Cocktail fuer einen Vampir
Road abrauschte. In der Tür zur Dachkammer blieb ich stehen. Dermot schliff gerade die Unterkante einer Tür ab. Er wusste, dass ich da war, arbeitete aber weiter und warf mir nur schnell über die Schulter ein Lächeln zu, um mich zu grüßen. Ich dachte daran, ihm zu erzählen, was ich von Mustapha erfahren hatte, nur um jemandem meine Sorgen mitzuteilen.
Doch als ich meinen Großonkel so arbeiten sah, überlegte ich es mir noch mal. Dermot hatte seine eigenen Probleme. Claude war mit Niall weggegangen, und es war ungewiss, wann oder in welcher Verfassung er zurückkommen würde. Während Claudes Abwesenheit sollte Dermot dafür sorgen, dass im Hooligans alles glattlief. Wozu wäre der bunt gemischte Elfenhaufen dort imstande ohne Claudes Kontrolle? Ich hatte keine Ahnung, ob Dermot sie in Schach halten konnte oder ob sie seine Autorität missachten würden.
Ich begann, mir einen Haufen Sorgen darüber zu machen, rief mich dann aber selbst in die Realität zurück. Die Verantwortung für das Hooligans lag ja nun wahrlich nicht bei mir. Es ging mich nichts an. Soweit ich wusste, hatte Claude ein System eingeführt, und Dermot würde es bloß befolgen müssen. Ich sollte mir nur um eine Bar Sorgen machen, und das war das Merlotte’s. Jedenfalls abwechselnd mit dem Fangtasia. Okay, zwei Bars.
Und während ich noch daran dachte, summte mein Handy, um mich daran zu erinnern, dass wir an diesem Vormittag eine Bierlieferung bekamen.
»Wenn du mich brauchst, ruf mich an«, sagte ich noch zu Dermot.
Und mit Stolz in der Stimme, so als hätte er eine clevere Redewendung in einer Fremdsprache gelernt, rief Dermot mir hinterher: »Ich wünsche dir einen schönen Tag!«
Ich duschte schnell und zog mir ein Paar Shorts und ein Merlotte’s-Shirt an. Mir blieb keine Zeit mehr, um mein Haar ganz trocken zu föhnen, aber wenigstens schminkte ich mir noch schnell die Augen, ehe ich zur Tür hinauseilte. Es tat gut, die Sorgen der übernatürlichen Welt hinter mir zu lassen und mich auf das zu konzentrieren, was ich im Merlotte’s zu tun hatte, vor allem jetzt, da ich mich in die Bar eingekauft hatte.
Die Konkurrenzbar, die der mittlerweile endgültig tote Victor aufgemacht hatte, das Vic’s Redneck Roadhouse, hatte uns eine ganze Menge Gäste abspenstig gemacht. Zum Glück ließ aber der Reiz des Neuen langsam nach, und einige unserer Stammgäste kehrten wieder zu ihrer Herde zurück. Gleichzeitig hatten die Demonstrationen dagegen, dass eine Bar von einem Gestaltwandler betrieben wurde, langsam aufgehört, seit Sam in die Kirche ging, der die meisten Demonstranten angehörten.
Es war ein erstaunlich wirkungsvoller Gegenzug gewesen, und ich bin stolz darauf, dass es meine Idee war. Zuerst hatte Sam nichts davon wissen wollen, doch als er sich wieder abgeregt hatte, hatte er es sich noch mal überlegt. Sam war ziemlich nervös gewesen am ersten Sonntag, und nur eine Handvoll Leute hatten mit ihm geredet. Doch er war weiter hingegangen, wenn auch unregelmäßig, und so hatten die Mitglieder gelernt, ihn vor allem als Menschen wahrzunehmen und erst dann als Gestaltwandler.
Ich hatte Sam einiges an Geld geliehen, um die Bar in der schlimmsten Phase über Wasser zu halten. Und statt mir die Summe nach und nach zurückzuzahlen, wie icherwartet hatte, betrachtete Sam mich jetzt als Teilhaberin. Nach einem langen, vernünftigen Gespräch hatte er mein Gehalt erhöht und mir mehr Verantwortung übertragen. Ich hatte vorher noch nie etwas besessen, das wirklich nur mein Eigen war. Und mir fiel kein anderes Wort dafür ein als »unglaublich«.
Seit ich mich um einige der Verwaltungsaufgaben der Bar kümmerte und Kennedy immer mal als Barkeeperin einsprang, konnte Sam sich etwas mehr wohlverdiente Freizeit gönnen. Er traf sich mit Jannalynn, ging zum Angeln – ein Hobby, das er schon als Kind mit seinen Eltern gern betrieben hatte – und werkelte innen und außen an seinem Wohnwagen herum, schnitt die Hecke, harkte den Garten und pflanzte je nach Jahreszeit Blumen und Tomaten, zum Amüsement aller Angestellten.
Ich fand das allerdings gar nicht komisch. Mir gefiel es richtig gut, dass Sam sich um sein Zuhause kümmerte, auch wenn es gleich hinter der Bar geparkt war.
Doch am meisten freute mich, dass langsam die Anspannung aus seinen Schultern wich, seit das Merlotte’s wieder in ruhigere Fahrwasser kam.
Ich war etwas früh dran, und so blieb mir noch Zeit, beim Lagerraum etwas auszumessen. Wenn ich das Recht hatte, die
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