Coco - Ausbildung zur 0
somit sein Vergnügen in diesem Spiel ebenfalls gönnen wollte? War Coco vom zahlenden Hotelgast bereits zum willenlosen Stück geworden, das man unter Umständen sogar gegen Eintritt vorführen konnte?
Es war keine Frage, dass sie es genossen hatte, die Hauptperson dieses Schauspiels zu sein. Ebenso stand außer Frage, dass sie mehr als nur Gefallen daran gefunden hatte, Schmerz während dieser Spiele zu empfinden. Es hatte ihre Sinne geschärft und ihr Orgasmen beschert, die sie nie erwartet hatte und kannte. Coco saß mit geschlossenen Augen an ihrem Schreibtisch. Die Gefühle übermannten sie, und sie kämpfte inständig gegen die aufkommende Geilheit an und versuchte, sich so normal wie nur irgend möglich zu verhalten. Gleichzeitig beschloss sie nachzusehen, was es mit diesem Klub, den Baptiste in seinem Brief erwähnt hatte, auf sich haben konnte, dass er so sehr darauf erpicht war, sie dort zu zeigen.
Gegen halb zehn erschien Xavier, mürrisch, und Coco konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er wollte also das Spiel weiterspielen. Sie holte ihm einen Kaffee, nahm ihren Block vom Tisch und verschloss die Tür zu seinem Büro.
„Morgen“, grummelte Xavier und vermied es auffällig, sie anzusehen. Nachdem er einen Schluck Kaffee getrunken und mehrfach betont hatte, dass Dianne keinen Kaffee zu kochen imstande war, ging er stufenlos zum Tagesgeschäft über. Coco machte sich ihre Notizen, und als Xavier der Meinung war, dies sollte es für den Tag nun sein, erhob sie sich und ging zur Tür.
„Danke“, entfuhr es ihr etwas schnippisch, „mein Urlaub war mehr als nur angenehm.“ Sie zog eine Augenbraue hoch und ging hinaus. Dass Xavier kurz zusammenzuckte, bekam sie nicht mehr mit.
Sie erledigte die Post, wie sie es immer getan hatte. Sie hielt die Galerie zusammen, wie sie es immer getan hatte. Coco hielt mit den Kollegen, den Handwerkern und den Künstlern ein Schwätzchen und war somit innerhalb kürzester Zeit wieder auf dem Laufenden. Es war wie immer. Und doch war es das nicht.
Coco fühlte sich beobachtet. Hundertmal stellte sie sich die Frage, ob irgendetwas anders und ob dieses Irgendetwas so offensichtlich war. Oder ob sie schlicht und einfach mit ihrem schlechten Gewissen zu tun hatte. Denn wenn sie sich in dem Moment, in welchem sie sich beobachtet fühlte, herumdrehte, dann war da niemand. Niemand, den sie erkannt hätte.
Coco hatte sich nicht nur einmal die Frage gestellt, ob es ihren Kollegen auffallen würde, wie sehr sie sich persönlich verändert hatte. Stellte sie sich vor den Spiegel, dann sah ihr eine Coco entgegen, die äußerlich die Gleiche war. Keiner in ihrer Umgebung würde es merken, dessen war sie sich sicher.
In einer stillen Minute gönnte sie ihrer Paranoia eine Pause, setzte sich an den PC und suchte nach diesem Klub, den Baptiste erwähnt hatte. Wie sie bereits vermutete, war diese Location nicht unbedingt in der besten Lage von Paris vorzufinden. Die Wegbeschreibung dorthin endete in einem düsteren Hinterhof. Wenig vertrauenerweckend. Sie klickte die Homepage des Etablissements an und wartete auf das, was sich ihr da zeigen würde. Cocos Anspannung wich einer übermächtigen Enttäuschung, als sich das Programm zeigte und auch einige Bilder von vergangenen Veranstaltungen zu sehen waren. Es war ein billiger, abgetakelter Swingerklub, der zusätzlich Vorführungen anbot. Single-Frauen konnten kostenlos teilnehmen, und Männer zahlten horrende Preise. Sie klickte den Programmreiter für die Zurschaustellungen an, und ihr stockte der Atem.
Dort waren einige „Regeln“ für Veranstaltungen dieser Art vermerkt. Baptiste hatte anscheinend vor, sie für diesen Abend zu verkaufen. Nun hatte sie es weiß auf schwarz. Und dieses seltsame Gefühl von heute Morgen tauchte wieder auf. Jetzt wusste sie, was es war: Leere. Tiefe, abgrundtiefe Leere. Denn die Bestätigung, dass es ihm nicht um sie ging, lastete schwer auf ihr. Bei all dem Vergnügen, das sie empfunden hatte, fiel sie jetzt in ein tiefes Loch. Baptiste hatte sie an diesem Wochenende getestet. Ihre Brauchbarkeit für dieses Vorhaben ausgetestet und für gut befunden. Pro Mann, der sie besteigen wollte, konnte Baptiste nun einen Betrag festlegen und anschließend kassieren. Coco lief es heiß und kalt den Rücken hinunter. Sie klickte auf einen Link, der zu einem Video einer solchen Veranstaltung führte. Ein weiteres Fenster auf ihrem Bildschirm erschien. Beinahe ängstlich verfolgte sie den Balken, der den
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