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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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den Augen zu verlieren. Er atmete tief durch, umfasste die Trommel seiner Waffe mit der Linken und trat unter das Laubdach der Bäume.
     
    Natürlich war Daulo schon früher draußen im wilden qasamanischen Wald gewesen, noch nie jedoch unter solchen Bedingungen, und erst nach und nach dämmerte ihm, wie anders das hier war. Zuvor war er stets mit einem Trupp Jäger aus der Siedlung losgezogen, vor der Gefahr geschützt durch ihre Waffen und ihre Erfahrung. Jetzt jedoch war er allein. Schlimmer noch, er versuchte, eine andere Person zu verfolgen, ohne selbst von ihr entdeckt zu werden, eine Aufgabe, die weit mehr Konzentration erforderte, als ihm lieb war.
    Außerdem wusste niemand, dass er hier war. Und niemand würde ihn vor Ablauf mehrerer Stunden auch nur vermissen.
    Wenn er getötet würde, fände man dann überhaupt seine Leiche?
    Fast fünfzehn Minuten lang kämpfte er gegen seine wachsende Angst an … und dann, ganz plötzlich, schien irgendetwas in seinem Innern einzurasten. Das Geräusch der Tiere und Insekten, die überall ringsum sirrten und raschelten, verschmolz in seinen Ohren mit dem dumpfen, schnellen Schlag seines Herzens, und plötzlich schien es nicht mehr ganz so wichtig, dass er, er persönlich, herausfand, was Jasmine Alventin im Schilde führte. Das ist verrückt, dachte er und wischte sich den Schweiß mit zitterndem Handrücken von der Stirn. Sie will irgendetwas aus ihrem Flugzeug holen? – Schön. Soll sie. Was immer das war, er würde sein Leben dafür nicht riskieren – schon gar nicht, wenn
er veranlassen konnte, dass ein Trupp Leute auf sie wartete, wenn sie zurückkam, um ihre Tasche zu holen. Er vergewisserte sich ein letztes Mal, ob sie ihn nicht doch bemerkt hatte, machte kehr…
    Das samtweiche Knurren kam von links, und sein Herz setzte einen Schlag aus, als er sich umdrehte und beinahe über seine eigenen Füße gestolpert wäre. Dort stand ein Razorarm, geduckt und sprungbereit.
    Es war eine Sache, einem Razorarm ins Gesicht zu blicken, der sich im oberen Maschendraht einer Siedlungsmauer verfangen hatte. Eine völlig andere Sache war es, einem in dem ihm unvertrauten Gelände zu begegnen. Erst als die Waffe plötzlich in seiner Hand zuckte und eine abgehackte Folge von Donnerschlägen die Stille des Waldes zerriss, wurde Daulo bewusst, dass er den Abzug betätigt hatte. Schwach vernahm er im Donner der Waffe, dass aus dem Schnurren des Razorarms ein Kreischen geworden war – sah, wie die krallenbesetzten Vorderpfoten zwei Geschossen gleich auf ihn zuflogen …
    Und mit dem Aufflackern eines Blitzes aus der Hand Gottes ging der Razorarm in Licht und Flammen auf.
    Das Tier prallte krachend gegen ihn, der übelkeiterregende Gestank von verbranntem Fleisch und Fell stieg ihm in die Nase. Daulo taumelte zurück, würgte, versuchte das ungeheure Gewicht von Schultern und Brust fortzuschieben …
    »Daulo – ducken!«
    Die Warnung war vergeblich. Daulo war vor Entsetzen wie gelähmt, er hatte keine Chance zu reagieren, und dann explodierte ein silberblauer Blitz in seinem Gesicht.
    … und zu dem Gestank gesellte sich Schmerz.
    Schmerzen, wie er sie noch nie gespürt hatte – ein Dutzend Nägel bohrte sich stochernd, drehend, reißend in sein Fleisch. Entfernt bekam er mit, dass er schrie, dass seine Bemühungen, seinen Peiniger wegzustoßen, die Schmerzen nur noch schlimmer machten. Ein Auge hielt er geschlossen, weil irgendetwas dagegenschlug, mit dem anderen sah er, wie Jasmine, den Ausdruck
eines Racheengels im Gesicht, auf ihn zugelaufen kam. Sie streckte die Hände aus – nein, versuchte er zu kreischen, versuchen Sie nicht, ihn herunterzureißen …
    Und dann schienen ihre Hände wie Licht zu flackern … und die Krallen, die sich in sein Gesicht gruben, bewegten sich plötzlich nicht mehr.
    »Daulo!«, rief Jasmine angespannt, während sie mit den Händen sachte, aber entschlossen das Raubtier von ihm herunterzog. »O mein Gott – alles in Ordnung?«
    »Ich – ja, ich denke schon«, stieß er hervor und gab sich alle Mühe, vor dieser Frau seine Haltung wiederzufinden. »Es … Was ist passiert?«
    »Sie haben versucht, auf einen Razorarm zu schießen«, erwiderte sie kühl und schob seine Hände entschlossen von der pochenden Wunde auf seiner Wange fort, während sie die Verletzungen mit Augen und Fingerspitzen untersuchte. »Und zwar nicht gerade mit Erfolg.«
    »Das …?« Er drehte sich von ihren tastenden Fingern fort und blickte auf den Kadaver, der schlaff

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