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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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Webjungfer, wenn die Zeit gekommen ist und sie es will.«
    Wenn sie es will? Ich zögere. »Und ihre neue Familie?« Mir fällt der paranoide Blick in den Augen ihrer Ziehmutter ein.
    »Du hast ihre neue Mutter gesehen. Es ist eine ausgezeichnete und überaus loyale Familie«, sagt sie. »Da es eine unselige Zahl an kinderlosen Paaren gibt, werden Waisen oft in andere Sektoren zu diesen verdienstvollen Menschen hineinverwoben.«
    Der Draht hat sich schon einen Zentimeter tief in meinen Daumen gebohrt, bevor mir auffällt, dass ich die Fäuste balle. Ich weiß nicht, was mich zurückhält. Niemand würde Maela vermissen.
    »Danke fürs Bescheidgeben. Ich habe noch viel zu tun.« Ich zwinge mich, die Arbeit wieder aufzunehmen, und höre das leise Klicken der Tür, die sich hinter mir schließt.

    Als Maela mittags hereinschlendert, verschluckt sie beinahe ihre Zigarette, denn sie muss feststellen, dass ich fertig bin. »Vermutlich habe ich dir nicht genug Faden gegeben«, sagt sie leise. »Anscheinend ist dir langweilig.«
    »Vielleicht bin ich einfach talentierter, als dir recht ist«, gebe ich zurück und halte ihrem Blick stand, während ich das zittrige Gefühl, das sich in mir ausbreitet, zu ignorieren versuche. Falls sie mich mit ihrer kleinen Abschweifung ablenken wollte, hat sie sich verrechnet. »Kommt jetzt jemand, um meine Arbeit zu begutachten?«
    Maelas Augen verengen sich zu Schlitzen, doch sie entgegnet mit normaler Stimme: »Natürlich. Später.«
    »Lass mich wissen, wie sie beurteilt wird«, sage ich so hochnäsig wie möglich. Mein gedrungener neuer Wachschutz bringt mich zu meinem Quartier zurück, und ich bemühe mich, den neuen Teppich des hohen Turms nicht mit meinem Blut vollzutropfen.
    In meiner Kammer wartet niemand auf mich. Nicht einmal Enora, von der ich erwartet hätte, dass sie mir entgegeneilt, sobald ich durch die Tür komme. So aber weine ich, und meine Tränen mischen sich mit dem Blut, das meinen Rock tränkt. Ich bringe es nicht über mich, meine Hände zu betrachten, und die Suche in meinem riesigen Badezimmer fördert kein Verbandszeug zutage. Schließlich erbitte ich über die Komkonsole Verbandszeug und einen Arzt. Beides wird mir gewährt.
    Eine Ewigkeit später klopft es sacht an der Tür. Ich habe keine Ahnung, wer das sein kann. Hier klopft man nicht. Das Zimmermädchen, die Küchengehilfen, meine Kosmetikerin – alle betreten und verlassen mein Zimmer, wie es ihnen gefällt. Deshalb entdecke ich auch jetzt erst, dass meine Tür einen Spion hat. Als ich durch die kleine Linse spähe, schaut mich ein einzelnes, knisternd blaues Auge an. Kurz erstarre ich. Das könnte Erik sein. Oder Jost. Und mir fällt auf, dass ich nicht weiß, welchen von beiden ich lieber sehen möchte. Oder ob es eine gute Idee ist, sie hereinkommen zu lassen. Doch letztlich hole ich tief Luft und öffne die Tür.

DREIZEHN
    M aela würde mir niemals absichtlich denjenigen schicken, den ich so furchtbar gern sehen und doch wieder nicht sehen möchte. Allerdings wäre es das bösartige Sahnehäubchen auf dem Kuchen ihrer Rache, wenn sie Jost geschickt hätte, um sich um mich zu kümmern. Weiß er, dass man mich bestraft, weil ich Erik geküsst habe? Vielleicht hat er auch nur an mich gedacht. Die Vorstellung, dass er mich womöglich sehen möchte, beschleunigt meinen Puls, sodass mein Blut schmerzhaft in den malträtierten Fingern pocht. Doch um die sollte ich mir jetzt keine Gedanken machen. Er hat mich schon in schlimmerem Zustand gesehen, deshalb bitte ich ihn herein. Jost hält den Kopf von der offenen Tür abgewandt.
    Ich räuspere mich. »Ich bin nicht nackt, okay?«
    »Ich werde mir Mühe geben, künftig weniger höflich zu sein«, sagt er.
    »Was machst du hier?«, frage ich, während ich mir behutsam ein sauberes Handtuch um die blutenden Hände wickle.
    »Du hast medizinische Versorgung erbeten.« Er hält eine kleine Arzttasche hoch.
    »Genau. Gibt es hier keine Klinik?« Als mir auffällt, dass er meinen verbitterten Tonfall missverstehen könnte – schließlich bin ich viel lieber hier mit ihm als auf einer Untersuchungsliege – , füge ich hastig hinzu: »Ich bin froh, dass du Hausbesuche machst, aber was ist denn nun eigentlich deine Aufgabe?«
    »Ich bin für die Drecksarbeit zuständig, weißt du nicht mehr? Man hat mich dafür ausgebildet, medizinische Grundversorgung zu leisten. Solange du nicht im Sterben liegst, musst du mit mir vorliebnehmen. Die Klinik ist anderen Fällen

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