Cocktail fuer einen Vampir
bist du meine Süße, aber das heißt doch nicht, dass ich mir nicht mal den Gaumen mit so ’nem kleinen panierten Steak kitzeln kann«, erwiderte Van.
»Wie charmant«, sagte ich – bedauerlicherweise, denn Van verpasste mir gleich einen Fausthieb, dass ich einen Moment lang nur Sternchen sah. Man sollte es vermeiden, von einem Werwolf geschlagen zu werden. Wirklich.
Ich musste mich zwingen, mich vor lauter Schmerz nicht zu übergeben. Doch weil alles auf Van gelandet wäre, fiel mir das nicht schwer.
Er griff nach meiner Hand und presste sie, presste sie, bis ich spüren konnte, wie meine Knochen aneinanderrieben. Diesmal schrie ich auf, und das gefiel ihm. Er strahlte geradezu vor Freude.
Hilfe, dachte ich. Kann mich irgendwer hören?
Keine Antwort. Ich fragte mich, wo Mr Cataliades wohl war oder sein Ururenkel, den ich immer Barry Bellboy nannte. Zu weit weg in Texas, um meinen nur in Gedanken geäußerten Ruf zu hören …
Und ich fragte mich, ob ich den nächsten Tag wohl noch erleben würde. Ich hatte gehofft, dass es ein glücklicher Tag werden würde, ein ganz spezieller Tag.
Wenigstens schien Van jetzt Pummelchens Feindseligkeit ernst zu nehmen, denn er hörte auf, mir wehzutun. Dass er mir Schmerzen zufügte, stachelte ihre Eifersucht genauso sehr an wie seine Annäherungsversuche. Das war doch krank. Nicht, dass das mein Problem gewesen wäre oder irgendeinen Unterschied machen würde, wenn wir dort ankämen, wohin auch immer unsere Fahrt ging. Ein, zwei herumirrende Gedanken konnte ich noch auffangen und mir so langsam ein Bild von dem Ganzen machen. Und dieses Bild wurde von einem großen Totenkopf in der Mitte bestimmt.
Es herrschte ziemlich starker Verkehr, aber ich wusste, was mir widerfahren würde, wenn ich es wagte, einem anderen Auto Zeichen zu geben. Und ich wusste auch, was den Leuten in diesem Auto widerfahren würde. Nicht ein Streifenwagen in dem Strom von Autos … nicht ein einziger. Wir fuhren auf der Autobahn Richtung Osten, zurück nach Bon Temps. Es gab ein Dutzend Ausfahrten, und wenn wir die Autobahn erst verlassen hatten, würde nirgends mehr so viel Verkehr sein. Und sobald wir den Wald erreichten, wäre mein Schicksal besiegelt.
Tja, irgendetwas musste ich also tun.
Als ein Motorrad das Auto überholte, griff ich Van an. Er hatte gerade an etwas vollkommen anderes gedacht, an etwas, das mit dem pummeligen jungen Mädchen zutun hatte. Deshalb erschrak er über meinen plötzlichen Angriff. Ich versuchte, ihn in den Würgegriff zu nehmen, doch meine Finger reichten nicht um seinen Hals herum, also packte ich mir ein Büschel seines Haars. Er schrie auf und wollte mit den Händen nach meinem Haar greifen. Ich riss mit voller Wucht an seinem, und der Soldat drehte sich nach uns um. Glas zerbarst, und bevor ich die Augen zukneifen konnte, sah ich noch einen feinen roten Sprühnebel. Irgendwer hatte dem Soldaten in die Schulter geschossen.
Zum Glück befanden wir uns auf einer geraden Strecke der Autobahn. Als das Auto plötzlich seitlich ausbrach, beugte die schweigsame Frau auf dem Beifahrersitz sich zur Seite und schaltete den Motor aus. Bemerkenswerte Geistesgegenwart, dachte ich benommen, und das Auto schlidderte noch einen Augenblick lang, ehe es stehen blieb. Pummelchen schrie, Van prügelte wie ein Wilder auf mich ein, und überall war Blut. Der Geruch erregte den Werwolf in ihnen, und sie alle begannen sich zu verwandeln. Wenn ich nicht unverzüglich aus diesem Auto herauskam, würde ich gebissen werden, und dann könnte ich mich auch gleich selbst als Rudelmitglied bewerben.
Während ich noch mit Van kämpfte in dem aussichtslosen Versuch, die Autotür zu öffnen, wurde diese Tür von außen aufgerissen und eine schwarz behandschuhte Hand griff nach mir. Ich packte sie wie ein Ertrinkender das rettende Seil, und genau wie ein Seil zog diese Hand mich aus dem wilden Gewühl heraus. Es gelang mir gerade noch rechtzeitig, mit der anderen Hand nach meiner Handtasche zu greifen.
»Nichts wie weg hier!«, rief Mustapha, und ich sprang auf den Rücksitz seiner Harley, meine Handtasche umgeschlungenund zwischen uns gezwängt, um sie bloß nicht zu verlieren. Ich versuchte zwar immer noch zu begreifen, was da gerade geschehen war, doch mein klügeres Ich riet mir, darüber später nachzudenken und jetzt verdammt noch mal endlich zu verschwinden. Mustapha verlor keine Zeit. Wir überquerten gerade den grasbewachsenen Mittelstreifen, um zurück nach Shreveport zu fahren,
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