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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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einen Zettel zur Hand, dessen dünnes Papier das leichte Zittern seiner Hand noch unterstrich,
und begann vorzulesen. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei allen vier Objekten um kleinere Ziele. Offenbar hatte Dane eine ebenso schlechte Meinung von den Untergrundtruppen wie Deutsch.
    »Davon ist keines den Sprit wert, um dort hinzufahren«, schnaubte Halloran, als er fertig war.
    »Vielleicht möchten Sie lieber das Phantomzentrum ausradieren?«, schlug Ama bissig vor.
    »Das ist nicht komisch«, murmelte Jonny, als Hallorans Miene sich verfinsterte. Seit Monaten war klar, dass die Trofts über ein größeres Hauptquartier für die Kampfeinheiten in Cranach verfügten, doch bislang war es nicht gelungen, das treffend »Phantomzentrum« getaufte Lager ausfindig zu machen. Besonders für Halloran war das ein wunder Punkt, denn er hatte mindestens ein Dutzend Suchtrupps mit diesem Ziel angeführt und war jedes Mal ohne Erfolg zurückgekommen.
    An all das schien sich Ama erst mit Verspätung zu erinnern. »Du hast Recht, Jonny«, meinte sie und beugte den Kopf, wie es hierzulande zur Entschuldigung üblich war, doch sogar Jonny fand diese Geste übertrieben. »Tut mir leid. Über diese Dinge sollte man wirklich keine Scherze machen.«
    Halloran brummte zum Zeichen seines Einverständnisses, war aber nicht vollkommen besänftigt. »Hat irgendjemand einen ernsthaften Vorschlag?«, fragte er.
    »Was ist mit der Ladung elektronischer Ersatzteile, die gestern eintreffen sollte?«, meldete sich Deutsch zu Wort.
    »Die ist hier«, nickte Dane. »Eingeschlossen in der alten Wolker-Fabrik. Wird nicht einfach sein, dort ranzukommen.«
    Deutsch lenkte Hallorans und Jonnys Aufmerksamkeit auf sich und zog fragend eine Braue hoch. »Klar, warum nicht?« Halloran zuckte mit den Achseln. »Eine beschlagnahmte Plastikfabrik weist bestimmt ein paar Sicherheitslöcher auf, die die Trofts noch nicht gestopft haben.«
    »Man sollte meinen, dass sie das mittlerweile gelernt haben«, sagte Deutsch, stand auf und ließ den Blick durch den Raum
wandern, zu den Truppführern hin. »Wie es aussieht, brauchen wir Sie heute nicht mehr. Vielen Dank für Ihr Kommen.«
    Rein formal war keiner der Cobras befugt, das Treffen zu beenden, doch schien niemand darauf erpicht zu sein, diesen Punkt anzusprechen. Ohne großes Palaver leerte sich der Raum rasch, und zurückblieben nur die Cobras und die drei zivilen Führer.
    »Also«, sagte Deutsch, an Letztere gerichtet, »dann lassen Sie mal sehen, was Sie an Blaupausen für diese Fabrik besitzen.«
    Auf Amas Gesicht zeichnete sich Wut ab, aber als klar war, dass die beiden anderen sich über Deutschs Benehmen nicht aufregen würden, beschloss sie offenbar, es ebenfalls sein zu lassen. Stattdessen ging sie steif zum Bildschirm in der Ecke und brachte sowohl ihn als auch eine Sammlung harmlos betitelter Bänder zurück zum Tisch. Eingestreut zwischen die Videoaufnahmen fanden sich Blaupausen von größeren Gebäuden der Stadt, Daten über Abwasserkanäle und die Energieversorgung sowie andere Einzelinformationen, die der Untergrund Stück für Stück heimlich zusammengetragen hatte. Wie sich herausstellte, war der Eintrag für die Wolker-Plastikfabrik bemerkenswert detailliert.
    Die Planungssitzung dauerte bis zum späten Nachmittag, trotzdem gelang es Jonny, vor der Ausgangssperre bei Sonnenuntergang wieder im Apartment der Tolans zu sein. Zwei der Bewohner – Marjas Bruder und ihr Neffe, Flüchtlinge aus der geschleiften Stadt Paris – waren über Nacht nicht da, so dass Jonny heute ein Schlafzimmer für sich allein haben würde. Niemand fragte nach dem Treffen, doch schienen alle den neuen Einsatz zu ahnen. Sie rückten kaum merklich von Jonny ab, so als errichteten sie im letzten Augenblick einen emotionalen Panzer, für den Fall, dass dies der Einsatz wäre, von dem er nicht zurückkommen würde.
    Später am Abend lag Jonny auf seiner Matratze und zog diese Möglichkeit für sich selbst in Betracht. Vermutlich würde er eines Tages den Punkt erreichen, wo ihm der Gang in den fast sicheren Tod nicht einmal mehr etwas ausmachte. Doch so weit war es noch nicht, und er hoffte, diesen Zeitpunkt noch eine
ganze Weile hinausschieben zu können. Wer in die Schlacht zog und seinem Tod gleichgültig gegenüberstand, kam gewöhnlich darin um.
    Daher listete er in den letzten Minuten vor dem Einschlafen sämtliche Gründe auf, die er hatte, diesen Einsatz lebend zu überstehen. Wie immer begann er mit seiner

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