt den Atem an. Wenn die qasamanische Stimme jetzt wütend oder verärgert klang … »Wie Sie wollen«, kam als Antwort. Der Schlitz öffnete sich erneut, und Rynstadt blickte kurz nach unten und sah, wie eine Hand das Tablett ergriff und aus dem Blickfeld zog.
    Eine glänzende Hand.
    Eine Hand, die in einem Chirurgenhandschuh steckte.
    Die Abdeckung des Schlitzes glitt wieder an ihren Platz, und Rynstadt ging, am ganzen Körper fröstelnd, zurück zu seinem Stuhl. Gift, das stand fest – aber nicht im Essen. Sondern auf dem Tablett. Vermischt mit einem absorbierenden Kontaktmittel, das man dann auf dem Tablett verstrichen hatte.
    Und jetzt hatte er es an seinen Händen … und in seinem Blut.
    Er setzte sich, seine Beine zitterten. Man ließ ihn also tatsächlich frei – eine so ausgeklügelte List wäre kaum nötig, wäre das Gift einfach nur Teil des Verhörs. Man ließ ihn frei – und ermordete ihn zur selben Zeit. Melodramatisch oder nicht – barbarisch oder nicht -, sie hatten sich für die Rache entschieden.
    Bestand überhaupt noch Hoffnung, diese Geschichte lebend zu überstehen? Vielleicht. Aber nur, wenn die Qasamaner die Dosierung so bemessen hatten, dass die Dewdrop ein gutes Stück weit weg war, bevor ihr Verrat aufflog. Aber wie lange war das? Eine Stunde? Zwei? Zwölf?
    Unmöglich zu sagen. Die Tatsache jedoch, dass er von seiner Vergiftung wusste, gab Telek und den medizinischen Analysegeräten
an Bord ein Maximum an Zeit, das Toxin zu bestimmen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
    Kommt schon, drängte er die Dewdrop stumm. Holt mich, verdammt nochmal, hier raus. Und in der Zwischenzeit … Er ließ sich auf den Stuhl sinken und verlangsamte bewusst seine Atmung. Je träger der Stoffwechsel, desto langsamer nahm sein Körpergewebe das Gift in sich auf.
    Er lehnte sich zurück und wartete.
     
    Das unverwechselbare Heulen der Schwerkraftlifts, das selbst für sein verstärktes Gehör sehr leise war, riss Justin schließlich aus dem Schlaf. Einen Augenblick lang blieb er ruhig im Gras liegen, versuchte, seine Orientierung wiederzufinden, mit der auch die bitteren Erinnerungen zurückkamen. Dann hob er vorsichtig den Kopf.
    Unfreiwillig entwich ihm bei dieser Bewegung ein Zischen zwischen den Zähnen hindurch. Er hatte vergessen, wo sein Körper überall schmerzte. Doch der Anblick, der sich ihm am nördlichen Himmel bot, ließ alle derartigen Überlegungen in den Hintergrund treten. Vor den leuchtenden Gestirnen der qasamanischen Nacht schwebte ein dunstig rötliches Oval.
    Die Dewdrop versuchte zu entkommen.
    Eine volle Minute lang starrte er auf den Dunst und biss die Zähne fest aufeinander, um nicht loszuheulen. Sie flogen ab. Ohne ihn. Auch ohne Cerenkov und Rynstadt? Wahrscheinlich. Das ließ sich unmöglich mit Sicherheit sagen, aber Telek hatte darauf gezählt, dass er sie befreite, und weil er gescheitert war, ließ man sie alle zusammen im Stich.
    Im Stich.
    Automatisch, so als wollte er versuchen, sich gegen den emotionalen Schock zu rüsten, begann sein Verstand seine Möglichkeiten zu umreißen. Er konnte in den Wald fliehen, sich vom Wild dort ernähren und darauf hoffen, bis zur militärischen Expedition ausharren zu können, die mit Sicherheit kommen würde. Oder er könnte versuchen, eine Siedlung zu finden, die bereit war,
seine Fähigkeiten als Cobra gegen den Schutz vor

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