Cobra
für die Kolonie.
Andererseits galt Jonnys Loyalität rein formal betrachtet der Regierung des Imperiums und damit dem Generalgouverneur von Aventine als deren verlängertem Arm. Und wenn auch L’est MacDonalds Gefühl für Loyalität verhöhnt hatte, Jonny hatte es stets bewundert.
Er war noch immer hin- und hergerissen, als er zu Hause eintraf. Die üblichen Vorbereitungen vor dem Schlafengehen dauerten nur wenige Minuten, dann knipste er das Licht aus, stieg ins Bett und schloss die Augen. Vielleicht würde er die Dinge am Morgen klarer sehen.
Aber er war viel zu aufgedreht, um zu schlafen. Nachdem er sich eine Stunde lang ruhelos hin und her gewälzt hatte, ging er an seinen Schreibtisch und kramte das Video von seiner Familie
hervor, das mit dem letzten Kurierschiff eingetroffen war. Er legte die Disc ein, stellte den Apparat nur auf Ton und krabbelte in der Hoffnung wieder ins Bett, die vertrauten Stimmen würden ihm helfen, sich zu entspannen.
Er trieb bereits gemütlich in Richtung Schlaf, als sich die Stimme seiner Schwester in sein Bewusstsein schlich. »… bin ich an der Uni von Aerie angenommen worden«, sagte Gwen gerade. »Da muss ich meinen Abschluss zwar außerhalb von Horizon machen, aber dort gibt es das beste Geologieprogramm in diesem Teil des Imperiums, und außerdem bieten sie als Nebenfach Tektonik an. Ich denke, mit solchen Zeugnissen habe ich die besten Chancen, mich als Siedlerin auf Aventine zu bewerben. Hoffentlich hast du bis zu meinem Examen dort genug zu sagen, um mich Ariel zuzuteilen – ich mache diesen weiten Weg schließlich nicht, um zu sehen, wie das Troftimperium von hinten aussieht. Wenn ich es mir recht überlege, müsste eigentlich Jame bis dahin auch von Asgard aus ein paar Beziehungen spielen lassen können. Wo ich gerade von den Trofts rede: Vor ein paar Tagen fand in der Aula eine offene Diskussion darüber statt, ob das Aventine-Projekt wirklich nur ein Plan der Armee war, die Flanke der Trofts zu umgehen, damit sie nicht nochmal versuchen, uns anzugreifen. Ich glaube, ich habe unsere Position ganz gut verteidigt – die Unterlagen von dir über den Ertrag der Kerseage-Minen waren dabei enorm hilfreich -, aber ich fürchte, ich habe mir damit alle Möglichkeiten verscherzt, jemals als Dame zu gelten. Hoffentlich gibt es keine Vorschrift, die es verbietet, Rabauken nach dort draußen kommen zu lassen …«
Jonny stand auf und schaltete den Rekorder aus … und als er wieder im Bett lag, wusste er, wie seine Entscheidung lauten musste. Gwens vergnügte Vid-Botschaft an ihn, voller Zuversicht und Verehrung für den Helden im Siedlungsgrenzgebiet, hatten ihm über die schlimmsten Zeiten hier hinweggeholfen, viel mehr als die verhaltenere Unterstützung seiner Eltern oder seines Bruders Jame. Sich bereitwillig zum Verräter abstempeln zu lassen – vor allem in einer Situation, die alles andere war als ausweglos –
wäre sowohl Verrat an Gwens Stolz als auch am Vertrauen seiner Familie. Und dazu würde er es nie kommen lassen.
Einen Augenblick lang spielte er mit dem Gedanken, MacDonald anzurufen, um den anderen seine Entscheidung mitzuteilen … doch als die Anspannung zunehmend aus seinem Körper wich, fühlte er sich zunehmend wohler im Bett. Außerdem war es spät. Es reichte, wenn er sich morgen der Sache der Loyalisten anschloss.
Er wachte auf und hörte das ungeduldige Summen seines Weckers, und als er sich den Schlaf aus den Augen rieb, wusste er es plötzlich. Er blieb eine Weile still liegen und wog die Einzelheiten und Möglichkeiten ab. Dann wälzte er sich aus dem Bett, schnappte sich sein Fon und bekam die Vermittlung in die Leitung. »Ken MacDonald, bitte«, sagte er.
Er musste ungewöhnlich lange warten. MacDonald hatte wohl noch geschlafen. »Ja, hallo«, ließ seine Stimme sich schließlich vernehmen.
»Hier ist Jonny, Ken. Ich weiß, was Challinor vorhat.«
»Tatsächlich?« MacDonald war mit einem Mal hellwach. »Und was?«
»Er wird sich die Kerseage-Minen unter den Nagel reißen.«
Lange Pause. »Verdammt«, meinte MacDonald schließlich. »Das muss es sein. Über die Hälfte der auf der Erde seltenen Elemente von Aventine stammen von dort. Er braucht nichts weiter zu tun, als die Schächte und Eingänge mit Sprengstoff zu verminen – der wird da ja reichlich gelagert -, und Zhu müsste sich sehr lange und genau überlegen, ob er starke Truppenverbände entsenden will, um ihn von dort gewaltsam zu vertreiben.«
»Und je länger Zhu
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