Cocoon, Band 01
Informationen verarbeitet, um dann die Problembereiche zu isolieren und ihr Auftauchen in den einzelnen Fäden zu verfolgen.«
»Ihr könnt also sehen, wie ihre Gedanken funktionieren und wie sie Erinnerungen abspeichert – aber welche Rolle spielt das?« Ich habe Angst, ihm in die Augen zu sehen.
»Wir ersetzen oft Teile des Fadens mit künstlichen oder gespendeten Fasern. Wir sind immer noch dabei, das Verfahren zu perfektionieren«, erklärt er. »Aber normalerweise erzielen wir damit gute Erfolge. Es ist dem Erneuerungspflaster ziemlich ähnlich, das die Fasern eines Menschen stärkt und veredelt. Eines Tages werden wir beide Techniken vollständig unter Kontrolle haben – dann können wir nicht nur Verhaltensstörungen ausmerzen, sondern auch umfassendere Probleme wie das Altern.«
Der Gedanke lässt mich schaudern, aber eigentlich wundert es mich nicht, dass jemand wie Cormac das Altern abschaffen will.
»Wenn Amie jetzt ein ganz anderer Mensch ist, bin ich nicht sicher, ob unsere Abmachung noch gilt«, erwidere ich in der Hoffnung, ihm mehr über ihren Aufenthaltsort und ihr Schicksal zu entlocken.
»Bildschirm«, befiehlt er, und ein Farbenspiel erleuchtet den Marmorkamin. »Ortungsdienst.«
»Zugangsberechtigung?«
»Cormac Patton.«
»Fall?«
»Lewys, Fall vier. Amie?« Er schaut mich fragend an, und ich nicke schnell.
Aus den abstrakten Mustern bilden sich die Umrisse eines kleinen Mädchens heraus. Sie hat uns den Rücken zugekehrt und geht mit einem anderen Mädchen eine schattige Allee entlang.
»Visuelle Anpassung. Gesichtserkennung«, befiehlt Cormac, doch das ist überhaupt nicht nötig. Ihr Haar ist locker hochgesteckt und hängt in wippenden Strähnen hinter den Ohren herab. Ich wende mich vom Bild der lachenden, mit einer neuen Freundin spielenden Amie ab. Es zerreißt mir das Herz.
»Ihr ist nichts passiert«, stellt er fest. »Kann ich mich also auf dich verlassen?«
»Habe ich denn eine Wahl?« Mehr bringe ich nicht heraus.
»Ja, die hast du. Aber entscheide klug.«
»Bis morgen dann.« Ich flüstre, damit mir nicht doch noch die Tränen kommen. Wahrscheinlich hat er meine Worte nicht einmal verstanden, aber er fragt nicht nach. Zu meiner Erleichterung klopft es an der Tür. Länger hätte ich Cormacs Anwesenheit nicht ertragen. Erik schlüpft ins Zimmer und eilt zu Cormac.
»Du bist Maelas neuer Assistent?«, fragt Cormac süffisant und mustert sein unbändiges blondes Haar.
Erik lächelt verbindlich und streckt ihm die Hand entgegen. »Erik, Sir.«
Cormac steht auf und schüttelt ihm die Hand. Dann fasst er ihn an der Schulter und dreht ihn mit dem Gesicht zu mir. »Begleite Miss Lewys in ihr Zimmer. Ach, und Erik?«
»Ja bitte?«
»Behalte deine Finger bei dir.«
»Selbstverständlich«, antwortet Erik sofort.
Cormac lässt Eriks Schulter los und sagt in Josts Richtung: »Bring mein Essen und lass in einer Stunde meinen Wagen kommen.«
»Jawohl, Sir.« Jost verbeugt sich und geht Richtung Tür. Im Vorbeigehen wirft er mir einen verstohlenen Blick zu. Erik neben mir rümpft die Nase – dabei hatte ich ihn eigentlich nicht für einen Snob gehalten.
»Miss Lewys?« Als Jost an uns vorbei ist, hält Erik mir seinen Arm hin. Ich schaffe es gerade so auf den Flur, bevor mir Tränen übers Gesicht laufen.
»Ja.« Erik tätschelt meine Hand. »So geht es mir auch immer, wenn ich bei Botschafter Patton war.«
»Tut mir leid«, flüstre ich und bringe mühsam ein kleines Lächeln zustande.
»Braucht dir nicht leidtun. Es ist schön, Zeit mit jemandem zu verbringen, der über mehr als zwei Gefühlsregungen verfügt. Und da Maela nachher sowieso wütend sein wird, kann ich genauso gut noch etwas mehr Zeit mit dir verbringen.«
»Wird sie sauer sein?«, frage ich schluchzend.
»Patton ist ein Arsch. Er hat mich kommen lassen, um Maela zu zeigen, wo es langgeht. Um sie daran zu erinnern, wer hier das Sagen hat. Ich habe ihn bislang schon gut zehnmal getroffen.«
»Aber du bist so höflich geblieben, als er deinen Namen vergessen hatte.«
»Mit Unhöflichkeit kommt man kein bisschen weiter.« Erik spricht im Plauderton, aber ich höre die Warnung in seinen Worten.
Den ganzen Weg lang lässt er mich weinen, und im Aufzug reicht er mir ein weiches Stofftaschentuch.
»Danke.«
Er nickt.
An meiner Tür will ich es ihm zurückgeben.
»Behalte es.« Er drückt es mir wieder in die Hand. »Ich habe das Gefühl, dass du es öfter brauchen wirst als ich.«
Ich wünschte, ich
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