Cocktails fuer drei
sie.
»Anscheinend hat sich auch eine Freundin von ihr um den Job beworben. Irgendein Mädchen mit zwei Jahren Erfahrung bei einer anderen Zeitschrift. Und ich wurde ihr vorgezogen. Alicia war etwas genervt.«
»Oh.« Verunsichert rieb Candice an ihrer Nase herum. »Davon wusste ich nichts.«
»Also darf sie nicht erfahren, dass ich hinterherhänge. Ich muss es einfach irgendwie … hinkriegen.« Heather strich ihre Haare aus dem Gesicht und trank von ihrem Kaffee. »Geh wieder ins Bett, Candice. Ehrlich.«
»Ich kann dich doch hier jetzt nicht so sitzen lassen!«, sagte Candice. Sie nahm eine Druckfahne in die Hand, die voller roter Korrekturen war, dann legte sie sie wieder weg. »Ich habe ein ganz schlechtes Gewissen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass du so unter Druck stehst.«
»Es geht schon, wirklich. Solange ich das alles bis morgen früh fertig habe …« Heathers Stimme bebte leicht. »Es wird schon gehen.«
»Nein«, sagte Candice wild entschlossen. »Komm schon, das ist doch lächerlich! Ich nehme dir was von der Arbeit ab. Ich brauche damit nicht halb so lange wie du.«
»Wirklich? Das würdest du tun?« Flehentlich blickte Heather zu ihr auf. »Ach Candice …«
»Ich geh früher hin und arbeite die Korrekturen gleich ein. Was meinst du dazu?«
»Aber …« Heather schluckte. »Wird Alicia nicht merken, dass du mir geholfen hast?«
»Wenn ich fertig bin, schick ich die Seiten rüber auf dein Terminal. Dann kannst du sie ausdrucken.« Candice grinste sie an. »Ganz einfach.«
»Candice, du bist die Beste«, sagte Heather und sank auf ihren Stuhl. »Nur dieses eine Mal. Versprochen.«
»Kein Problem«, sagte Candice und lächelte sie an. »Wozu hat man denn Freunde?«
Am nächsten Tag war sie schon in aller Herrgottsfrühe bei der Arbeit und ging geduldig die Seiten durch, die Heather zur Korrektur bekommen hatte. Sie brauchte länger als erwartet, und es war elf Uhr, bis sie die letzte Seite fertig hatte. Sie warf einen Blick zu Heather hinüber, hielt beide Daumen hoch und drückte die entsprechende Taste, um die Seite auf Heathers Computer rüberzumailen. Hinter sich hörte sie Alicia sagen: »Diese Seite ist auch in Ordnung. Sehr gut, Heather!«
Candice grinste und griff nach ihrem Becher Kaffee. Sie kam sich vor wie ein Schulkind, das die Lehrer ausgetrickst hatte.
»Candice?« Sie blickte auf, als sie Justins Stimme hörte, und sah ihn in der Tür zu seinem Büro stehen, geschniegelt wie immer. Nachdenklich runzelte er die Stirn, was er vermutlich vor dem Badezimmerspiegel geübt hatte. Nachdem sie mit Justin zusammengelebt und seine Eitelkeit aus nächster Nähe erlebt hatte, konnte sie seine einstudierten Mienen nicht mehr ernst nehmen. Im Grunde nahm sie ihn als Chefredakteur sowieso kaum ernst. Er konnte sich aufspielen und so viele ellenlange Worte um sich werfen, wie er wollte, und wäre trotzdem als Redakteur nie auch nur halb so gut wie Maggie. Er mochte einen großen Wortschatz haben und den maître im Boodles kennen, aber von Menschen hatte er keine Ahnung.
Mal wieder staunte sie, dass sie auf Justins Pomp hereingefallen war, dass sie allen Ernstes geglaubt hatte, sie würde ihn lieben. Es zeigte doch nur mal wieder, welch heimtückischen Einfluss gutes Aussehen auf die Urteilsfähigkeit anderer nehmen konnte. Wäre er nicht so attraktiv gewesen, hätte sie vielleicht von Anfang an besser auf seinen Charakter geachtet und früher gemerkt, was für ein Egoist er war, bei allem eloquenten, oberflächlichen Charme.
»Was gibt’s?«, sagte sie, erhob sich widerwillig von ihrem Stuhl und steuerte auf sein Büro zu. Auch in dieser Hinsicht war Justin ihrer Meinung nach Maggie als Chef weit unterlegen. Wenn Maggie etwas zu sagen hatte, kam sie und sagte es. Justin dagegen schien es zu genießen, wenn er in seinem kleinen Büro Hof halten konnte, wenn das Personal der Zeitschrift wie ein Schwarm treuer Lakaien zu ihm gebuckelt kam. Sie sehnte sich förmlich nach Maggie zurück.
»Candice, ich warte immer noch auf die Liste mit den Kurzbiografien, die du mir versprochen hast«, sagte Justin, als sie Platz nahm. Er hatte sich hinter seinen Schreibtisch zurückgezogen und blickte mürrisch aus dem Fenster, als würde er für ein Modemagazin fotografiert.
»Ach ja«, sagte sie und spürte, wie sie vor Ärger rot anlief. Es war wohl zu erwarten, dass Justin ihr von nun an jeden kleinsten Fehler unter die Nase reiben würde. Sie hatte die Liste am Morgen schreiben wollen, aber Heathers
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