Cobra
raumfahrendes Volk begrüßen würden. Aber wenn die Shahni tatsächlich versessen darauf sind, uns anzugreifen, glauben Sie wirklich, sie tun das, ohne ganz Qasama hinter sich zu wissen? Oder um es anders auszudrücken: Werden sie nicht verlangen, dass sowohl die Städte als auch die Siedlungen ihnen sowohl Rohstoffe als auch Arbeitskraft zur Verfügung stellen …«, ihre Augen zuckten kurz auf Daulo hinüber, »… alles eben, das man für einen Krieg braucht? Ob Ihnen das gefällt oder nicht?«
Einen Augenblick lang saß Kruin schweigend da und starrte Jin an. Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten, und nach einer Weile setzte er sich auf den Polstern zurecht. »Sie versuchen uns schon wieder einzureden, dass Mangus für uns eine direkte Bedrohung darstellt. Aber ohne jeden Beweis.«
»Was immer an Beweisen existiert, wird man nur in Mangus selbst finden können«, gab Jin zu bedenken, und sie spürte, wie ihr Magen sich wieder beruhigte. Wie immer seine Befürchtungen aussehen mochten, Kruin war offenkundig klug genug, um zu erkennen, dass er das von Jin entworfene Szenario nicht einfach ignorieren konnte. »Mit Sicherheit lässt sich das nur herausfinden, wenn wir selbst reingehen und uns umsehen.«
»Wir?« Ein kaum erkennbares, leicht verbittertes Lächeln huschte über Kruins Lippen. »Jasmine Moreau, glauben Sie vielleicht, wir wüssten nicht, dass Sie sich sofort Ihren eigenen Prioritäten widmen werden, sobald Sie im Mangus sind?«
Jin ballte die Hände zu Fäusten. »Sie beleidigen mich, Kruin Sammon«, stieß sie hervor. »Ich spiele nicht mit dem Leben von Menschen – ob sie meinem Volk angehören oder Ihrem. Wenn Mangus für irgendjemanden eine Bedrohung darstellt – auf Aventine oder auf Qasama -, dann will ich das wissen. Das hat bei mir Priorität.«
Einen Augenblick lang antwortete Kruin nicht. Dann neigte er zu ihrer Überraschung den Kopf in ihre Richtung. »Ich hatte geglaubt, Sie seien eine Kriegerin, Jasmine Moreau«, sagte er. »Wie ich sehe, habe ich mich geirrt.«
Sie sah ihn verständnislos an. »Das verstehe ich nicht.«
»Kriegern«, erklärte er leise, »sind die Menschen gleichgültig, die zu töten man sie beauftragt hat.«
Jin fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Die nachlassende Anspannung in ihren Muskeln wich einem Frösteln. Sie hatte Kruin nicht so heftig anfahren wollen – und ganz bestimmt hatte sie nicht den Eindruck erwecken wollen, sich für Milikas Wohlergehen einsetzen zu wollen. Sie war aus einem einzigen Grund hier, ermahnte sie sich entschlossen: Sie sollte herausfinden, ob für die Cobra-Welten eine Bedrohung bestand. Wenn sich lediglich eine Gruppe Qasamaner darauf vorbereitete, eine andere abzuschlachten, dann ging sie das nichts an.
Nur stimmte das eben nicht.
Und zum allerersten Mal war sie gezwungen, diese Tatsache bewusst zur Kenntnis zu nehmen. Sie hatte bei diesen Menschen gelebt, bei ihnen gewohnt, ihr Essen gegessen, ihre Hilfe und Gastfreundschaft angenommen … sie konnte ihnen unmöglich einfach den Rücken zukehren und verschwinden. Kruin hatte Recht, sie war wirklich keine Kriegerin.
Und das hieß: keine Cobra.
Plötzlich verschleierten Tränen ihren Blick, und wütend blinzelte sie. Es spielte wirklich keine Rolle – sie hatte alles vermasselt, und ein weiterer Fehler machte keinen großen Unterschied mehr. »Egal, was ich bin und was nicht«, knurrte sie. »Hier geht es nur darum, ob Sie mir noch immer helfen wollen, nach Mangus hineinzukommen, oder ob ich das auf eigene Faust versuchen muss.«
»Ich habe Ihnen bereits einmal meine Zusage gegeben«, antwortete Kruin kühl. »Sie beleidigen mich, indem Sie ein zweites Mal danach fragen.«
»Ja, sieht so aus, als wäre es heute der Tag der Beleidigungen.« Die ganze Streiterei fiel von ihr ab und hinterließ nichts weiter als ein Gefühl der Erschöpfung. »Daulo hat Arbeitstrupps erwähnt, die in Azras angeheuert werden. Könnten Sie Ihren Freund, den Bürgermeister, nicht bitten, mich in eine davon reinzubringen?«
Kruin sah zu seinem Sohn hinüber. »Das wäre vielleicht möglich«, sagte er. »Es würde allerdings etwa eine Woche dauern, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen.«
»So lange können wir nicht warten«, seufzte Jin. »Ich muss innerhalb der nächsten sechs Tage nach Mangus hineingelangen und wieder heraus sein.«
»Warum?« Kruin runzelte die Stirn.
Jin deutete mit dem Kopf auf den Brief von Koja, der noch immer auf dem niedrigen Schreibtisch lag.
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