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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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musst noch viel lernen.« Sie lacht tonlos. »Jetzt, da du eine Webjungfer bist, wirst du mit den anderen essen und das System nach und nach kennenlernen. Glaube mir, Maela ist nicht mal ansatzweise an der Spitze der Gildenhierarchie.«
    Ich hebe die Brauen. »Erklärst du mir, wie die Gilde funktioniert? Anscheinend läuft hier Einiges anders, als man es uns in der Akademie gelehrt hat.«
    »Das stimmt«, bestätigt Enora. »Die Gilde besteht, wie du weißt, hauptsächlich aus Männern. Aber sie besetzen Frauen für viele Regierungsaufgaben. Webjungfern, zum Beispiel. Aber es gibt auch noch andere Berufe – Sekretärinnen, Krankenschwestern, Assistentinnen … «
    »So wie überall sonst in Arras auch?«, frage ich. Das ist nun nicht besonders überraschend.
    »Ja, aber sie versuchen, möglichst viel über die Arbeit der einzelnen Konvente geheim zu halten. Die Gilde überwacht unsere Arbeit, sie gibt uns Aufträge und greift, wenn nötig, disziplinierend ein. Ich vermute, dass Maela in der Gilde aufsteigen möchte, damit sie die vier Sektoren bereisen kann, von Konvent zu Konvent.«
    »Ist das überhaupt möglich?«, frage ich.
    »Ich bezweifle es«, sagt Enora. »Ich glaube nicht, dass sie den Aufstieg einer Frau in eine politische Machtposition zulassen würden. Aber das hält Maela nicht ab. Und wenn eine Frau es schaffen kann, sich von der Fuchtel der Gilde zu befreien und den Konvent zu verlassen, dann sie.«
    »Ich will Maela ja nicht noch in ihrer Aufgeblasenheit bestätigen, aber ist sie hier nicht schon in einer ziemlich einflussreichen Position?«
    »An diesem Punkt kommen Leute wie Cormac ins Spiel«, erklärt Enora. Leise und schnell setzt sie ihre Erklärungen fort. Anscheinend sind wir fast am Ziel. »Offiziell ist er ein Sprecher, der die Öffentlichkeit über die Ereignisse in den Konventen informiert. Die Leute halten ihn für den wohlwollenden Vermittler zwischen Webjungfern und Volk.«
    »Und inoffiziell?«
    »Sorgt er dafür, dass wir nicht über die Stränge schlagen. Er ist zwar nicht Premierminister, aber er hat ebenso viel Macht. Lass dich von ihm nicht hinters Licht führen. Darum ist er hier.«
    »Das ist ja alles sehr interessant, aber warum werde ich da hineingezogen?«, frage ich.
    »Gute Frage.« Enora seufzt. Bestimmt fragt sie sich, warum ausgerechnet sie die neue Unruhestifterin betreuen muss.
    »Erzählen sie dir gar nichts?« Eigentlich will ich sie mit meinen Worten nicht beleidigen, aber Enoras Gesichtsausdruck nach zu urteilen, muss sie sich eine scharfe Erwiderung verkneifen.
    »Nein, das tun sie nicht.«
    »Sie erzählen keiner von uns auch nur das kleinste bisschen«, stelle ich fest. »Also muss ich wahrscheinlich gar nicht erst fragen – aber hast du etwas über meine Schwester Amie herausgefunden oder über meine Mutter?« Mein Magen verkrampft sich in Erwartung ihrer Antwort.
    »Tut mir leid.« Enora schüttelt den Kopf. »Die einzige Person, die etwas wissen könnte, war auf Reisen.«
    »Auf Reisen?«, frage ich überrascht. »Meinst du einen Politiker?«
    »Nein, ich meine eine von uns«, antwortet sie leise. Doch mehr kann sie mir anscheinend nicht sagen.
    Obwohl ich tausend Fragen im Kopf habe, stelle ich keine weiteren. Enora führt mich zu einer großen, rot lackierten Tür und klopft zurückhaltend. Die Tür schwingt auf.
    »Ja?« Der Wachmann in der nachtschwarzen Uniform des Gildengeheimdienstes schaut mir nicht in die Augen.
    »Ist schon gut«, ruft eine bekannte Stimme aus dem Zimmer. »Ich erwarte Gäste.«
    Der Wachmann gibt den Weg frei, und wir betreten die Lounge. Das Licht ist gedämpfter als in den meisten Räumen auf dem Gelände, was wohl an den schweren Samtvorhängen vor den übergroßen Fenstern liegt. In den einfallenden Sonnenstrahlen kann man gerade so die geschmackvoll angeordneten Plüschsofas und die glatten Lederstühle erkennen, aber im Halbdunkeln wirkt alles grau. Cormac sitzt an einem Marmorkamin, mit einer Zigarre in der einen und einem Cocktail in der anderen Hand. Er trägt wie immer einen Zweireiher, aber die Krawatte hängt lose neben dem aufgeknöpften Kragen herab.
    »Hast du mich vermisst?«, fragt er.
    »So lange ist es noch nicht her«, erinnere ich ihn.
    »Hat sich sicherlich wie eine Ewigkeit angefühlt.« Er mustert mich von oben bis unten.
    »Adelice, du siehst … unterernährt aus.«
    »Cormac, du siehst aus wie ein herausgeputzter Gockel.«
    »Schön«, grinst er. »Jetzt passt deine Frisur wenigstens zu deinem

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