Cobra
hervor. »Sie kommen.«
Zu dumm, schalt Jin sich fluchend selbst. Ja, was die Shahni brauchten, waren Informationen, und Daulo war genau der Richtige, um sie ihnen zu geben. Trotzdem hätte sie ihn und Miron Akim erst hier rausbringen sollen.
Sie biss die Zähne aufeinander und sah sich in der Eingangshalle um. Hier gab es nichts, was sie zum Kämpfen gebrauchen konnte, nichts, was Daulo, realistisch betrachtet, in die Lage versetzen würde, fünf alarmierte Männer zu besiegen, ohne sie zu töten. Und es musste Daulo sein, der das Kämpfen übernahm – wenn Akim dahinterkam, dass Daulo mit ihr gesprochen hatte, ließ er vermutlich die gesamte Familie Sammon wegen Hochverrats verhaften.
Ihr Blick fiel auf eine Steckdose. Es sei denn, verbesserte sie sich, niemand bekommt mit, wer gegen sie kämpft …
Radigs Leute hatten die Tür jetzt fast erreicht. »Also gut«, raunte sie Daulo zu. »Sie gehen dort rüber – auf die andere Seite des Ganges – und halten sich die Augen zu. Und zwar gut .«
»Und was dann?«, fragte Daulo, der folgsam zu der Stelle ging, die sie ihm gezeigt hatte, und den Unterarm vor die Augen hob.
»Wenn wir Glück haben, ziehen Sie ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich, wenn sie hereinkommen, so dass sie keine Chance haben, mich zu erkennen. Ich war also überhaupt nicht hier – verstanden? Wenn irgendjemand fragt, dann haben Sie sie alle ganz allein erledigt.« Ihr akustischer Verstärker empfing jetzt Schritte von draußen. »Machen Sie sich bereit, da kommen sie.«
Sie drückte sich flach in die Ecke hinter der Tür, programmierte ihre Zielerfassung auf die Steckdose und hob ihre rechte Fingerspitze in Bereitschaftsstellung …
Dann plötzlich wurde die Tür aufgestoßen.
»Sieh an«, sagte Radig Nardin sarkastisch, als er lässig in die Eingangshalle schlenderte. »Was haben wir denn hier – einen unserer vertrauenswürdigen Arbeiter, der es gar nicht abwarten kann, dass morgen früh die Schicht beginnt? Nehmen Sie Ihren dämlichen Arm runter, Daulo Sammon!«
Als der Letzte der Männer über die Schwelle trat, presste Jin ihre Augen zusammen und feuerte ihren Bogenwerfer ab.
Selbst durch die geschlossenen Lider hindurch war der Blitz blendend hell. Irgendjemand stöhnte auf, ein anderer stieß einen Fluch hervor – und dann war Jin mitten unter ihnen.
Es war ein ungleicher Kampf. Die fünf Männer waren vorübergehend geblendet und hatten es mit einer Gegnerin zu tun, hinter deren Schlägen Cobra-Servos standen. Sie gingen wie wild um sich schlagende Schießbudenfiguren zu Boden.
Der letzte Mann lag noch nicht ganz am Boden, als sie ein Keuchen aus Daulos Richtung vernahm. »Gott im Himmel«, sagte er tonlos. »Jin … Sie …«
»Nein, das alles haben Sie getan«, fauchte sie ihn an.
Die Tür stand noch immer offen. Sie warf rasch einen Blick nach draußen, erwischte die Türkante mit der Fußspitze und trat sie zu. »Vergessen Sie das nicht – es könnte Sie sonst das Leben kosten.«
Daulo holte tief Luft. »In Ordnung.« Er schluckte und versuchte erneut, Luft zu holen. »Sie machen sich jetzt besser auf den Weg – Miron Akim hat das bestimmt alles mitbekommen.«
»Ich weiß.« Jin zögerte. Sie hätte ihm noch so viel zu sagen gehabt, doch im Augenblick fehlte ihnen die Zeit dazu. »Sie und Akim sollten es genauso machen. Wenn Sie Mangus verlassen können, bevor man bemerkt, dass Sie nicht gefangen genommen wurden, müssten Sie eigentlich eine gute Chance haben.«
»Was ist mit Ihnen? Verschwinden Sie nicht mit uns?«
»Keine Sorge. Ich werde mich direkt an Sie dranhängen«, beruhigte sie ihn. »Zuerst muss ich noch etwas überprüfen, aber dann mache ich mich mit Ihnen zusammen auf den Weg nach Azras – oder zumindest gleich hinter Ihnen, schließlich wollen wir nicht, dass Akim mich sieht.«
Daulo nickte entschlossen. »Gut. Viel Glück.«
»Ihnen auch. Und denken Sie daran, keines der Fone in Azras zu benutzen.« Vom anderen Ende des Ganges waren jetzt schnelle Schritte zu hören. »Und seien Sie vorsichtig«, zischte sie, öffnete die Tür, blickte sich rasch um und schlüpfte hinaus.
Die nähere Umgebung war menschenleer. Sie bog um die Ecke, wo sie nicht zu sehen war, wenn Daulo und Akim fortgingen, ging dicht neben dem Gebäude in die Hocke und ließ den Blick noch einmal mit mehr Muße über das Gelände schweifen. Nahe der Mitte der schwarzen Mauer, die Mangus in zwei Hälften teilte, bewegte sich gelegentlich etwas, und auch rund um den
Weitere Kostenlose Bücher