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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01
Autoren: G Albin
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Marmorsäulen vorbei und betreten einen Aufzug mit bronzener Tür. Er erinnert mich an die Metro-Halle in Romen, und ich schaudere bei der Erinnerung an die grotesken Figuren, die dort an den Außenecken der Archive aufgestellt sind. In Stein gemeißelte Monster, die auf die Bevölkerung herabgrinsen, schön und schrecklich zugleich. Alles hier ist leuchtend und bunt, und trotzdem fehlt echtes Leben. Der Aufzug surrt leise, und mein Begleiter spricht während der immer weiter und weiter nach oben in den Turm führenden Fahrt kein Wort. Ich stehe hinter ihm und betrachte sein goldenes Haar, das sich auf seinen Schultern wellt. Die Frisur entspricht nicht gerade den Gildenvorgaben, aber vermutlich ist das ein Vorrecht, das man als Privatsekretär einer so mächtigen Webjungfer erhält.
    Mein Zimmer liegt am Ende des Flurs hinter einer pflaumenblau gestrichenen Tür im fünfzehnten Stockwerk. Es ist ein schönes Apartment, mit geschnitzten, cremefarben und blassgolden bemalten Holzverzierungen. Am hinteren Ende brennt ein Feuer in einem gemauerten Kamin. Darüber hängt das Porträt einer Frau, die der neuen Adelice irgendwie ähnlich sieht. Die gewebten Teppiche, die sich über den ganzen Raum erstrecken, sind mit komplizierten Mustern versehen. Seidene Kissen in leuchtendem Grün, Purpurrot und Champagner liegen um kleine Mahagonitische verteilt.
    »Ich kümmere mich darum, dass man dir etwas zu essen bringt. Das Abendessen hast du verpasst«, informiert mich mein Begleiter. Er schaut mir dabei zu, wie ich im Zimmer umherlaufe, und lächelt, als ich mich zu ihm umdrehe.
    »Vielen … D-Dank«, stammle ich.
    »Ist ein bisschen schicker als die Zelle, was?«, sagt er. Beim genaueren Hinsehen merke ich, dass es der gleiche junge Mann ist, der in der Transferkammer den Befehl gab, mich zu betäuben. Er ist größer als ich, und die Art, wie der Stoff seines Anzugs sich an den Schultern spannt, lässt erkennen, dass er stark genug ist, um ein Leibwächter zu sein. Aber trotz seines kräftigen Körperbaus hat er ein heiteres Gesicht und feines Haar. Es ist das Haar, das mich an die Nacht der Einberufung erinnert.
    »Du … « Ich muss mich sehr zusammenreißen, um ihn nicht zu beschimpfen.
    »Tut mir leid.« Das eingebildete Grinsen verschwindet von seinem Gesicht. »Befehl ist Befehl. Vielleicht fühlst du dich besser, wenn ich dir sage, dass du noch gut weggekommen bist. Ich heiße Erik.«
    Kalt blicke ich auf die mir zum Gruß hingestreckte Hand hinab. Klar, lass uns Freunde sein. Du hast mich ja nur ohne Essen in der Kälte zurückgelassen. Bei dem Gedanken zieht sich mir vor Hunger der Magen zusammen, und mir fällt wieder ein, dass ich seit dem Café in Nilus nichts mehr gegessen habe.
    »Nein, ich fühle mich deshalb nicht besser.«
    Erik lacht, schüttelt den Kopf und unterstreicht so seinen Status als echtes Oberarschloch. »Ich sorge dafür, dass man dir genug zu essen bringt. Morgen früh fängt deine Ausbildung an.«
    Ich will das Essen und das schöne Zimmer mitsamt der luxuriösen Einrichtung ablehnen. Ich will in ein Loch kriechen und langsam verhungern. Aber wenn ich das tue, dann kann ich Amie nicht mehr helfen, und auch nicht herausfinden, wo meine Mutter ist. Stattdessen wende ich mich von Erik ab. Die Tür schließt sich hinter ihm, und ich bin allein in dieser fremdartigen neuen Welt.

VIER
    A ls es Morgen wird, erwache ich auf weicher Baumwolle und glattem Satin. Mein Bett besteht aus einem riesigen Kissen, das über die ganze Länge der Wand reicht und am Kopfende an einem deckenhohen Fenster endet, vor dem sich das Endlose Me er erstreckt. Ich stelle mir vor, meine Zehen in das kalte Wasser zu tauchen und das Prickeln des Salzes auf meiner Haut zu spüren, während die Sonne über dem rot und orange schimmernden Wasser aufgeht.
    In meinem ganzen Leben habe ich es noch nie so bequem gehabt. Ein Tablett mit nur zur Hälfte gegessenen Delikatessen steht zu meinen Füßen. Meine Mutter war eine gute Köchin, aber sie konnte immer nur auf die rationierten Lebensmittel zurückgreifen, die es in der Metro gab. Doch gestern Abend habe ich Ente in Buttersauce gegessen. Safranreis an Aprikosen. Torta die Cioccolato . Ich weiß nur, wie diese Sachen heißen, weil es auf der kleinen Speisekarte stand, die unter dem silbernen Servierteller lag.
    Draußen stürmt es am Rande meines Blickfeldes, was den rosa gefärbten Sonnenaufgang verdirbt. Der Sturm wurde entweder zur Unterhaltung eingewebt oder weil ihn die
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