Cocktail fuer einen Vampir
mir mal ein paar Kataloge angesehen und mich im Internet umgeschaut, und der beste Preis, den ich gefunden habe …« Ein paar Minuten lang unterhielten wir uns über Spinde, und als Sam wegen der Ausgabe protestierte, machte ich ihm alle möglichen Vorhaltungen, aber in freundlichem Ton.
Nach einigem symbolischen Geplänkel willigte Sam endlich ein. Aber ich war mir sowieso ziemlich sicher gewesen, dass er es tun würde.
Dann blieb uns nur noch eine halbe Stunde bis zur Öffnung der Bar, und Sam ging hinter den Tresen und begann Zitronen für den Tee zu schneiden. Ich band mir dieSchürze um und überprüfte die Salz- und Pfefferstreuer auf den Tischen. Terry hatte sehr früh am Morgen die Bar geputzt und es wie immer äußerst gründlich gemacht. Ich rückte ein paar Stühle zurecht.
»Wie lange ist es eigentlich her, seit Terry zuletzt eine Gehaltserhöhung bekommen hat?«, fragte ich Sam, da die anderen Kellnerinnen noch nicht da waren und Antoine sich im Kühlraum befand.
»Schon zwei Jahre«, sagte Sam. »Er ist mal wieder dran. Aber ich konnte die Gehälter nicht erhöhen, solange es so schlecht lief. Und ich finde immer noch, wir sollten besser warten, bis wir sicher sein können, dass wir wirklich aus der Misere raus sind.«
Ich nickte, sein Argument leuchtete mir ein. Seit ich die Geschäftsbücher durchgegangen war, konnte ich beurteilen, wie umsichtig Sam in den guten Zeiten gewirtschaftet hatte und so Geld für die schlechten Zeiten ansparen konnte.
India, Sams neueste Angestellte, kam zehn Minuten zu früh, voller Arbeitseifer. Sie gefiel mir mehr und mehr, seit ich mit ihr zusammenarbeitete. Sie hatte ein gutes Händchen für schwierige Gäste. Aber da die einzige Person, die hereinkam (als wir um elf die Tür aufschlossen), unsere beständigste Alkoholikerin Jane Bodehouse war, ging India nach hinten in die Küche, um Antoine zu helfen, der die Friteusen und den Grill angeworfen hatte. India war immer froh, etwas zu tun zu haben, wenn sie in der Arbeit war, was mal eine echt erfrischende Abwechslung war.
Kenya, eine Streifenpolizistin, kam herein und sah sich suchend um. »Brauchen Sie etwas, Kenya?«, fragte ich. »Kevin ist nicht hier.« Kevin, ebenfalls Streifenpolizist, war unsterblich verliebt in Kenya und sie in ihn. Sie kamenmindestens ein- oder zweimal die Woche zum Lunch ins Merlotte’s.
»Ist meine Schwester hier?«, fragte Kenya. »Sie hat mir gesagt, dass sie heute arbeitet.«
»India ist Ihre Schwester?« Kenya war gut zehn Jahre älter als India, deshalb hatte ich nie eine Verbindung zwischen ihnen hergestellt.
»Meine Halbschwester, ja. Unsere Mutter holte immer den Atlas heraus, wenn ihre Kinder geboren waren«, erzählte Kenya, so als wäre es ein gelungener Witz. »Sie hat unsere Namen nach Ländern ausgesucht, in die sie gern mal reisen würde. Mein großer Bruder heißt Spain. Und ich habe auch noch einen jüngeren, Cairo.«
»Da ist sie aber nicht bei Ländern geblieben.«
»Nein, sicherheitshalber hat sie auch noch ein paar Städte untergestreut. Das Wort ›Egypt‹ fand sie ›zu klebrig‹. Originalzitat meiner Mutter.« Kenya folgte, während sie sprach, meinem ausgestreckten Zeigefinger Richtung Küche. »Danke, Sookie.«
Die ausländischen Namen waren irgendwie cool. Es klang, als hätte Kenyas Mom Humor. Meine Mom hatte keinen Humor gehabt, aber sie hatte sich auch eine Menge Sorgen machen müssen, nachdem ich geboren war. Ich seufzte vor mich hin, versuchte aber, kein Bedauern für das zu empfinden, was ich sowieso nicht ändern konnte. Ich lauschte auf Kenyas Stimme, die durch die Küchendurchreiche klang, lebhaft, warm und klar, und hörte, wie sie Antoine begrüßte und India sagte, dass Cairo ihr Auto repariert habe und sie nach der Arbeit vorbeikommen und es abholen solle. Ich freute mich, als mein Bruder hereinkam, gerade als Kenya wieder ging. Anstatt sich an den Tresen oder an einen Tisch zu setzen, kam er direkt auf mich zu.
»Findest du, dass ich wie eine Holland aussehe?«, fragte ich ihn, und Jason warf mir einen seiner verständnislosesten Blicke zu.
»Nee, du siehst aus wie ’ne Sookie«, erwiderte er. »Hör mal, Sook, ich mach’s.«
»Du machst was?«
Er sah mich ungeduldig an. Ich wusste natürlich, dass er sich einen anderen Gesprächsverlauf erwartet hatte. »Ich werde Michele bitten, mich zu heiraten.«
»Oh, wie wunderbar!«, rief ich, ehrlich begeistert. »Wirklich, Jason, ich freue mich so für dich. Sie wird bestimmt Ja
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